Eiswein (German Edition)
anderes«, widersprach ihr Braunagel.
Bevor Frau Orthler auch nur ein Wort sagen konnte, mischte sich Schwarz ein: »Beispielsweise haben Sie das Gespräch zwischen Ihrem Mann und Ihrem Sohn belauscht, als es um die Drogen ging, die Christoph konsumiert hat.«
»Das geht Sie überhaupt nichts an!«, fauchte sie ungehalten.
»Sie haben Ihrem Mann daraufhin die Hölle heißgemacht und von ihm verlangt, dass er das Gut im Falle eines Falles nicht an Christoph, sondern an Ihre Tochter weitergibt«, fuhr Braunagel anstelle seines Kollegen fort.
»Was?« Christoph war aufgefahren und schaute jetzt völlig perplex zwischen Braunagel und seiner Mutter hin und her. »Wer sagt das?«
»Ihre Schwester, Herr Orthler.« Und, an dessen Mutter gewandt: »Stimmt doch, oder?«
Margarete Orthler nickte fast unmerklich.
»Bitte?«, hakte Braunagel nach.
»Ja. Stimmt.«
Christoph ließ sich auf seinen Stuhl zurücksinken.
»Was hat das alles denn mit dem Tod von Julia zu tun?«, fragte er leise.
»Wir wollen wissen, wer ein Motiv hatte, sie umzubringen. Also haben wir unter anderem versucht herauszufinden, was sich denn in Ihrem Umfeld so tat, Herr Orthler. Da ließ es sich nicht vermeiden, auch ein paar Takte mit Ihrer Schwester zu reden.«
»Es war doch sonnenklar, dass du das Gut innerhalb kurzer Zeit ruinieren würdest mit deiner Scheiße!«, fuhr seine Mutter ihn an. »Dein Vater war schwer herzkrank, und das mit dir hat ihn ziemlich mitgenommen. Bevor ihm etwas zustieß wollte ich sicher sein, dass er das mit dem Gut klärte. Und zwar nicht zugunsten eines drogenabhängigen Ökoidioten!« Ihre Stimme überschlug sich fast.
»Ich bin nicht schuld an seinem Tod.« Es war keine Anschuldigung, es war eine Feststellung, die Christoph fast tonlos von sich gab. »Für dich ist gesorgt.«
»Dein Vater war starrsinnig und wollte nichts an dem ändern, was er geplant und testamentarisch festgelegt hatte. Du solltest die Meisterprüfung machen und das Gut übernehmen, was ja auch wunderbar geklappt hätte, wenn da nicht deine Österreichgeschichte gewesen wäre, von der er nicht so begeistert war. Ökofritzen!«
»Das stimmt doch gar nicht, Mutter. Er hat mich ja erst auf die Idee mit dem ökologischen Weinbau gebracht. Die sogenannte Österreichgeschichte ist auch seine Idee gewesen. Er hat mir den Platz dort besorgt.«
»Stimmt nicht? Bitte, wenn du meinst?! Er war trotz deiner -«, das Wort blieb ihr hörbar im Halse stecken. »Er war ein Starrkopf, dein Vater. Das hat ihn auch krank gemacht. Das und sein sauberer Herr Sohn.« Sie schnappte nach Luft. »Er war trotz meiner berechtigten Einwände überzeugt davon, dass du sein Werk übernehmen und weiterführen solltest.« Sie spie diese Worte förmlich vor die Füße ihres Sohnes, und die beiden Polizisten sahen fassungslos den Hass in ihren Augen.
»Hat ja auch geklappt«, wandte Christoph ein. Seine Stimme, seine Haltung verrieten, dass er diese Situation nur zu gut kannte, und sich längst innerlich gegen ihre Angriffe gewappnet hatte.
»Und wenn schon? Einer wie du gehört sonstwohin, aber nicht hier her! Mit so was will kein anständiger Mensch was zu tun haben. Man hat ja schon über uns geredet im Ort.«
»Meine Schwester hat ihr Geld bekommen, du bist finanziell abgesichert, das Gut ist durch mich und den Ökoanbau erst richtig in Schwung gekommen. Vater ist nicht meinetwegen gestorben, und ich bin seit Langem clean. Was also lief deiner Meinung nach falsch?«
Christoph blieb weiterhin bemüht, das Gespräch auf sachlicher Ebene zu halten, und Braunagel bewunderte ihn dafür. Er ahnte aber auch, wie wenig von dem jungen Mann übrig blieb, den sie hier vor sich sahen, wenn jemand seine Fassade einriss. Die Worte hallten in ihm nach, die Christoph über das gesagt hatte, was ihn mit Julia verband: Sie war seit Langem der erste Mensch, der ihn so mochte, wie und was er war.
Nein. Christoph hatte sie bestimmt nicht umgebracht. Er litt vielmehr schrecklich darunter, sie verloren zu haben, und fand keinen Halt bei dieser Frau, die nicht einmal einen Funken Mitgefühl zeigte.
»Da ist diese Darja, die für dich erst ihre Beine breitgemacht und dann mit dem Kerl von der Genossenschaft betrogen hat.« Frau Orthler warf Schwarz einen finsteren Blick zu, als wäre der Schuld an allem. »In seinem eigenen Bett hat er sie mit ihm erwischt!«, fauchte sie den Kommissar an. »Und fragen Sie mich nicht, wobei.« Da niemand die Absicht zu haben schien, danach zu fragen, fuhr
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