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Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Titel: Eisseele - Schlieper, B: Eisseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Schlieper
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klettert in das Loch. Er wusste ja, wohin es geht und hat vorgesorgt. Zoe weiß jetzt schon, dass sie das T-Shirt, das sie trägt, nach der Aktion wegwerfen kann. Carl kriecht direkt los, Zoe muss sich beeilen, um hinter ihm herzukommen. Nach und nach gewöhnen sich ihre Augen an die Finsternis. Über ihnen ist nur das Rollen der Autos zu hören, sonst ist Stille.
    Zoe hatte gesehen, dass die Tür zur Röhre mit einem Vorhängeschloss gesichert gewesen war. Ehe es irgendjemand – vielleicht sogar Carl – geöffnet hatte. Ist das Schloss auf der anderen Seite der Röhre auch offen? Oder müssen sie nachher den ganzen Weg zurück? Und was ist, wenn das nur tagsüber für irgendwelche Arbeiter geöffnet ist und gleich wieder abgeschlossen wird? Zoe versucht, nicht darüber nachzudenken. Sie hat plötzlich das Gefühl mehr zu sehen. Als würde es heller. Das ist keine Täuschung. Plötzlich taucht nämlich ein Loch vor ihnen auf. Ein großes rundes Loch, das direkt nach unten führt. Da ist kein Netz, keine Absicherung. Wer dadurch fällt, fällt sehr tief direkt auf einen großen Parkplatz. Auf harten Asphalt. Keine Überlebenschance. Neben dem Loch sind nur einige Zentimeter Untergrund. Carl hangelt sich seitwärts über den Schlund. Die Hände auf der einen Seite, die Füße auf der anderen schiebt er sich hinüber. Zoe starrt ihn an. Erwartet er jetzt ernsthaft, dass sie das nachmacht? Er dreht sich zu ihr um, studiert ihr Gesicht. Sie starrt in das Loch. Fast fühlt sie einen Sog. Eine magische Anziehungskraft. Nein, sie will da nicht runterfallen. Sie will nicht mit aufgeplatztem Schädel, verwinkelten Armen und Beinen da unten in einer Blutlache liegen. Sie atmet tief ein. Dann macht sie es einfach, ohne weiter nachzudenken. Ihre Füße und Hände tasten sich millimeterweise weiter, sie spürt wie ihre Arme anfangen zu zittern. Ohne dieses klaffende Loch unter ihr wäre diese Übung lächerlich. Auf allen Vieren seitwärts gehen. Ein Kinderspiel. Wenn unter der Körpermitte der Tod lacht, sieht es anders aus. Wenn ihre Arme jetzt einknicken, ist sie verloren. Plötzlich spürt sie eine Hand. Carl hat ihren Oberarm umfasst, zieht behutsam an ihr. Ihr wird schlagartig heiß. Von seiner Hand geht so eine Kraft aus, so eine Sicherheit. Als könnte Carl sie mit einem Arm festhalten, wenn sie jetzt fiele. Sie ist fast euphorisch, als sie auf der anderen Seite ankommt. Kurz schließt sie die Augen, lässt das gute Gefühl durch den Körper strömen.
    Doch Zoe hat sich zu früh gefreut. Es gibt ein weiteres Loch in der Röhre. Ihr wird leicht übel als sie registriert, dass die schwarze Finsternis, durch die sie weiter kriechen, wieder erhellt wird. Als sie den Rand erreichen, setzt Carl sich. Er lässt die Beine durch das Loch baumeln, hält sich mit den Händen noch nicht mal fest. Aus seiner Jackentasche holt er eine Tüte und eine Flasche Bionade.
    »Komm. Picknick«, sagt er zu Zoe, die hinter ihm hockt.
    »Keinen Hunger.«
    »Ich habe dir extra ein Schoko-Croissant und dein Lieblingsgetränk besorgt.«
    Woher weiß er, was sie gerne mag? Wie genau hat er sie beobachtet?
    »Komm, setz dich neben mich. Der Ausblick ist irre.«
    Sie versucht über seine Schulter nach unten zu gucken, sieht, dass sie jetzt über dem Kleingartenverein sind.
    »Guck mal, die Alte da. Die sonnt ihre Fettrollen. Echt eklig«, lacht Carl.
    Er klopft mit der Hand neben sich auf den schmutzigen Beton.
    »Jetzt setz dich endlich hin. Hast du immer noch nicht kapiert, dass ich dich beschütze?«
    Sie lässt sich auf den Po fallen, schiebt ihn ganz langsam Richtung Rand.
    Er will sie beschützen. Der Satz schmeckt komisch für sie.
    Sie sitzen Schulter an Schulter.
    »Ich könnte dich natürlich jetzt auch hier runterschubsen«, sagt Carl ohne den Blick von der dicken Frau zu wenden.
    »Ich wette, du hast niemandem erzählt, dass du dich mit mir triffst. Alle würden sich fragen, was hat die liebe hübsche Zoe wohl in dieser dunklen, schmutzigen Röhre gemacht. Nie käme irgendjemand auch nur im Traum auf die Idee, dass ich was damit zu tun haben könnte.«
    Zoe hat das Gefühl, dass ihre Haut hart und kalt wird.
    »Und die Skater unten an der Rampe? Die haben uns zusammen gesehen«, hält sie dagegen und ist stolz, dass ihre Stimme nicht zittert.
    Carl lacht, als habe Zoe einen guten, zotigen Witz gemacht.
    »Die Skater? Für eine ordentliche Dröhnung erzählen die den Bullen alles, was ich will.«
    Zoe atmet ganz langsam aus. Jetzt ist nur

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