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Eistochter

Eistochter

Titel: Eistochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Rae Miller
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das Eloise erschaffen hat, als wir zum ersten Mal miteinander gearbeitet haben –, erscheint Dasha neben Eamon und flüstert ihm etwas ins Ohr. Endlich wendet er den Blick ab, um mit ihr zu sprechen. Mit einer raschen Bewegung springt er auf und packt sie am Arm. Ich rechne damit, dass sie sich wehren wird, aber nein: Sie klimpert mit den Wimpern und sieht ihn an.
    Oh, wie ekelhaft. Ich gebe ja zu, dass er äußerst gutaussehend ist, aber trotzdem! Sie mag ihn?
    Kaum dass Eamon auf die Zeltstadt zugeht, beginnt jemand, Alouette zu pfeifen, und jeder einzelne Tisch um seinen herum leert sich, so dass ihm ein ganzer Zug von Hexen folgt.
    »Sieh an, sieh an. Da hat jemand mittlerweile ein größeres Gefolge«, murmelt Bethina, während wir den Exodus beobachten. Das Lied wird lauter, als Eamons Begleitmannschaft weiter wächst.
    »Ich hasse dieses Lied«, sage ich und stürme die Stufen zur Veranda hinauf. Ich habe mich damit abgefunden, dass ich Henry nicht mehr finden werde, bevor mein Unterricht beginnt. »Es ist mir unheimlich.«
    Bethina bleibt ein Stück hinter mir und beobachtet, wie Eamon und sein Freunde in der ständig wachsenden Zeltstadt verschwinden. »Es scheint ihnen allzu gut zu gefallen, nicht wahr? Ich höre es jeden Tag häufiger.«
    Ich öffne die Tür und warte darauf, dass Bethina hereinkommt. »Eamon nennt mich so – Alouette .«
    » Alouette bedeutet dasselbe wie ›Lark‹: ›Lerche‹. Und es ist kein nettes Lied.«
    Ich drehe mich um und sehe nach, wer gesprochen hat. Becks Freund Kellan steht neben der Treppe, den Arm um Julias Taille gelegt.
    »Das hätte ich dir auch sagen können«, erwidere ich, da ich mich daran erinnere, wie Eamon seine Worte unterstrichen hat, indem er mir mit der Hand an der Kehle entlang und über den Rücken gefahren ist.
    »Was meinst du?«, fragt Bethina, allerdings nicht mich, sondern Kellan.
    Kellan reißt die Augen auf. »Ich bin überrascht, dass die Versammlung darüber nicht Bescheid weiß. Alouette ist ein altes französisches Lied darüber, Lerchen zu rupfen und zu töten.«
    Alle Farbe schwindet aus Bethinas Gesicht, und sie kehrt eilig um. Über die Schulter sagt sie: »Du hast heute Morgen Illusionskunst, nach der Pause Elementarkontrolle und heute Abend Bewegung.«
    »B?«, frage ich. »Ist alles in Ordnung?«
    Bethina blinzelt, als ob sie in Gedanken woanders wäre. »Ja, natürlich. Beeil dich jetzt, sonst kommst du zu spät«, sagt sie, bevor sie mich davonscheucht. Mit der anderen Hand bedeutet sie Kellan und Julia, ihr zu folgen.
    Irgendetwas daran, dass Eamon mich hasst, hat Bethina erstaunt. Aber was?
    »Du wirkst erschöpft.« Eloise erwartet mich wie üblich an unserem Tisch. Sie taucht eine Fritte in Ketchup und winkt damit, als ich näher komme. »Hast du gut geschlafen, nachdem … Na, du weißt schon.«
    Ich wische mir den Schweiß ab, der mir den Hals hinunter bis in den Ausschnitt läuft. Ich bin die ganze Strecke vom See, wo mein Illusionsunterricht stattfindet, bis zum Ostrasen gelaufen. Normalerweise setze ich mich Eloise gegenüber hin, aber wenn ich Henry nicht bald finde, implodiere ich vielleicht und erspare den Lichthexen so die Mühe herauszufinden, was sie mit mir anstellen sollen.
    Aber zunächst einmal hat Eloise eine Entschuldigung verdient. Ich zupfe am Saum meines Rocks und bin mir nicht ganz sicher, wie ich anfangen soll. Am besten bin ich direkt: »Es tut mir leid, dass ich dich angegriffen habe, Eloise. Das weißt du doch, oder?«
    Sie kaut zu Ende und lächelt. »Jetzt weiß ich es. Setzt du dich zu mir?«
    »Tut mir leid, ich kann nicht. Ich suche nach Henry. Weißt du, wo sein Zelt steht?«
    Wie Bethina beäugt sie mich misstrauisch. »Du willst Henry besuchen? In seinem Zelt?«
    Ich hebe die leeren Hände, um zu zeigen, dass das nicht viel zu bedeuten hat. »Ich möchte ihm ein paar Fragen über meine Familie stellen. Über meine Mutter.«
    Eloise knabbert an einer Art Fleischsandwich und sagt nichts. Sie nippt an ihrem Getränk und schluckt. »Sein Zelt ist in der Mitte der Zeltstadt, im Westviertel. Zweiter Gang, zehntes Zelt links.«
    Was für eine detaillierte Wegbeschreibung. Ich frage mich, wie oft sie wohl schon in Henrys Zelt war, und ziehe die Augenbrauen hoch.
    »Sag nichts, denn es stimmt nicht. Er ist nicht mein Lebenspartner oder wie auch immer ihr Dunkelhexen das nennt.«
    »Oh, ich sage ja gar nichts. Nur, dass das eine sehr detaillierte Wegbeschreibung ist.« Ich kichere und ducke mich, um dem

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