Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eisnacht

Eisnacht

Titel: Eisnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
Vom Netzwerk:
Scott war ihr Baby. Selbst wenn sie noch erleben sollte, wie er uralt wurde, würde er immer noch ihr Baby bleiben, und sie würde ihn beschützen wollen.
    Etwas war mit ihm los, und das machte ihr Angst, weil sie nicht wusste, was es war. »Krank vor Sorge« war nicht nur eine Redewendung. Nach der Entdeckung in seinem Schlafzimmer war ihr ganz schlecht vor Aufregung.
    Er hatte den Sensor der Alarmanlage an seinem Fenster so manipuliert, dass er nicht anschlug, wenn er nachts aus dem Haus schlich. Welche andere Erklärung konnte es dafür geben dass er daran herumgebastelt hatte? Wie lange hütete er dieses Geheimnis schon? Wie konnte sie so blind, taub und dumm sein, nicht zu merken, dass er nachts verschwand?
    Nur durch einen Zufall war ihr Verdacht geweckt worden. Als sie heute Morgen die frische Wäsche in sein Zimmer gebracht hatte, waren ihr die Stiefel auf dem Boden neben seinem Bett aufgefallen.
    Sie waren wasserdicht und gefüttert und damit die perfekten Schuhe für einen Schneesturm. Aber als Scott gestern mit Wes zum Abendessen heimgekommen war, hatte er sie nicht angehabt. Dem Anschein nach hatte Scott das Haus seither nicht mehr verlassen.
    Aber jetzt standen seine Stiefel in kleinen Pfützen, die der schmelzende Schnee auf dem Schlafzimmerboden hinterlassen hatte. Um ein Haar hätte sie ihn gefragt, wann er ausgegangen war, aber dann hatte sie sich anders besonnen.
    Sie hatte beschlossen, erst zusätzliche Beweise zu sammeln, bevor sie ihm unterstellte, nachts aus dem Haus zu schleichen. Der Stromausfall hatte ihr Gelegenheit gegeben, Nachforschungen anzustellen.
    Obwohl sie ihn nun mit der unbrauchbar gemachten Alarmanlage konfrontieren könnte, war sie zu unsicher - oder zu feige -, um ihn zur Rede zu stellen. Er war eindeutig alt genug, um zu gehen und zu kommen, wie es ihm gefiel. Wes mochte ihm das Ausgehen verbieten, aber falls Scott trotzdem das Haus verlassen wollte, könnte Wes ihn nur aufhalten, wenn er physische Gewalt anwandte.
    Warum trotzte er Wes nicht und spazierte einfach aus der Tür? Warum schlich er heimlich nach draußen? Es war bezeichnend für die vielen Veränderungen in ihm.
    Ihr süßer, bedachter und lockerer Scott war ein Griesgram geworden und neigte sogar zu Wutausbrüchen. Er war zurückgezogen, abweisend und unberechenbar.
    Bestimmt war das zum Teil auf Versagensangst zurückzuführen, nachdem ihn Wes so gnadenlos unter Druck setzte. Aber Dora kannte ihren Sohn gut genug, um zu befürchten, dass diese Veränderungen in seiner Persönlichkeit von etwas Tiefgreifenderem ausgelöst wurden als nur durch Wes' Genörgel. Scott war nicht mehr er selbst, und sie wollte wissen, weshalb.
    Im Geist ging sie das letzte Jahr durch und versuchte zu präzisieren, wann ihr diese Veränderungen aufgefallen waren.
    Im Frühjahr.
    Etwa zu der Zeit…
    Alles in Dora erstarrte.
    Die Veränderungen in Scott hatten etwa zu der Zeit eingesetzt, als er sich von Millicent Gunn getrennt hatte.
    Als das Telefon läutete, wäre sie fast aus der Haut gefahren.
    »Ich gehe ran«, sagte Scott. »Wahrscheinlich ist es Gary.« Er war gerade aus der Garage zurückgekommen. Jetzt setzte er die Laterne auf dem Küchentisch ab und griff nach dem Telefon. Es war ein altmodisches Wandtelefon ohne Nummernanzeige oder andere technische Spielereien, die eine zusätzliche Stromquelle nötig gemacht hätten.
    »Ach, hi, Dad.« Scott hörte ein paar Sekunden zu und sagte dann: »Wie kommt's? Okay, sie ist schon da.« Er reichte den Hörer an Dora weiter. »Er ruft aus dem Krankenhaus an.«
    Begley hegte keine allzu freundschaftlichen Gefühle für Dutch Burton. Im Gegenteil, am liebsten hätte er seinen Schuh der Größe 46 in Burtons Anus gepflanzt. Doch er gab sich damit zufrieden, ihm die Wahrheit um die Ohren zu hauen. »Ihr Gesicht sieht aus wie Hackfleisch.«
    »Das sind nur kleine Schnitte.« Der Chief saß zusammengesunken auf dem Untersuchungstisch wie ein halbvoller, zent-nerschwerer Kartoffelsack. »Der Arzt hat die Splitter rausgeholt. Jetzt warte ich darauf, dass die Schwester mit dem Desinfektionsmittel zurückkommt und die Wunden reinigt. Es sieht vielleicht nicht hübsch aus, aber mir ist nichts passiert.«
    »Im Gegensatz zu Hawkins. Er hat sich den Arm gebrochen, wenigstens ist es ein glatter Bruch. Die ausgekugelte Schulter haben sie schon wieder eingerenkt. Aber an seinen Knöcheln werden sie noch länger arbeiten müssen. Beide sind zu Splittern zermahlen worden.«
    »Ich wünschte, es hätte

Weitere Kostenlose Bücher