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Eisweihnacht

Eisweihnacht

Titel: Eisweihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Berger
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gesagt hatte.
    Tief in Gedanken zerbröselte Elise mehrere der Vanillekipferl, die auf dem Tisch in einer muschelförmigen Schüssel lagen. Gestern Abend noch hatten Line und die Tante sie gebacken. Gehling hatte kein Stück angerührt. Ebenso wenig sie. Und auch nicht die Offenbacher Pfeffernüsse, die danebenlagen. Carl ist schuld, dachte Elise plötzlich.
    Carl war schuld, dass sie jetzt Gehling heiraten musste. Auf jeden Fall war es nicht fair, wie Carl versuchte, ihrem Vater und damit auch ihr das Geschäft zu ruinieren.
Sie
zumindest hatte Carl nichts getan. Wie konnte er ihr das antun? Er hatte immer so freundlich gewirkt. Ein ruhiger, stiller, freundlicher Mann. Aber stille Wasser sind tief. Und was sich da in der Tiefe verbarg, das musste nichts Gutes sein. Elise war jetzt voller Zorn auf Carl.
    Sie erinnerte sich, und ihr wurde ganz heiß dabei, wie er ihr gestern über den Weg gelaufen war. War da ein schlechtes Gewissen in seinen Augen gewesen? Oder Hass? Was hatte er noch gleich gesagt?
Geh nach Hause, ich kümmere mich darum.
Das konnte alles und nichts heißen. Jedenfalls hatte er nicht mit ihr reden wollen.
    Dann, mit einem Schlag, wurde Elise alles klar. Das war kein Rachefeldzug, was Carl trieb. Dafür war sie ihm gar nicht wichtig genug. Rache war nur die Interpretation, die ihr Vater der Sache gab. Aber in Wirklichkeit suchte Carl bloß ganz banal seinen und Riemenschneiders Vorteil und ging dabei über Leichen. Dabei war es ihm vollkommen gleich, dass es zufällig ihre Leiche war. Fleißig und ehrgeizig war er immer gewesen. Er hatte hochgewollt, das spürte man, deshalb war er aus der Schwalm fort nach Frankfurt. Nun war er eben Geschäftsführer bei Riemenschneider und hatte durch seine Intimkenntnisse des Best’schen Konkurrenzgeschäfts die Möglichkeit, seinem Patron langfristig einen dicken Vorteil zu verschaffen und sich damit als unentbehrlich zu empfehlen. Wahrscheinlich würde Carl eine Gehaltserhöhung bekommen, wenn der Plan aufging. Sie aber war ihm so egal wie nur irgendwas. Im äußersten Fall war ihm sein Verhalten vor ihr eine Spur peinlich, falls er sie eben damals tatsächlich gemocht und nicht nur so getan hatte. Und deswegen hatte er gestern ein Gespräch vermieden.
    Das tat weh. Beinahe mehr, als wenn er sich hätte rächen wollen.

E s klingelte. Elise schrak aus ihrer Versenkung hoch, fand sich in der blauen Wohnstube wieder, so wie Gehling sie verlassen hatte. Sie hörte die Haustür gehen, dann kurz Stimmen. Elise stand auf, nahm die Schale mit den Plätzchen und verließ die Stube. Draußen schlugen wieder Türen. Als sie in den Eingangsbereich kam, war niemand zu sehen. «Tantchen?», rief sie fragend.
    «Hier!», schallte es aus dem Gang zur Küche. Da musste Elise mit ihrem Plätzchenteller sowieso hin.
    Als sie eintrat, lachte die Tante gerade herzhaft. Die Tante, Line und das zweite, junge Hausmädchen Trine schienen im lebhaftesten Gespräch zu sein, während Trine mit einem riesigen Holzlöffel in einem Topf Rotkraut rührte. Elise lächelte unwillkürlich. «Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist», sagte sie selbstironisch, die Schale vorzeigend. «Ich habe drei von euren Plätzchen zerstört.»
    Die Tante lachte wieder laut auf. «Die ess ich noch», sagte sie, sprach’s, nahm die Schüssel und schüttete sich einen Berg Krümel in den Mund. Während sie kaute, sah sie prüfend Elise an und schalt theatralisch mit dem Finger. «Kind, Kind, du hattest schon immer diese unruhigen Hände, die überall rupfen müssen, wenn du in Gedanken bist. – Nun sag aber, es scheint alles auf dem besten Wege zu sein mit unserem Freund Gehling? Wenn ich ihn richtig verstanden habe, hast du dich ziemlich positiv geäußert. Er ist doch auch wirklich eine reizende Person. Du kannst gar nicht anders als einschlagen.»
    Elise dachte, sie höre nicht recht.
    «Hast du denn mit ihm gesprochen?»
    «Sicher. Ich war doch neugierig. Da hab ich unseren neuen Freund vorhin abgefangen und mir einen kleinen Plausch mit ihm erlaubt. Ich glaube wirklich, dass du großes Glück hast. Ein solch sensibler Mensch. Und auch von so feinem Gesichtsschnitt. Keine grob geschusterte Handwerkerfigur wie eine gewisse Person aus deiner Vergangenheit, die wir hier gar nicht nennen wollen.»
    Damit meinte sie Carl. Der hatte der Tante nie zugesagt.
Man weiß nie, was der denkt
, pflegte sie misstrauisch zu unken, schon lange bevor die gewisse Sache passiert war. Übrigens war Carl sicher

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