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Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Titel: Eisseele - Schlieper, B: Eisseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Schlieper
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Du hast doch keine Angst, oder?«
    Sie zieht nur spöttisch die Augenbrauen hoch.
    »Okay. Dann verbinde ich dir jetzt die Augen.« Er zückt ein Halstuch aus der Hosentasche.
    Zoe wird es trotz der Sommerhitze kalt. »Gut.«
    Er zieht das Tuch fest. Es ziept an den Haaren, doch Zoe sagt keinen Mucks.
    »Ich führe dich jetzt zu meinem Rad. Du setzt dich hinten auf den Gepäckträger«, befiehlt Carl. Er nimmt ihre Hand. Sie hatte sie vorher schnell an der Jeans abgewischt, sodass die nicht mehr feucht ist. Sie fühlt das kühle Metall des Gepäckträgers, schafft es, sich mit verbundenen Augen daraufzusetzen,
    »Wir fahren jetzt los«, verkündet Carl.
    Sie muss sich an seiner Hüfte festhalten. Ob sie will oder nicht.
    Es holpert und Zoe hört die Steine eines Schotterwegs unter den Reifen knirschen. Sie versucht sich den Weg vorzustellen, den Carl einschlägt. Jetzt müssten sie an der Straße sein. Aber sie hört keine Autos. Der Untergrund fühlt sich inzwischen weich an. Waldboden vielleicht. Gibt es einen anderen Weg – als den zur Straße – vom Denkmal weg? Einen anderen Schotterweg? Dann müssten sie Richtung Tennisplätze fahren. Sie versucht sich zu konzentrieren, ob sie Menschen hört oder Bälle ploppen. Fehlanzeige. Es wird kühler, sie hört einen Traktor. Dann Rauschen. Ist hier irgendwo ein Fluss? Oder sind das Autos auf der Autobahn? Carl hat das Tuch halb über ihre Ohren nach hinten geführt. Alles ist dumpf. Sie kann das Tuch nicht hochschieben, muss sich mit beiden Händen festhalten. Ihr Po schmerzt schon von den harten Stößen des Metallträgers. Sie hätte zählen sollen. Dann wüsste sie jetzt, wie lange sie unterwegs sind. Zehn Minuten vielleicht? Sie muss gleich als erstes auf ihr Handy gucken. Carl wird schneller, der Untergrund ist glatt. Vielleicht sogar ein Radweg. Dann wird es wieder holpriger. Zoe merkt, wie Carl Mühe hat, die Balance zu halten. Als er plötzlich anhält, stößt sie hart mit dem Kopf gegen seinen Rücken.
    »Du hast es geschafft. Wir sind da.«
    Mit wackeligen Beinen steigt sie ab, hält sich unsicher am Rad fest.
    »Kann ich das Tuch jetzt abnehmen?« Sie wundert sich über sich selber, dass sie um Erlaubnis fragt.
    »Darfst du.«
    Sie blinzelt. Ihre Augen sind das Licht nicht gewöhnt. Sie steht mitten auf einer Lichtung. Um sie herum ist Wald. Zoe hat keine Ahnung, wo sie ist.
    »Zeig mir mal dein Handy«, fordert Carl sie auf.
    Sie gehorcht. Er untersucht es.
    »Hast du kein Navi oder GPS drauf?«
    »Nein, wieso?«
    »Dann kannst du es behalten.« Er reicht es ihr zurück.
    »Danke.«
    Er grinst sie an. »So, das war der Ausflug. Jetzt beginnt das Abenteuer.«
    Er setzt sich auf sein Rad. »Wir treffen uns am Denkmal.«
    »Und wie soll ich da jetzt hinkommen?«
    Zoe ist fassungslos. Will er sie jetzt hier mitten im Nichts stehen lassen? Was soll das?
    »Du wirst einen Weg finden«, sagt er ruhig. Er lächelt abgründig. »Mach dir keine Sorgen. Ich bin immer in deiner Nähe. Wahrscheinlich.«
    Dann ist er weg. Zoe schaut ihm hinterher. Starrt noch eine ganze Weile auf die Kurve, hinter der er verschwunden ist.
    Und jetzt?
    Sie geht langsam den Weg rauf, den auch Carl genommen hat.
    Oder wollte er sie damit in die Irre führen? Ist das vielleicht genau die falsche Richtung?
    Sie geht trotzdem weiter. Der Weg führt steil bergauf, wieder um eine Kurve. Plötzlich kann sie die langen Antennen vom Funkturm sehen. Dann müsste die Stadt eigentlich direkt dahinter liegen. Oder auch nicht, wenn sie rechts oder links vom Turm gelandet ist. Sie guckt sich um, versucht noch andere markante Punkte zu erkennen.
    Sie lebt schon immer in dieser Stadt, aber wie sieht die Gegend jenseits der City eigentlich aus? Diese Hügelkette da – hat sie die schon mal wahrgenommen? Sie folgt dem Weg und bekommt Durst. Natürlich bekommt sie Durst. Es ist auch im Wald warm, die Luft ist trocken. Als ihr bewusst wird, dass sie nichts zu trinken dabei hat und nichts in der Nähe zu kaufen ist, wird ihr Mund noch ein bisschen trockner. Sie schließt die Augen, versucht sich vorzustellen, sie würde in eine Zitrone beißen. Das klappt sonst immer. Sonst läuft ihr sofort das Wasser im Mund zusammen. Heute nicht. Vielleicht trocknet dieses ungewisse Gefühl in ihr zusätzlich die Schleimhäute aus. Sie hat zurzeit oft eine Wasserflasche dabei. Wasser trinken ist gesund. Doch insgeheim hatte sie eigentlich damit gerechnet, dass Carl sie zu einer Art Picknick einlädt. Ein bisschen was zum

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