Eistochter
verletzen können.« Unterdrückte Besorgnis stiehlt sich in meine Stimme.
Beck zuckt mit den Schultern. »Er hat es versucht.«
Er muss nicht mehr als das sagen. Ich verstehe. Eamon hat versucht, Magie zu wirken, aber Beck hat ihn abgewehrt. Er ist stärker, als mir klar war, und das heißt, dass meine dunkle Macht unter der Ummantelung das vielleicht auch ist.
Als ich damit fertig bin, ihn zu verbinden, legt Beck mir beide Hände auf die Schultern. »Dir fehlt etwas.«
Ich sehe mich im Zimmer um und lasse den Blick dann über Becks nackten Oberkörper gleiten. Sogar in verwundetem und blutendem Zustand sieht er großartig aus: schlank, muskulös und ein wenig zu erheitert darüber, dass ich seinen Körperbau bewundere.
Ich versetze ihm einen spielerischen Stoß gegen den einzigen nicht verletzten Teil seines Körpers – die Brust. »Was?«
Er streicht mir mit den Fingern am Schlüsselbein entlang. Die Berührung löst eine Mischung aus Kälteschauern und Funken aus.
Becks Augen leuchten auf, als ich seufze.
»Deine Kette.«
»Eamon hat sie zerrissen.« Meine Hand umfasst seine, als er mir den Arm streichelt. »Er hat sie irgendwohin geworfen.«
Der Raum ist ein Schlachtfeld. Die Chancen, die Kette zu finden, ohne erst einmal aufzuräumen, stehen schlecht.
»Wir können sie später suchen. Lass uns nachsehen, ob jemand Hilfe braucht«, sage ich.
»Wie wär’s mit jetzt?« Er streckt die Hände mit nach oben gedrehten Handflächen vor sich aus. »Wir finden sie mit Magie.«
Obwohl er von behelfsmäßigen Verbänden bedeckt ist und wahrscheinlich gebrochene Knochen hat, steht Beck vor mir, lächelt und verlangt, dass wir eine alberne Kette suchen. Wie kann ich da ablehnen?
Mühelos. Ich presse die Lippen zusammen. »Beck, ich kann keine Magie wirken. Eloise, Dasha … sie haben es alle versucht. Es funktioniert nicht.«
Er lässt sich nicht verunsichern, sondern ergreift mit beiden Händen meine Hand. »Du hast es noch nicht mit mir versucht.« Ich setze zu einem Kopfschütteln an, aber er verlangt: »Leg die Hände auf meine. Ich will, dass du die Augen schließt und dir deine Kette wieder da vorstellst, wo sie hingehört.«
Das hat keinen Zweck, aber wenn er es erst selbst sehen muss … Ich schließe die Augen und stelle mir den kleinen patinierten Vogel vor, wie er an meinem Hals hängt. Ich male mir das Gewicht aus, die Kühle auf meiner Haut.
Becks Lachen bringt mich dazu, die Augen aufzureißen.
Ich wusste ja, dass es nicht funktionieren würde. Außerdem sehe ich wahrscheinlich mit vor Konzentration verzerrtem Gesicht lächerlich aus. »Lach nicht. Ich weiß nicht, was ich tue.«
Er deutet auf meine Brust. »Danach sieht es aber nicht aus.«
Ich hebe die Finger an den Hals und ertaste den fliegenden Vogel. Er hängt da wie seit dem Tag, an dem Beck ihn mir geschenkt hat. Das Gewicht, die Kühle – ich habe mir beides nicht nur eingebildet.
Es war Magie.
»Ich habe das getan? Ganz allein?«
»Ich habe dir nur die Freiheit und den Spielraum verschafft, es zu tun.« Er streicht mir mit der Hand übers Haar. »Du warst das ganz allein.«
»Ich habe es getan.« Meine Finger streichen wie schon so oft über das erhabene Muster der Flügel.
»Das hast du.« Er küsst mich von oben auf den Kopf, so dass mich süßer Trost durchströmt.
»Aber die Ummantelung?«
»Die Ummantelung besteht weiterhin. Ich weiß nicht, wie man sie brechen kann. Aber ich habe schon vor langer Zeit, als wir noch Kinder waren, herausgefunden, wie wir unsere Magie kombinieren können. Und unsere gemeinsame Magie … nun ja, sie ist mächtig.« Er senkt die Stimme. »Ich glaube nicht, dass sie uns aufhalten könnten – und deshalb haben beide Seiten Angst.«
Ich schnappe nach Luft. »Glaubst du, sie lügen? Was den Fluch betrifft?«
Er fährt sich durchs Haar. »Nein. Der Fluch ist real. Aber deine Mutter scheint genauso wenig wie meine Eltern zu wollen, dass wir gegeneinander kämpfen. Ich dachte, es sei eine altbewährte Familientradition. Sollten sie uns nicht ermuntern, einander zu hassen?«
Ich hatte gehofft, dass er einen Grund für seine Vermutung hätte, aber seine Frage ist leicht zu beantworten. »Sie versuchen, uns zu beschützen – auf ihre eigene Art, nehme ich an. Das haben deine Eltern mir neulich sehr deutlich gemacht. Uns voneinander fernzuhalten ist da am sinnvollsten.«
»Aber sie haben mich in eine Schule voller Dunkelhexen gesteckt, damit ich bei dir sein konnte«, sagt er. »Und du
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