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Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Titel: Eisseele - Schlieper, B: Eisseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Schlieper
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überstreift.
    »Wieso isst du so was?«, mischt Kim sich ein.
    »Weil meine Oma sonst total beleidigt ist und an meiner Mutter rummäkelt, dann zickt die zurück und die Stimmung ist hin. Dann fängt meine Oma an zu heulen, dass wir ja ruhig mal netter zu ihr sein könnten. Wir wüssten ja alle nicht, wie lange sie es noch machen würde. Das sagt sie seit Jahren. Ich könnte kotzen.«
    »Vielleicht solltest du das mal tun. Am besten direkt nach dem Essen«, schlägt Zoe gedankenverloren vor.
    »Ist das dein Mittel, um schön schlank zu bleiben? Interessant«, kommentiert Kim.
    Zoe schüttelt den Kopf: »Quatsch.«
    Sie ärgert sich über sich selber und ihren blöden Kommentar. Sie ist gereizt. Carl war heute nicht in der Schule. Sie hat sich bei dem Gedanken ertappt, ihn anzurufen und zu fragen, ob er krank ist.
    Vor der Spiegelwand schafft Zoe es, nicht weiter nachzudenken. Für eine Stunde konzentriert sie sich ganz auf den Rhythmus, die Bässe und ihre schmerzenden Muskeln. Direkt danach steht die nächste Probe für die Schulaufführung an und Zoe eilt mit Kim auf den Sportplatz. Nils und Leo lassen auf sich warten.
    »Wir dachten schon, ihr kommt gar nicht mehr. Wäre vielleicht auch besser gewesen«, empfängt sie die beiden, als sie mit zehnminütiger Verspätung um die Ecke biegen.
    »Hast du deine Tage oder was?«, giftet Leo zurück.
    Zoe bringt die Probe ohne weitere Anfeindungen hinter sich. Sie will doch gar keinen Ärger, sie will nicht provozieren. Sie konzentriert sich auf die Schritte, übt mit den Jungs deren Part. Lobt übermäßig, um die Stimmung zu retten, und versprüht plötzlich wieder gute Laune. So will sie sein. Die Idee, mit Mehl zu üben, erweist sich als Mist. Das Pulver fliegt überall rum, staubt alle ein.
    »Wir nehmen das nächste Mal einfach Wasser. Das klappt bestimmt besser«, bestimmt Zoe.
    »Könntest du dann bitte lediglich ein weißes T-Shirt anziehen?«, fragt Nils neckisch.
    Carl verzieht bei der Frage das Gesicht. Das sieht dem kleinen Nils ähnlich, sich an Zoe im Wet-Shirt-Look aufzugeilen. Wahrscheinlich schläft der abends mit dem Bild im Kopf und roten Ohren ein, denkt er sich. Carl sitzt wieder auf dem Dach. Er ist nicht krank. Er hat den ganzen Vormittag seinen Bruder gesucht und ihn schließlich in der Spielothek gefunden.
    Theo war das ganze Wochenende nicht zu Hause gewesen. Samstagabend hatte er angeblich bei einem Freund geschlafen. Als Carl ihn da am Sonntag abholen sollte, wusste der Freund von nichts. Die Mutter hatte Carl durch sämtliche Kneipen in der Gegend geschickt. Er hatte außerdem alle anderen Kumpels von Theo abgeklappert. Überall Fehlanzeige. Aus Angst vor dem Jugendamt hatte die Mutter auch am Sonntagabend noch nicht die Polizei informiert. Die ganze Nacht hatte sie am Küchentisch gesessen und gewartet. Am Montagmorgen war Carl gleich wieder los. Hatte zum fünften Mal am Kiosk gefragt, war zum Busbahnhof, wo Theo sich – wie Carl wusste – eine Zeitlang rumgetrieben hatte. Er hatte in sämtlichen Fritten- und Dönerbuden mit einem verwackelten Foto seines Bruders gestanden und gefragt. In der Spielothek in der Nordstadt hatte er ihn endlich gefunden. Theo war mit zwei Typen unterwegs, die Carl nicht kannte. Und auch nicht kennenlernen wollte. Fiese Typen mit schlechtem Deutsch und schlechtem Atem. Er zerrte Theo wortlos zu dem Mann in der Aufsichtskabine.
    »Dieser Junge ist vierzehn. Wenn du ihn noch einmal hier rein lässt, ist der Laden dicht«, hatte Carl nur gesagt. »Wenn du in dreißig Minuten nicht zu Hause bist, finde ich dich, nehme dir deinen Schlüssel ab und du brauchst nie wiederzukommen«, sagte er einen Augenblick später vor der Tür zu Theo, setzte sich auf sein Rad und war weg.
    »Wie soll ich das denn schaffen?«, hatte er den Bruder hinter sich herbrüllen hören. Doch das hatte Carl nicht interessiert. Und Theo hatte es geschafft. Er wusste, dass Carl seine Drohung ernst gemacht hätte. Dass er es sogar geschafft hätte, der Mutter einzureden, das sei jetzt das Beste. Als Theo die Wohnungstür aufschloss, wartete Carl in der Küche auf ihn. Er schubste den Bruder in dessen Zimmer, sagte der Mutter kühl, dass er mit Theo reden werde. Carl drohte seinem Bruder nicht mit Gewalt. Er ließ ihn aufschreiben, wie er sich demnächst zu verhalten habe. Theo protestierte, aber erfolglos.
    »Halt dich einfach dran oder verschwinde für immer. Ein Ausrutscher und es gibt für dich hier noch nicht mal mehr ein Glas

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