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Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Titel: Eisseele - Schlieper, B: Eisseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Schlieper
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steht Kim ihr bei. Nils wird puterrot.
    »Was haltet ihr davon, wenn ihr in so Chemie-Schutzanzügen tanzt? Ich weiß, dass die Schule davon ziemlich viele hat für Übungen und so. Davon könnten wir bestimmt welche bekommen. Außerdem sieht das bestimmt ziemlich futuristisch aus«, schlichtet der Lehrer.
    »Genau, wir könnten das ganze Projekt dann noch unter irgendein Motto stellen. Für Umweltschutz und gegen Zerstörung«, schlägt Leo vor.
    »Ich dachte eigentlich, wir nennen das Ganze ›Hast du Töne?‹ Da kommen dann die Farbtöne und die Musiktöne drin vor«, sagt Zoe.
    Die anderen nicken. War ja klar, dass sie mal wieder die beste Idee hat.
    Dann legen sie gemeinsam fest, wer mittanzen darf oder soll. Zoe natürlich und auch Kim meldet sich, nachdem Zoe sie angestupst hat. Außerdem Caro und Sarah. Die Jungs zieren sich natürlich, aber schließlich lassen sich Leo und Nils überreden. Zoe ist zufrieden, die Truppe steht.
    Carl hat die ganze Zeit über nichts gesagt, nicht ein Wort. Aber er hat alles aufmerksam verfolgt. Er studiert die Menschen gerne, verschafft sich erst einen Überblick. Ehe er dann selber die Bühne betritt.
    Der Einblick, den er in der nächsten Stunde bekommt, überrascht ihn doch. Es gibt nicht viele Dinge, die Carl noch schocken oder beeindrucken können. Dafür hat er zu viel gesehen. Das bleibt nicht aus, wenn man im Block wohnt. Die vier Häuser nahe beim Bahnhof sind wie ein Dampfkochtopf. Immer mal wieder explodiert es irgendwo, weil der Druck zu stark wird. Dann fliegen Dinge aus dem Fenster, dann liegt jemand besoffen vor der eigenen Wohnungstür, dann tragen Frauen Sonnenbrillen und Kinder erzählen, ihre blauen Flecken kommen von einem Sturz mit dem Fahrrad. Carl musste nie etwas von einem Unfall erzählen. Einmal hat sein Vater die Hand gehoben, wollte zuschlagen. Carl hatte einfach das Handgelenk seines Vaters festgehalten. Sehr fest. Er trainiert seit er sechs oder sieben ist. Carl ist geballte Kraft. Das hat sein Vater auch gemerkt. Und er hat den Arm gesenkt. Damit war der Machtkampf zu Hause entschieden.
    In der Englischstunde hatte Carl das erste Mal seitdem er in der Klasse ist, die Hand gehoben. Alle waren gespannt. Der Böker nickte ihm zu.
    »Can I go to the toilet, please.« Carl hatte die Frage höflich gestellt.
    Der Lehrer hatte ein bisschen enttäuscht ausgesehen, aber genickt.
    Nach zehn Minuten kommt er zurück, er hatte vom Toilettenfenster aus in die verschiedenen Klassenzimmer geguckt. Irgendwann war auch das ihm zu langweilig, außerdem hatte er nicht riskieren wollen, dass ein Suchtrupp nach im losgeschickt würde. Er musste zurück.
    Als er die Tür öffnet, fällt Carls erster Blick auf Zoe, die direkt in der Reihe gegenüber sitzt. Sie hat ein Bein auf die Halterung für die Schultasche gestellt. Sie trägt einen kurzen Rock, schließt die gespreizten Beine sofort, als Carl reinkommt. Aber diese halbe Sekunde hat gereicht. Er hat gesehen, dass das Mädchen keinen Slip trägt.
    Warum spielt die hier Basic-Instinct?, fragt er sich und das erste Mal, seitdem er an diese Schule gekommen ist, langweilt er sich nicht.
    Das erste Mal wittert er, dass es doch ganz spannend werden könnte.
    Zoe hat gesehen, dass Carl etwas gesehen hat. Er hatte ihr nach dem ersten Blick einen Wimpernschlag lang in die Augen geguckt und da sah sie sein Erstaunen, seine Überraschung, sein Amüsement. Sie ärgert sich, dass sie so unvorsichtig war. Den Rest der Stunde stehen ihre Füße sehr eng nebeneinander auf dem Boden. Sie fühlt unangenehm die Nacktheit unter dem dünnen Rockstoff und kann es nicht erwarten, in der Pause wieder den Tanga anzuziehen. Sie weiß, dass sie damit aufhören muss. Das weiß sie schon seit Langem. Aber die Versuchung wird von Mal zu Mal größer. Immer wieder ist da der dringende Wunsch, Grenzen zu überschreiten. Das Verlangen, auszubrechen; nicht das liebe, nette Mädchen zu sein.
    Und das Verlangen nach Demütigung. Manchmal muss sie sich einfach schäbig und schlecht fühlen. Schmutzig und gemein. Das hilft. So bestraft sie sich. Wenn es andere schon nicht tun, muss sie es doch selber machen. Alle anderen lieben sie doch immer. Es ist zum Kotzen.

Vergessen
    J ulian ist völlig verschwitzt als er klingelt. Wortlos drückt er Zoe eine riesige Tüte in den Arm. Zoe fällt fast um, als sie das Gepäckstück entgegennimmt.
    »Was ist denn da drin?«
    »Nähzeug für deine Mutter. Hat meine Ma ihr von irgendwoher mitgebracht. Hast du mal

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