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Eisnacht

Eisnacht

Titel: Eisnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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dass er seine Schülerinnen verführt?«
    »Das sind nur Gerüchte«, widersprach Marilee leise. »Die meiner Meinung nach von den betreffenden Mädchen in die Welt gesetzt wurden.«
    William schüttelte den Kopf, als würde ihn ihre Naivität traurig stimmen. »Du bist so weltfremd, Marilee. Träum weiter von Wes Hamer, wenn du musst. Aber als dein älterer Bruder, der nur dein Bestes will, würde ich dir dringend raten, dir einen anderen Helden zu küren.«
    Kaffee und Zeitung mit sich nehmend, verschwand er ins Wohnzimmer. Nicht unähnlich ihrem Vater hatte William einen starren Tagesablauf. Er erwartete, dass das Essen auf dem Tisch stand, wenn er abends aus dem Drugstore nach Hause kam. Nach dem Essen las er die Zeitung, während sie die Küche aufräumte und alle anfallenden Hausarbeiten erledigte. Wenn sie sich dann endlich im Wohnzimmer niederließ, um Arbeiten zu korrigieren, zog er sich in sein Schlafzimmer zurück, wo er fernsah, bis er ins Bett ging. Sie teilten zwar das Haus, aber nur selten einen Raum. Jeden Abend fragte sie ihn nach seinem Tag, aber er fragte sie nie nach ihrem, so als wäre ihre Arbeit unbedeutend.
    Er gab seine Gedanken, Gefühle und Meinungen freimütig zum Besten, doch wenn sie ihm ihre verriet, wertete er sie ab oder machte sich darüber lustig.
    Er konnte abends ausgehen, ohne ihr Rechenschaft ablegen zu müssen, wann er wiederkommen würde oder wohin er ging.
    Wenn sie ausgehen wollte, musste sie ihm im Voraus Bescheid geben, wann und wohin sie gehen wollte und wann er mit ihrer Rückkehr rechnen konnte.
    Seit die zweite Frau verschwunden war, verfolgte er ihr Kommen und Gehen besonders wachsam. Zynischerweise fragte sie sich, ob er wahrhaftig um ihre Sicherheit besorgt war oder ob er es bloß genoss, sie unter seiner Kuratel zu halten.
    Sie hatte alle Pflichten einer Ehefrau, ohne den entsprechenden Status zu genießen. Sie war eine alte Jungfer, die ihren Bruder umsorgte, weil sie keinen anderen Mann zu umsorgen hatte. Bestimmt betrachteten ihre Mitmenschen sie so und murmelten bei ihrem Anblick unter einem mitleidigen Kopfschütteln: »Die Ärmste.«
    William führte ein eigenständiges Leben. Sie führte auch eines. Nämlich seines.
    Bis vor Kurzem, als sich alles auf köstliche, wunderbare Weise geändert hatte.

Kapitel 8
    Die Luft über dem Küchentisch der Hamers war dick wie das blutige T-Bone-Steak, in das Wes sein Messer senkte. Die Luft über dem Küchentisch der Hamers war dick wie das blutige T-Bone-Steak, in das Wes sein Messer senkte.
    Er schnitt einen Bissen Fleisch ab, tunkte ihn in die Ketchuppfütze auf seinem Teller und stopfte ihn in den Mund. »Du hast gesagt, du hättest die Bewerbungsformulare schon verschickt«, sagte er mit vollem Mund. »Und heute Abend gehe ich in dein Zimmer, und da liegen sie ausgebreitet auf deinem Schreibtisch wie Zeitungsseiten in einem Vogelkäfig. Du hast dich also nicht nur um deine Aufgaben gedrückt, sondern mich noch dazu angelogen. Mehr als einmal.«
    Scott saß mit gesenktem Kopf auf seinem Stuhl. Interesselos stocherte er mit der Gabel in seinen Stampfkartoffeln. »Erst musste ich für die Semestertests lernen, Dad. Dann waren wir über Weihnachten eine Woche lang bei Grandpa. Und seit die Schule wieder angefangen hat, war ich beschäftigt.«
    Wes spülte sein Steak mit einem Schluck Bier hinunter. »Mit allem außer deiner Zukunft.«
    »Nein.«
    »Wes.«
    Er sah seine Frau scharf an. »Halt dich da raus, Dora. Das geht nur Scott und mich an.«
    »Ich fange noch heute Abend an, die Formulare auszufüllen.« Scott schob seinen Stuhl zurück und legte die Serviette neben dem Teller ab.
    »Ich fange heute Abend damit an.« Wes zielte mit der Messerspitze auf Scotts Teller. »Du isst erst auf.«
    »Ich bin nicht hungrig.«
    »Iss trotzdem auf. Du brauchst das Protein.«
    Scott legte die Serviette wieder in seinen Schoß, jagte trotzig die Gabel in sein Steak und säbelte mit dem Messer durch das Fleisch.
    »Während der Feiertage habe ich es hingenommen, dass du nur Müll isst«, sagte Wes. »Von jetzt an werde ich bis zum Ende des Frühjahrstrainings deine Diät überwachen. Die Nachspeisen sind ab sofort gestrichen.«
    »Aber ich habe für heute Abend einen Apfelkuchen gemacht«, sagte Dora.
    Der mitfühlende Blick, den sie Scott zuwarf, irritierte Wes noch mehr als der Gedanke an einen Apfelkuchen. »Wenn was nicht mit ihm stimmt, ist das nur deine Schuld. Du hast ihn verhätschelt, Dora. Wenn es nach dir ginge, würde

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