Eisvampire
Gesichtsmaske hing unter seinem Kinn, und Rubett starrte in zwei gläserne Augenhöhlen. Das Licht aus dem Inneren des Zeltes brach sich tausendfach in den Kristallfacetten von Szargoshs Haut.
Szargosh knurrte höhnisch. Dann schoß seine rechte Hand vor und verfehlte nur knapp Rubetts zurückweichenden Körper.
Rubett feuerte. Der Knall zerfetzte ihm fast das Trommelfell. Ein Geruch nach verbranntem Pulver reizte seine Nase. Ungläubig musterte er Szargosh.
Sein ehemaliger Partner wies in der Stirn ein häßliches, zackiges Loch auf, das sich jedoch blitzschnell wieder verkleinerte. Bald war nichts mehr von der Wunde zu erkennen.
Tödliche Kälte schlug Rubett entgegen. Szargosh stieß einen schrillen Pfiff aus.
Ein Signal!
Schwere Schritte näherten sich. Rubett zitterte, schoß wieder. Vergeblich. Die Kugel ging glatt durch das dämonische Wesen hindurch, ohne es zu töten.
Wieder tastete Szargosh nach Rubett, aber der Prospektor hatte die Gefahr geahnt und war zum Heizgerät gekrochen. An der Stelle, wo ihn der frostige Atem der Kreatur berührt hatte, schmerzte seine Haut.
Szargosh wurde fortgedrängt. Eine bestialische Fratze lugte durch die Öffnung, ein totenbleiches Gesicht mit gekrümmten Hauern in dem geifernden Maul und spitzen Eispickeln auf dem Schädel.
Das mußte einer jener sagenhaften Eisvampire sein.
Rubett prägte sich das Aussehen dieser Ausgeburt der Hölle deutlich ein. Er fühlte sich relativ sicher. Die Wärme aus dem Heizgerät hinderte die Ungeheuer daran, einzudringen. Nein, hier konnte ihm nichts geschehen.
Der Vampir schien dies auch zu wissen. Er brüllte empört auf, schneeweißer Geifer floß von seinen Mundwinkeln in den Schnee. Unentschlossen wackelte das Wesen mit dem Kopf.
Rubett fröstelte. Durch die Luke blies der Sturm Schwaden kalter Luft, die aussahen wie brodelnder Wasserdampf, als die Feuchtigkeit in der Wärme kondensierte. Der Prospektor begriff die Gefahr, die ihm durch die offene Tür drohte. Bald würde auch das Heizgerät die Temperatur nicht mehr halten können; sie würde mehr und mehr sinken, bis sich die Vampire ungefährdet ihm nähern konnten.
Er mußte etwas unternehmen, sonst war er verloren.
Er legte das Gewehr an, zielte sorgfältig und gab schnell hintereinander mehrere Schüsse ab. Obwohl das Blei dem Vampir nichts anhaben konnte, verwirrte es ihn doch für einige Sekunden. Rubett sprang auf den Eingang zu und warf die innere Tür ins Schloß, legte den Riegel vor. Seufzend ließ er sich dann zu Boden sinken und barg seinen schmerzenden Schädel in seinen Händen.
Gerettet, dachte er dankbar. Vor Erleichterung vergoß er Tränen. Das Pochen auf seiner Wange verstärkte sich. Offenbar hatte ihn der Vampiratem doch mehr verletzt, als er zuerst vermutet hatte. Rubett wühlte aus dem Durcheinander der Kisten einen Handspiegel hervor und sah hinein.
Er schluckte schwer. Ihm wurde übel. Die Haut schien wie verbrannt. Rot stach das rohe, blutige Fleisch hervor. An einer Stelle konnte er sogar den bloßgelegten Wangenknochen erkennen.
Rubett fluchte und öffnete das Erste-Hilfe-Kästchen, trug eine schmerzstillende und heilende Salbe gegen Erfrierungen auf die Wunde auf und bedeckte sie mit einem improvisierten Verband.
Der Prospektor fühlte sich müde und kraftlos. Nach einigen Schlucken Whisky legte er sich wieder auf seine Liege und schloß die Augen. Er bemerkte, daß er am ganzen Körper zitterte, und so sehr er sich auch bemühte, das Beben zu kontrollieren, gelang es ihm nicht.
Schüttelfrost, dachte Rubett. Das hat mir gerade noch gefehlt.
Er zuckte zusammen, als vor der Tür die Eisvampire hell und haßerfüllt heulten.
In der vergangenen Nacht hatte es nicht geschneit. Offenbar zog der Sturm weiter nach Norden. Dann würde auch das Rumsfield-Plateau wieder befahrbar sein.
Patrick Logan prüfte anhand einer langen Liste die Ausrüstungsgegenstände, die er in dem Gepäckraum seines Eisrovers verstaut hatte.
Das Fahrzeug war ein ungefüges, himmelblau gestrichenes Ding von sechs Meter Länge und knapp drei Meter Breite. Ein spezialisolierter, zweihundert PS starker Dieselmotor trieb die beiden über je vier Räder laufenden Schneeketten an. Damit ließen sich auch extreme Steigungen überwinden. Das Führerhaus war flach und abgerundet, so daß es einem Sturm möglichst wenig Angriffsfläche bot, und die Doppelglasfenster gestatteten beinahe eine Rundumsicht. Der Rover besaß Platz für vier Personen. Insgesamt sieben Heizungen
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