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Eistod

Eistod

Titel: Eistod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Theurillat
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ein paar Tagen, als Sie von der ETH zurückkamen …«, sagte Rosa mit einem verschmitzten Lächeln, »da haben Sie richtig fröhlich dreingeschaut.«
    »Ach ja?«
    »Wir arbeiten jetzt schon über zwölf Jahre zusammen«, sagte sie. »Seit Sie diesen Laden hier schmeißen.« Die weit ausholende Geste unterstrich ihre italienische Herkunft. »Und ich könnte wetten, dass eine Frau im Spiel ist.« Lauernd sah sie ihn an.
    »Was Sie nicht alles sagen.«
    »Doch, doch«, nickte sie. Und damit ließen sie es bewenden.

    So wie die Zeit dahingeplätschert war, wurde aus Unerledigtem plötzlich Dringliches. Eschenbach musste eine Nachtschicht einlegen, schlug bis sieben Uhr in der Früh seine Pendenzen tot und marschierte um halb acht mit den gerade fertiggestellten Unterlagen in die Sitzung mit seiner Chefin, Elisabeth Kobler.
    Das Budget, das noch im alten Jahr hätte bereinigt werden sollen, wurde nochmals besprochen. Acht Prozent wurden gekürzt – das war’s. Der Kommissar hatte mit zehn gerechnet, zwölf Prozent hatte er einkalkuliert.
    Unrasiert, aber guter Dinge kam er gegen elf zurück in sein Büro.
    »Müssen wir jetzt sparen?«, fragte Rosa und zog die Augenbrauen hoch.
    »Ihren Lohn müssen wir streichen«, konterte der Kommissar finster. »Aber Sie dürfen bleiben.«
    »Dann ist ja alles wie gehabt«, sagte sie und stellte eine Tasse mit Espresso auf seinen Schreibtisch. Schwarz, ohne Zucker.
    »So ist es, Frau Mazzoleni. Alles wie gehabt.« Eschenbach gab ihr die Berichte Jahresplanung Kripo und Strategische Stoßrichtungen , die er mit Kobler besprochen hatte. »Ist beides so durchgegangen«, sagte er. »Ein paar Änderungen noch … ach, Sie werden’s schon finden.«
    Nachdem der Kommissar das oberste Drittel seines Postberges durchgegangen war und die wichtigsten E-Mails beantwortet hatte, traf er sich mit dem Kommandanten der Stadtpolizei. In einem Sitzungsmarathon quälten sie sich durch die Sicherheitskonzepte für die Stadt: von Januar (Weltwirtschaftsforum in Davos) bis Mai (Tag der Arbeit). Die Monate Juni bis Dezember vertagten sie. Die letzte Nacht hing an Eschenbach wie ein Mehlsack. Auf dem Heimweg kaufte er vier belegte Brote bei Sprüngli, nahm zu Hause eine Flasche Primitivo aus dem Regal, schaltete den Fernseher ein und setzte sich auf die Couch. Nach »Julia – Wege zum Glück« war die Flasche leer. Wie sie ihr Glück fand, hätte er nicht mehr sagen können. Er probierte den Brunello, den er für eine Einladung hatte aufheben wollen. Dazu öffnete er eine Packung Erdnüsse. Beides reichte bis nach der Tagesschau. Dann nickte er ein und das ganze Abendprogramm des Ersten Schweizer Fernsehens flackerte unbemerkt an ihm vorbei.
    Der Anruf kam um halb zwölf. Es musste eine Ewigkeit geläutet haben, dachte Eschenbach, als er das kabellose Gerät unter einem Stoß Wäsche endlich gefunden hatte.
    »Hier ist Korporal Wälti«, sagte eine Männerstimme. »Spreche ich mit Kommissar Eschenbach von der Kantonspolizei?«
    »Ja.« Eschenbach ging in die Küche und drehte den Wasserhahn auf. Als Wälti seine Ausführungen für einen Moment unterbrach, hielt der Kommissar seinen Kopf unter den kalten Wasserstrahl. Er unterdrückte ein Stöhnen.
    »Sind Sie noch da?«, kam es vom Korporal.
    Hastig trank er noch zwei, drei Schluck – dann nahm er das Telefon wieder ans Ohr und sagte: »Ja, ich komme …«
    »Oder soll ich jemand anderen …«
    »Nein, schon gut.« Eschenbach hielt sich die Stirn. »Badi Tiefenbrunnen, sagten Sie?«
    »Nein, Letten!«
    »Letten also.« Der Kommissar erinnerte sich an die Misere vor zehn Jahren, als das Letten-Gebiet ein einziges Drogen-Mekka war. Dann baute er sich eine Eselsbrücke: von seinem Rausch zu den Drogen, dann zum Letten. »Bei der Badi dort.«
    »Ja«, sagte der Beamte am anderen Ende der Leitung. »Wir sind noch eine Weile hier. Lassen Sie sich ruhig Zeit.«
    »Danke.« Der Kommissar beendete das Gespräch und ging leicht wankend ins Badezimmer. Einen Moment lang überlegte er, wohin er den schnurlosen Apparat legen sollte. Früher hatte das Telefon im Wohnungsflur oder auf dem Nachttisch seinen festen Platz gehabt – das konnte man sich auch im Halbsuff merken.

11
    »Nein, ich rieche den Alkohol nicht«, sagte der Taxifahrer.
    »Wirklich nicht?« Eschenbach hatte ihn schon zum dritten Mal danach gefragt. Immer wieder hatte er den Mann neben sich, der eine Helly-Hansen-Jacke trug und konzentriert auf die verschneite Fahrbahn blickte,

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