Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eisvampire

Eisvampire

Titel: Eisvampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Quinn
Vom Netzwerk:
und drückte ihm einen langen Kuß auf den Mund. »Du bist ein Schatz, Rick. So, und nun mußt du mich entschuldigen. Dahinten werden schon ein paar Leute unleidlich, weil ihre Leber keine Arbeit mehr bekommt.«
    Fröhlich tänzelte das Mädchen davon. Logan starrte ihr nach und schüttelte immer wieder den Kopf. Nogger beobachtete ihn prüfend.
    »Tja, mein Lieber«, murmelte er fast unhörbar, »die Eskimos sind ein energisches Völkchen. Und das merkt man ihr an, auch wenn sie nur ein halber Eskimo ist.«
    Logan hatte gar nicht zugehört. »Überrumpelt!« stöhnte er immer wieder. »Sie hat mich überrumpelt!«
    Nogger nickte weise und nahm die halbleere Whiskyflasche, entfernte den Stöpsel mit den Zähnen und goß Logans und sein Glas bis zum Rand voll.
    »Auf Sandra Vaughn«, prostete er spöttisch, »die Bezwingerin des eisernen Patrick Logan!«
    Der böse Blick, der ihn traf, hätte charakterschwächere Männer auf der Stelle ermordet. Nogger grinste über das ganze Gesicht. Er war sehr neugierig auf die weiteren Einfälle des Mädchens.
    Von Sitka aus reiste Enver Chroschka mit der Eisenbahn nach Juneau, der Hauptstadt des amerikanischen Bundesstaates Alaska. Was ehedem mehr einem verschlafenen Provinznest geglichen hatte, machte sich nun auf den Weg, eine Großstadt zu werden. Die ersten Erfolge zeichneten sich auch bereits ab.
    Die klare Luft war von Abgasschwaden verdrängt, häßliche Industriekomplexe, monotone Wolkenkratzer und schmutzige Slums deuteten zweifelsfrei darauf hin, daß Juneau bald einen Vergleich mit den chaotischen Metropolen der amerikanischen Ostküste nicht mehr zu scheuen brauchte. Kriminalität, Korruption, Grundstücksspekulationen und Umweltverschmutzung, Rauschgift- und Alkoholmißbrauch wuchsen dank der laxen Gesetzgebung und der sozialen Schwierigkeiten noch schneller als die Stadt selber. Inflation und die Eskalation von Gewalt betrafen nur die ärmeren Bevölkerungsschichten, und so sah sich kaum jemand genötigt, etwas dagegen zu unternehmen.
    Nicht selten sah man zwölf-, dreizehn- oder vierzehnjährige Eskimo-Mädchen sich auf dem Strich den zahlungskräftigen Arbeitern der Alyeska anbieten, und man konnte sicher sein, daß die Mafia auch an ihnen verdiente.
    Alaska – vor fünf Jahren praktisch noch ein unberührtes Paradies – glich sich dem übrigen Amerika in rasender Eile und mit scheinbar überschäumender Begeisterung an.
    Enver Chroschka schmerzte die Zerstörung dieses Landes, aber mehr noch schmerzte ihn die Zerstörung der Menschen, die in diesem Land lebten.
    Der Zug hielt auf dem – für den angeschwollenen Verkehr viel zu kleinen – Hauptbahnhof von Juneau, und Chroschka stieg mit seinem umfangreichen Gepäck an der Hand aus.
    Die Kälte traf ihn wie ein Schlag. Hastig eilte er in das beheizte Bahnhofsgebäude und setzte sich in das Restaurant, bestellte eine Tasse Kaffee und ein Glas Rum.
    Der Kaffee wurde in einer winzigen Tasse serviert, war dünn und unappetitlich und kostete anderthalb Dollar. Die Beschreibung traf auch auf das Glas Rum zu, nur daß Chroschka dafür das Doppelte bezahlen mußte.
    Er entzündete eine Zigarette und dachte nach. Natürlich hatte er durch seinen Entschluß, in Sitka an Land zu gehen, einen beträchtlichen Umweg gemacht. Von dem über fünfhundert Kilometer weiter nördlich gelegenen Seward führte eine Eisenbahnlinie direkt nach Fairbanks, aber so mußte er mit einem Bus über den Alaska-Highway quer durch die unwirtliche Landschaft tagelang unterwegs sein, um sein Ziel zu erreichen.
    Doch Enver Chroschka hatte seine Gründe für den Umweg und den daraus resultierenden Zeitverlust. In der Zentralbibliothek von Juneau hoffte er einige Bücher zu finden, die seine noch etwas lückenhaften Studien ergänzen sollten. Außerdem benötigte er noch gewisse Ausrüstungsgegenstände, die es sehr wahrscheinlich nur hier in der Hauptstadt geben würde.
    Er verließ den Bahnhof, wartete eine halbe Stunde in der mörderischen Kälte auf ein Taxi und begab sich dann zu Fuß zu dem Hotel, wo er sich ein Zimmer hatte reservieren lassen. Das Zimmer entpuppte sich als eine rasch möblierte Abstellkammer an der Straßenseite, wo der Verkehrslärm die Wände beinahe sichtbar erbeben ließ. Chroschka nahm es widerspruchslos hin und senkte nur den Preis auf die Hälfte. Die nächsten Wochen und vielleicht auch Monate würde er unter wenig komfortablen Umständen zubringen müssen, und auf diese Weise konnte er sich schon einmal an das

Weitere Kostenlose Bücher