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Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Titel: Eisseele - Schlieper, B: Eisseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Schlieper
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hetzen? Nur, weil Carl das will? Sie spürt die Grashalme, die sie im Nacken kitzeln. Und selbst wenn die Sonne jetzt langsam unterginge. Sie hätte keine Angst, lässt sich einfach in das Gefühl fallen.
    Sie hat ihn nicht kommen hören, aber sie erschrickt auch nicht, als ihr plötzlich eine Wasserflasche gereicht wird. Sie nimmt sie, trinkt sie aus. Ihr doch egal, wenn er auch Durst hat. Sein Problem. Carl lässt sich wortlos neben sie ins Gras fallen. So liegen sie da. Zwanzig Minuten. Eine halbe Stunde.
    »Du bist stark«, sagt Carl irgendwann.
    »Ich weiß«, antwortet Zoe in den Himmel.
    Sie will nicht reden. Sie will weiter das Gefühl auskosten, dass es außer ihr und dem Gras und der Sonne nichts gibt. Keine Schuld, keine Zwänge, keine Fragen.
    Na ja. Carl gehört zu dem neuen Gefühl auch irgendwie dazu.
    Irgendwann steht er auf, reicht ihr die Hand. Er sagt nur »komm«. Wortlos setzt sie sich auf seinen Gepäckträger, ganz selbstverständlich hält sie sich wieder an seinen Hüften fest. Sie schließt die Augen. Wieder sieht sie nicht, wo der Weg her geht. Sie ist fast ein bisschen enttäuscht, dass sie schon nach wenigen Minuten wieder am Denkmal sind. Wieder fragt er sie nicht, ob sie noch etwas zusammen machen wollen. Aber dieses Mal hatte sie auch gar nicht damit gerechnet.
    Am Abend ist sie zu müde, zu sehr in ihren Gedanken verloren, um sich eine Ausrede einfallen zu lassen. Als ihre Eltern fragen, was sie am Nachmittag gemacht hat, antwortet sie »Fahrradtour mit Carl«. Irgendwie stimmt das ja auch. Sie sieht den kurzen Blick, den Sonja und Stefan Kessler wechseln. In diesem kurzen Augenblick liegen sämtliche Fragen: Ist es jetzt so weit? Ist Zoe verliebt? Müssen wir jetzt über Verhütung reden? Wer ist dieser Carl?
    All diese Fragen werden nicht gestellt. Erst wenige Minuten später will Sonja Kessler fast beiläufig mit einer Tomate im Mund wissen: »Ist der nett, dieser Carl?«
    Zoe schafft es, ein Grinsen zu unterdrücken. Nein, nett ist Carl ganz sicher nicht. Man kann ihm Vieles nachsagen, aber Nettsein gehört sicher nicht dazu.
    »Geht so.«
    Sonja und Stefan gucken sich wieder an. In ihren Augen glüht ein bisschen Hoffnung. Sie glauben, ihre Tochter lässt sich noch ein bisschen Zeit mit dem Verlieben und den ganzen dazugehörigen Problemen.
    Abends im Bett schafft Zoe es nicht mehr, der Klarheit der Gedanken auszuweichen. Nein, sie ist nicht verliebt in Carl. Wenn es das nur wäre. Damit käme sie klar. Sie spürt, dass es mehr ist zwischen ihnen. Tiefer, mächtiger, bedrohlicher, intensiver.
    Sie hat dieses unsichtbare Band zwischen ihr und Carl im allerersten Moment gespürt, als sie ihn vorm Lehrerzimmer hat stehen sehen. Alles, was danach gekommen ist, war fast zwangsläufig. Und das, was kommen wird, ist es leider auch. Zoe schläft schnell und erschöpft ein. Sie kann sich nicht vorstellen, was noch auf sie wartet.

Sich spüren
    D ie Salami schwitzt schon und glänzt ölig. Der Käse auch. Irgendwann steht Sonja Kessler auf und bringt zumindest den Aufschnitt ins Haus. Mit einer Tasse Kaffee in der Hand kommt sie zurück, lässt sich wieder in den Stuhl fallen.
    »Ich könnte den ganzen Tag hier sitzen und dem Gras beim Wachsen zusehen«, verkündet sie. Zoe nippt an ihrem Orangensaft. Sie weiß, dass sie nicht den ganzen Tag hier rumsitzen kann. Sie muss was tun. Ihr Vater hat sich zurückgelehnt und die Augen geschlossen. Franzi spielt mit einem achtarmigen Kuscheltier, das eher für Zweijährige ist.
    »Eigentlich ist unser Garten groß genug für einen kleinen Teich«, sagt Zoe in die Stille des Gartens.
    Stefan Kessler hebt die Augenbrauen, öffnet die Augen aber nicht. Das macht er erst, als er ein »Stimmt eigentlich« von seiner Frau hört.
    »Aber so ein Teich ist auch gefährlich. Ich habe schon so oft von kleinen Kindern gelesen, die in ganz flachen Teichen ertrunken sind. Da reichen manchmal ein paar Zentimeter«, fällt Sonja Kessler ein.
    »Mama, hier im Umkreis wohnen keine kleinen Kinder mehr. Unsere merkwürdigen neuen Nachbarn haben gar keine und so wie die sich angiften, wird das auch nichts mehr.«
    »Die giften sich an?«, fragt ihre Mutter neugierig nach.
    »Sagen wir mal, die haben eine lautstarke Art kontroverse Diskussionen zu führen«, mildert Zoe ab. Welche Rolle sie bei diesen Auseinandersetzungen gespielt hat, vergisst sie zu erwähnen.
    »Wisst ihr eigentlich, wie viel Arbeit so ein Gartenteich macht?«, mischt Zoes Vater sich jetzt

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