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Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Titel: Eisseele - Schlieper, B: Eisseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Schlieper
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Wasser.«
    Dann ließ er Theo da sitzen, legte sich auf sein Bett. Er war so angewidert von seinem Bruder. Von diesem Mitläufer ohne eigene Meinung, der sich blenden ließ von dummen Sprüchen. Von ihm aus könnte Theo einfach verschwinden, er würde ihn keine Sekunde vermissen. In seinen Augen war sein Bruder ein Verlierertyp. Aber er wusste, wie die Mutter an ihm hing. Wie sie immer noch den kleinen Jungen in ihm sehen will, der im schlimmsten Fall mal einen Schokoriegel klaut. Seitdem ihr Mann weg war, ist sie noch ein bisschen sentimentaler geworden, naiver. Sie hat nicht mitbekommen, dass Theo schon lange nicht mehr auf Schokolade abfährt.
    Es tut Carl gut, Zoe zu sehen. Auch auf die Entfernung nimmt er ihre Aura wahr. Vom ersten Moment war er fasziniert von ihrer Präsenz, ihrer Härte. Er liebt es, ihr unbemerkt zuzuschauen. Er fühlt sich wie ein Marionettenspieler, der nur noch nicht die Fäden gefunden hat.

Abgründe
    Z oe freut sich als sie in die Klasse kommt. Carl sitzt an seinem Tisch. Sie registriert, dass er auf sein Handy eintippt. Als ihr Telefon kurz darauf vibriert, weiß sie schon, wem er gerade gesimst hat.
    Lust auf ein kleines, dunkles Abenteuer heute Nachmittag?
    Er hat noch nicht mal unterschrieben. Sie stutzt. Das ›Dunkle‹ in der Frage gefällt ihr nicht. Aber sie weiß auch, wenn sie jetzt kneift, fragt Carl sie nie wieder. Und: Was kann ihr schon passieren?
    Sie schreibt ihm nicht zurück. Das würde auffallen, sie hat keinen Bock auf Gequatsche à la »Zoe und Carl«. Sie nickt ihm nur kurz zu. In der kurzen Pause geht Carl hinter Zoe vorbei und sagt nur: »Um vier an der Skateboard-Rampe«.
    Sie reagiert nicht darauf. Nicht äußerlich. Dass ihr Herz bis in ihren Hals schlägt, sieht ja niemand.
    Die Skateboard-Rampe im Park. Fast muss Zoe ein bisschen grinsen. Vor ein paar Jahren sind da ein paar Rampen und Hindernisse für Skater gebaut worden. Ein verzweifelter Versuch, den Platz unter der Autobahn sinnvoll zu gestalten. Die Bierdosen dort, die Kippen, leere Chipstüten, Altglas in Grün, Braun und Weiß erzählen von dem Scheitern. Will Carl dort mit ihr fahren? Will er, dass sie sich bei ihm an den Hüften festhält, während er lenkt? Hat ihm das vielleicht so gut gefallen bei der Radtour? Ihr Herz pendelt sich wieder im normalen Rhythmus ein. Sollte Carl doch genauso sein wie alle anderen? So leicht zu durchschauen? Zoe würde es begrüßen. Doch natürlich täuscht sie sich. Carl hat alles andere mit ihr vor, als mit ihr über die Rampe zu rollen oder gar sich bei waghalsigen Manövern beklatschen zu lassen. Er sitzt auf einer kleinen Mauer, als Zoe wieder extra ein paar Minuten zu spät kommt.
    Sie lehnt sich neben ihn, guckt den Jungs auf den Rollbrettern zu.
    »Sollen wir?«, fragt Carl endlich.
    Eine Begrüßung schenken sie sich.
    »Ich bin bereit«, sagt Zoe kühl.
    »Wir müssen da hoch.«
    Carl zeigt auf die Schräge, die direkt unter die Autobahnbrücke führt. Zoe runzelt die Stirn. Was will er da? Will er auf die Bahn? Über die Standspur spazieren? Zoe folgt ihm die steile Treppe hoch, die auf einer kleinen Empore endet. Über ihnen rauschen die Autos und Lkw.
    »Willst du da hoch und die Zeit messen, bis wir im Verkehrsfunk kommen, oder was?«, fragt Zoe leicht mürrisch. Auf so eine Kleine-Jungen-Mutprobe hat sie keine Lust.
    »Besser«, sagt Carl nur, faltet die Hände und hält sie ihr als Aufstiegshilfe hin.
    »Räuberleiter? Warum nicht gleich Räuber und Gendarm?«, macht Zoe sich lustig.
    »Quatsch nicht. Du musst da hoch.«
    Zoe zuckt nur mit den Schultern, dann stellt sie ihren Fuß in Carls Hände und lässt sich auf einen Vorsprung hieven, der ihr vorher gar nicht aufgefallen war. Auch Carl zieht sich auf den Vorsprung hoch, schiebt sich an ihr vorbei und stößt ein rundes Metalltor auf, das in den Brückenpfeiler führt. Dahinter liegt ein Gang. Er geht genau unter der Brücke durch.
    »Das Abenteuer beginnt«, lacht Carl.
    Zoe guckt in den dunklen Schlund und in Carls grinsendes Gesicht. Da soll sie jetzt durch? Sie werden auf allen Vieren kriechen müssen. Die Röhre ist höchstens 1 , 20 Meter hoch. Es wird stockdunkel sein. Kühle strömt ihr entgegen. Was will er darin?
    »Willst du vorgehen oder soll ich?«, fragt Carl.
    Zoe ignoriert alle unguten Gedanken in ihrem Kopf, in ihren Adern.
    »Geh du voran. Dann kannst du die Spinnen aus dem Weg räumen, auf die wir da sicher treffen werden.«
    »Alles klar.«
    Carl macht seine Jacke zu und

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