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Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Titel: Eisseele - Schlieper, B: Eisseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Schlieper
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zwei Liter Wasser für mich? Ich verdurste.«
    »Nähen? Was soll das denn jetzt schon wieder?«, fragt Zoe, während sie hinter Julian in die Küche geht.
    »Meine Mutter hat eine Frau kennengelernt, die sich alle Sachen selber näht. Das fand sie so toll, dass sie das jetzt auch machen will. Und deine Ma hat sie mit diesem Quatsch angesteckt. Ich habe jetzt schon Horror davor, dass sie mir auch was auf den Leib schneidern will«, stöhnt Julian und setzt eine Wasserflasche an, die er im Kühlschrank gefunden hat.
    Zoe verdreht die Augen. »Warum müssen die sich eigentlich immer so komische Hobbys ausdenken? Können die nicht einfach einmal in der Woche zum Bridge oder Badminton gehen und gut ist? Weißt du noch, als die getöpfert haben?«
    Julian lacht und verschluckt sich fast. »Ein Höhepunkt der bildenden Kunst. Wir hatten eine Skulptur im Garten stehen, die wie ein abgestürztes Flugzeug aussah.«
    »Meine Mutter hat sogar Bilderrahmen fabriziert. Die waren so schwer, dass mein Dad die andübeln musste«, lacht Zoe.
    »Die Dinger hatten wenigstens die Chance, kaputtzugehen. Aber kannst du dich an den Strickwahn erinnern?«, fragt Julian.
    »Ob ich mich erinnere? Ich bin traumatisiert. Meine Mutter hat mir ein Kleid gestrickt und mich genötigt, das zu tragen. Das war eine Form von Psychoterror. Eigentlich ein Fall fürs Jugendamt«, kichert Zoe. »Du hattest doch so einen schönen Pulli, oder?«
    »In der ersten Woche war das noch ein Pulli. In der zweiten Woche war das auch schon ein Kleid. Das Teil wurde immer länger. Vielleicht hätte ich schneller wachsen müssen.«
    Als Julian die Wasserflasche zurückstellt, streift er zufällig mit dem Arm Zoes Brustwarze. Beide tun so, als sei das nicht passiert.
    »Du glaubst es nicht, aber es geht noch schlimmer. Saskias Mutter hat jetzt die Tarotkarten für sich entdeckt und sagt allen permanent die Zukunft voraus. Ihre Nachbarin sprich schon nicht mehr mit ihr, weil Saskias Mutter ihr eine sehr schmerzvolle Krankheit und den finanziellen Notstand im Alter prophezeit hat«, lacht Zoe.
    Zoes Handy piept. Eine SMS .
    »Es war übrigens ganz schön«, liest Zoe laut vor.
    »Was war schön?«, fragt Julian mit vollem Mund. Er hat im Kühlschrank noch Frikadellen entdeckt. Angewidert verzieht er das Gesicht. »Was ist das denn?«
    Zoe grinst. »Grünkernbratlinge. Überbleibsel von Mamas Vollwertära.«
    Julian würgt den Bissen hinunter. »So – was war jetzt schön?«
    »Saskia fand irgendwas schön«, sagt Zoe und man sieht, wie sie sich das Hirn zermartert. Dann schlägt sie die Hände vors Gesicht. »O nein, ich habe es vergessen. Ich bin eine schlechte Freundin. Das verzeiht sie mir so schnell nicht«, stöhnt sie auf.
    Julian durchsucht jetzt den Obstkorb nach etwas, das ihm zusagt.
    »Wieso musst du andauernd essen?«, sagt Zoe genervt. »Hast du einen Wachstumsschub?«
    »Ich habe schlicht Hunger. Sag mir lieber, warum du schlecht, gemein und fies bist.«
    »Das kann ich dir nicht sagen. Komm, nimm dir noch eine Kiwi, die hat viele Vitamine und radle wieder heim. Ich muss jetzt mal dringend zwei bis drei Stunden telefonieren.«
    Julian schwingt sich auf den Tisch. »Jetzt wird es doch erst spannend. Also, was hast du getan? Ihre Geburtstagsparty vergessen?«
    »Schlimmer.«
    »Sie hatte eine kosmetische Operation und du hast es nicht bemerkt.«
    »Noch schlimmer.«
    »Wenn du es mir nicht sagst, erzähle ich allen, du hättest Saskia einen Flyer übers Fettabsaugen geschickt.«
    Zoe blitzt ihn nur aus schmalen Augen an.
    »Komm, Zoe, erzähl mir dein Saskia-Desaster. Du weißt, dass ich schweigen kann.«
    Das stimmte. Julian wusste so einiges von Zoe, Dinge, die sonst niemand – vor allem nicht ihre Eltern – wusste. Dass sie getrampt und zu einem Typen ins Auto gestiegen war, der während der Fahrt eine Dose Bier aufmachte. Dass sie zur Seepferdchenprüfung ohne Badeanzug erschienen und in Unterwäsche ins Becken gehüpft war. Dass ihr kleiner Hamster seinerzeit nicht an Altersschwäche, sondern an einer Gummibärchenvergiftung – oder zumindest an einer Gummibärchenunverträglichkeit – gestorben war. Keines dieser – und der anderen – Geheimnisse hatte Julian je auch nur ansatzweise ausgeplaudert. Natürlich wusste er nicht alles über Zoe. Es gab Dinge, die niemand wusste.
    Zoe holt tief Luft. »Saskia hatte ein Date am Wochenende und ich habe es vergessen.«
    »Es war doch ihr Date. Wie kannst du das vergessen? Solltest du etwa

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