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Eistod

Eistod

Titel: Eistod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Theurillat
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an, den er auf knappe fünfundzwanzig schätzte. Seine tropfende, rote Nase und die müden Augen, die aus schmalen Schlitzen glänzten. Der Kommissar spürte, dass der junge Mann an seine Grenzen gekommen war. »Lassen Sie die Ambulanz kommen, die sollen das erledigen …« Eschenbach legte den Arm um die Schultern des Polizisten: »Sie haben es schon richtig gemacht.«
    Wälti senkte den Blick: »Ich habe noch keine Erfahrung mit …« Er zog die Nase hoch.
    »Mit Toten«, beendete Eschenbach den Satz.
    »Ja.«
    »Das kommt mit der Zeit.«
    Für eine Weile hielten beide inne, standen mitten in den Spuren festgetretenen Schnees und sahen dem Assistenten von Matts einen Moment zu, der Fotos machte, und blickten dann auf die Limmat, die schwarz und schweigend an ihnen vorbeifloss.
    Um halb drei war Eschenbach zurück in seiner Wohnung und zwanzig Minuten später, nachdem er heiß geduscht hatte, fiel er in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
    Als er aufwachte, war es draußen bereits hell. Es war das erste Mal, seit ihn Corina verlassen hatte, dass er sechs Stunden am Stück geschlafen hatte.
    Das Frühstück nahm er im Sprüngli am Paradeplatz. Er aß drei Croissants und ein Lachsbrötchen. Trotz leichter Kopfschmerzen fühlte er sich frisch. Zwischen drei Espresso erledigte er sechs Anrufe.
    Im Fall von Silvia Koeninger war er froh, einmal nicht wegen Konrad Schwinn in der Vermisstenstelle angerufen zu haben. »Die Fotos der Leiche sollten längst bei Ihnen sein«, sagte Eschenbach.
    Die junge Mutter, die neben dem Kommissar saß und das Gespräch mithörte, zog den Kinderwagen auf ihre Seite.
    Eschenbach nickte ihr beschwichtigend zu; dann kramte er – das Handy immer noch am Ohr – sein Portemonnaie mit dem Dienstausweis hervor und legte es vor sie auf den Tisch. »Polizei – ich tu Ihnen nichts.«
    Die Mutter musterte argwöhnisch den Ausweis.
    »Sonst rufen Sie Wälti an«, sagte er ins Telefon. »Korporal Wälti – von der Polizeiwache Seilergraben. Er hat den Einsatz geleitet.«
    »Sind Sie …« Die Frau zeigte mit dem Finger auf Eschenbach.
    »Herrgott noch mal, ja«, knurrte der Kommissar und stand auf. »Ich muss jetzt aufhören …« Er wollte schon das Gespräch beenden, da kam ihm von Matt in den Sinn. »Oder die Spurensicherung. Rufen Sie dort an, die haben die Bilder gemacht.«
    Der Kommissar nahm seinen Mantel von der Stuhllehne, zwängte sich zwischen Tisch und Kinderwagen durch und ging in Richtung Kasse. Unterwegs tippte er aus dem Gedächtnis die Nummer von Walter von Matt in sein Mobiltelefon.
    Es meldete sich ein Hundesalon.
    Der Kommissar fluchte leise und beendete den Anruf. Während er in der Reihe stand, sich Schrittchen für Schrittchen der Kasse näherte, telefonierte er mit Rosa Mazzoleni. Er brauchte die verdammten Bilder. Wenigstens eins, dachte er. Für die Medienkonferenz am Nachmittag.
    »Sie sind dran«, sagte die Dame an der Kasse giftig.
    Eschenbach griff seine Hosentaschen ab. »Gopfriedstutz«, murmelte er. »Ich hab doch …«
    Hinter ihm drängelte eine elegante Frau in einem Nadelstreifenkostüm an ihm vorbei und streckte einen Zwanzig-Franken-Schein in Richtung Kasse. »Könnten Sie nicht mal kurz …«
    Eschenbach drehte sich um, spähte zum Fensterplatz, wo er gesessen hatte. Dort räumte eine ältere Dame mit Rüschenbluse und adretter Schürze das Geschirr auf ein Tablett.
    »Halt«, rief er und eilte durchs Lokal.
    Die Kinderwagenfrau schoss auf und stellte sich schützend vor ihren Nachwuchs.
    Er erklärte der Dame ein zweites Mal, dass er zu den Guten gehörte und dass er nur sein Portemonnaie auf dem Tisch liegen gelassen hatte.
    Die Frau mit dem Tablett hatte mitgehört und reichte es ihm. »Ist nichts weggekommen«, sagte sie.
    Der Kommissar dankte es ihr mit einem Lächeln.

    Als Eschenbach ins Büro kam, lag ein Foto der Leiche auf seinem Tisch. Ein blasser, kantiger Schädel vor schneeweißem Hintergrund. Keine Augenweide, dafür in zehnfacher Ausführung.
    »Es kam per E-Mail«, sagte Rosa. »Ich hab’s Ihnen ausgedruckt.« Und nach einer kurzen Pause meinte sie: »Sieht aus wie ein Bild von Salvador Dalí.«
    »Francis Bacon, würde ich sagen.« Der Kommissar setzte sich, nahm den Telefonhörer und wählte.
    Silvia Koeninger von der Vermisstenstelle meldete sich sofort.
    »Ich hab die Bilder jetzt«, sagte er. »Und Sie?«
    »Ja, ist alles da. Sie kamen per E-Mail. Ich hab’s erst gar nicht gesehen.«
    »Ist schon gut.«
    »Wir haben einen check am

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