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Eisnacht

Eisnacht

Titel: Eisnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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aber ich weiß es nicht sicher.«
    »Es hört sich nach einem Abschiedsbrief an, aber…« Dora versagten die Worte. Sie begann leise zu weinen.
    »Wir geben eine Suchmeldung für seinen Wagen durch«, sagte Wise. »Auf diesen Straßen kann er nicht weit kommen.«
    Dora schüttelte den Kopf. »Er hat nicht den Wagen genommen.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass er zu Fuß unterwegs ist?«
    »Er ist ein ausdauernder Wanderer. Manchmal wandert er sogar auf dem Cleary Peak.«
    Begley und Wise tauschten einen vielsagenden Blick, dann wandte sich der Dienstältere an Marilee. »Wie lange besteht die Beziehung zwischen Ihnen und Scott schon, Ms Ritt?«
    Sie musste ihm zugute halten, dass er die Frage ohne moralischen Unterton stellte. Tatsächlich schien sie ihm ein bisschen unangenehm zu sein. »Seit September.«
    »Hat Scott Ihnen während dieser Zeit jemals anvertraut, warum er sich von Millicent Gunn getrennt hat?«
    »Er hat nie von seinen früheren Freundinnen gesprochen, und ich habe ihn nie danach gefragt.«
    »Wirklich nicht?«
    »Nein.«
    »Nie?«
    »Nein.«
    »Waren Sie gar nicht neugierig?«
    »Nein.«
    »Dann sind Sie eine wirklich ungewöhnliche Frau.« Oder eine Lügnerin. Das wollte Begley damit ausdrücken. Merkwürdigerweise brach weniger sein stechender Blick als seine sanfte Stimme ihren Widerstand. Ihre Schultern sackten herab, und sie seufzte lang und tief. »Gestern Nacht. Da haben wir zum ersten Mal darüber gesprochen. Er erzählte mir, warum er sich nicht mehr mit Millicent treffen wollte.«
    Sie warteten ab, aber als sie nichts weiter sagte, hakte Begley nach: »Und?«
    »Das werde ich Ihnen nicht erzählen, Mr Begley. Nicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Ich werde es Ihnen dann und nur dann erzählen, wenn Sie es unbedingt wissen müssen.«
    »Wir müssen es jetzt wissen«, sagte Wise. »Tut mir leid.«
    Wise wollte noch etwas sagen, aber Begley hob die Hand. Marilee lauschte und erkannte das Geräusch im selben Moment, in dem Begley sagte: »Das ist der Hubschrauber.« Er war schon auf dem Weg zur Tür.
    »Warten Sie!«, rief Dora. Begley drehte sich noch einmal um. »Wenn Scott da oben ist…«
    »Dann werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, um ihn sicher zurückzubringen, Mrs Hamer. Darauf gebe ich Ihnen mein Wort.«
    Der Raum schien noch weiter abzukühlen, nachdem er und Wise die Tür bei ihrem übereilten Abschied zugezogen hatten. Marilee trat an den Kamin, schichtete mit dem Schürhaken die glühenden Scheite wieder auf und setzte sich dann Dora gegenüber, die sagte: »Sie sind überzeugt, dass Scott etwas mit dem Verschwinden dieses Mädchens zu tun hat.«
    Marilee umklammerte ihre Ellbogen, um die Kälte abzuwehren. Vielleicht war es gleichzeitig ein Versuch, sich an ihrer schwindenden Hoffnung festzuklammern, Scotts Nachricht möge keinen Selbstmordversuch ankündigen - aus Gründen, über die sie auf gar keinen Fall nachsinnen wollte.
    »Von Millicent zu Ihnen«, erklärte Dora voller Verachtung. »Ich weiß nicht, was das größere Übel ist.«
    »Ich erwarte nicht, dass Sie das verstehen.«
    »Also, vielen Dank.« Dora lachte bitter. »Denn ich will gar nicht verstehen, wie eine anständige und verantwortungsvolle Frau, die Sie immer zu sein schienen, einen Knaben verführen kann. Sie sind eine Autoritätsfigur. Er hat zu Ihnen aufgesehen. Sie bewundert.«
    »Das tut er immer noch.«
    Dora ging nicht darauf ein. »Ihretwegen schleicht er nachts aus dem Haus. Er kam hierher.«
    »Ja.«
    »Ist Ihnen klar, in welche Gefahr Sie ihn gebracht haben?«
    »Ja«, gestand Marilee leise und verschämt. Den Blick starr in die Flammen gerichtet, sagte sie: »Es war für uns beide unglaublich riskant.«
    »Und trotzdem haben Sie ihn in Ihr Bett gelockt.«
    Marilee hob den Kopf und sah Dora an. »Sehe ich aus wie eine Femme fatale, die einen Mann in ihr Bett locken könnte, Mrs Hamer?« Sie lächelte selbstironisch. »Wohl kaum. Scott hat genauso auf mich reagiert wie ich auf ihn. Wir haben gespürt, dass wir beide das gleiche Bedürfnis haben.«
    »Nach Sex.«
    »Ja. Leidenschaft war eindeutig dabei.« Ohne auf das schmerz verzogene Gesicht der anderen Frau zu reagieren, fuhr sie fort: »Aber uns hat noch mehr zueinandergezogen. Uns beiden fehlte etwas Wesentliches, das der andere bot - nein, liebend gerne bot.«
    »Ach, ich bin sicher, dass Sie nur zu gern das Ventil für die Geilheit meines achtzehnjährigen Sohnes geboten haben.«
    »Das habe ich«, bestätigte sie ohne jeden Skrupel. Sie

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