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Eiswein (German Edition)

Eiswein (German Edition)

Titel: Eiswein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Mayer
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Augenblick wusste er, warum sie das getan hatte.
    »Ich habe mich mit dem Staatsanwalt unterhalten, der möchte, dass die Sache so schnell wie möglich aufgeklärt wird«, gab seine Chefin in überheblichem Tonfall zurück. Damit bestätigte sie unbewusst Braunagels Vermutungen: Sie wollte vor ihrem Staatsanwalt glänzen. Na bravo! »Die Medien sowieso und natürlich …« Sie zeigte mit dem Daumen nach oben.
    Braunagel schloss die Augen und zählte in Gedanken auf zehn.
    »Sie haben also die Konten überprüfen lassen. Und jetzt?«
    »Jetzt haben Sie die Möglichkeit, nachzuhaken.«
    »Wunderbar. Danke für Ihre Hilfe. Ich wäre nie von allein drauf gekommen.«
    »Eines jedenfalls stimmt: Christoph Orthler war tatsächlich in Hamburg bei dem Seminar, wie er Julia erzählt hat«, warf Schwarz ein, der auf eine Möglichkeit gewartet hatte, das Gespräch wieder auf eine sachliche Ebene bringen zu können. »Das habe ich telefonisch abgeklärt. Er hat Julia Neubauer demnach keinesfalls belogen, was seine Absagen betraf.«
    »Ja, das mag sein«, bestätigte seine Chefin nach einem Blick in ihre Unterlagen. »Allerdings kokst der Besitzer jenes Hotels in Hamburg auch, wie wir wissen.«
    »Ist ja nichts Neues in der Branche, oder?« Braunagel lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Er vermied tunlichst, auf diesen erneuten Eingriff in seine Arbeit einzugehen, obwohl ihm fast der Kragen platzte. Was hatte das alles mit dem Fall zu tun?
    »Gehen wir davon aus, dass Julia ihn auf die Drogen angesprochen hat, dann könnte Orthler durchaus in Panik geraten sein. Vielleicht hat sie ihm gedroht, seine Abhängigkeit aufzudecken. Sie können sich vorstellen, was für Folgen das für ihn gehabt hätte«, überlegte Annemarie Zeller laut und war deutlich bemüht, den Blickkontakt zu Braunagel zu vermeiden. »Ich werde mal nachhaken, ob wir die Möglichkeit haben, Drogenkonsum bei ihm feststellen zu lassen.«
    »Wozu sollte das denn gut sein?«, fragte Schwarz irritiert – bis auch ihm Staatsanwalt Dr. Schiller einfiel. Klar.
    »Entschuldigung, aber Sie wollen damit nicht etwa andeuten, dass dieser Mord vor dem Hintergrund eines drogenabhängigen Christoph Orthler geschehen ist?«, fragte Braunagel ungläubig.
    »Wäre aber ein Motiv, oder nicht?«
    »Heißt Ihrer Meinung nach was ?«, wollte Schwarz wissen.
    »Heißt, dass Orthler meiner Meinung nach im Verdacht steht, Julia Neubauer umgebracht zu haben, damit sie ihm nicht schaden kann.«
    »Ihrer Meinung nach, aha.«
    Braunagel musterte seine Chefin einige Sekunden lang kopfschüttelnd und erinnerte sich an einen Satz, den sie am Tatort gesagt hatte: ‚Jemand wollte ihr irgendetwas aus dem Kopf schlagen.’ Manchmal konnte er Leute verstehen, denen nach so etwas zumute war. Rein theoretisch natürlich.
    »Haben Sie im Übrigen herausgefunden, ob er allein unterwegs war oder in Begleitung?«, fragte Annemarie Zeller und erhob sich. »Vielleicht steckt ja noch etwas ganz anderes dahinter.«
    »Und zwar was?«
    »Finden Sie es heraus, Braunagel. Ist ja Ihr Job, oder nicht?«
    »Klar. Danke, dass Sie mich immer wieder drauf hinweisen.«
    »Was war das denn wieder für eine Aktion?«, fragte Schwarz seinen Kollegen, als sie wieder in ihrem Büro saßen.
    »Ach leck mich doch!« Braunagel schaute wütend zu ihm hinüber.
    »Okay. Wann und wo?«
    »Entschuldige. Aber was mischt sie sich auch ständig in meine Ermittlungen ein?«
    »Hat sie begründet: Druck von oben.« Schwarz hatte den Daumen erhoben, wie Annemarie Zeller es in ihrem Gespräch getan hatte.
    »Druck von oben«, äffte Braunagel ihn nach. »So kann man das auch nennen. Sie will vor ihrem Staatsanwalt glänzen, das ist alles.«
    »Hm. Wenn ich dich nicht besser kennen würde, würde ich sagen, du neidest ihr den Job.«
    »Gut, dass du mich besser kennst«, knurrte Braunagel. »Wenn du jetzt auch noch damit anfängst …!«
    »Eines Tages erzählst du mir, was du wirklich gegen sie hast«, schlug Schwarz vor. »Gib zu, dass du ihr längst an den Hals gefahren wärst, wäre sie ein Mann.«
    »Ganz sicher sogar.«
    Braunagel presste die Lippen aufeinander, dass sie nur noch zwei weiße Striche in seinem Gesicht waren. Alina tauchte vor seinem inneren Auge auf. Ihre dunklen Augen, ihre schwarzen Haare, ihre Stimme, ihre sanfte Art. Und dann: Die leere Wohnung, das Gefühl, im falschen Film zu sein, als er nach Hause kam und feststellen musste, dass sie ihn verlassen hatte. Knall auf Fall. Und dass sie alles mitgenommen hatte,

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