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Eiswind - Gladow, S: Eiswind

Titel: Eiswind - Gladow, S: Eiswind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gladow
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sagte er ironisch und fügte hinzu: »Der ist auf keinen Fall ein Mörder.«
    »Vielen Dank für den Hinweis, Sie Meisterdetektiv!«, gab Bendt schlagfertig zurück. »Vielleicht darf ich ihn dann auch als Zeugen vernehmen, wenn’s recht ist?«
    Nino ersparte sich eine Antwort und sagte stattdessen:
»Ist noch was? Ansonsten wäre es nett, wenn ich mich wieder meinem Job widmen dürfte.«
    »Nur Geduld!«, entgegnete Bendt gedehnt. »Ich hätte außerdem gern eine Beschreibung des langen Lulatschs, von dem du uns bei deiner Befragung neulich berichtet hast. Der, der um die Mädchen herumgeschlichen ist.«
    »Ich hab nicht die geringste Ahnung, von wem du sprichst«, antwortete Nino aufrichtig.
    »Der Typ«, ergänzte Bendt, »der sich den ganzen Abend an einem Bier festgehalten haben soll.«
    Ninos Miene klarte sich auf. »Ach so«, antwortete er, »der Lange.«
    Bendt nickte. »Kannst du den näher beschreiben?«
    Der Barbesitzer schüttelte den Kopf. »Ich erinnere mich selten an ein Gesicht«, sagte er dann. »Es sei denn, es hängen lange blonde Haare dran und es hat rot geschminkte Lippen.« Er grinste Bendt mit einem schmierigen Lächeln an, das seine vergilbten Zähne zum Vorschein brachte.
    Bendt seufzte. »Streng dich mal ein bisschen an!«, mahnte er. »Was hatte er denn an?«
    »Bin ich Wolfgang Joop oder was?!«, schnaubte Nino verächtlich. »Was weiß ich! Es wird kein Dirndl gewesen sein, daran würde ich mich wohl erinnern.«
    »Immerhin weißt du, was er bestellt hat«, sagte Bendt schroff. »Da wird doch vielleicht noch ein bisschen mehr an Erinnerung da sein?«
    Nino klopfte auf sein Glas. »Ich erinnere mich an eine Visage nur, wenn ein Geldbeutel dabei ist«, antwortete
er. »Wenn einer sechs Cocktails in der Stunde bestellt, dann würde ich vielleicht sogar anfangen, mit einer Glatze zu schmusen.«
    Er grinste wieder anzüglich, und Bendt war klar, dass er hier nichts weiter erreichen konnte. Deshalb entschied er sich, wieder auf den eigentlichen Anlass seines Besuchs zu sprechen zu kommen.
    »Na gut, dann hol mir doch mal diesen Chris rein.«
    »Werd mal sehen, ob er noch da ist«, gab Nino zurück.
    »Sollte er nicht mehr da sein«, sagte Bendt scharf, »wäre es von Vorteil für dich, wenn du mir seine genaue Anschrift mitteiltest!«
    »Schon gut«, beschwichtigte Nino ihn und verließ das Büro, sodass Bendt erneut Gelegenheit hatte, sich umzusehen. Er trat an die Wand hinter Ninos Schreibtisch, um die dort aufgehängten Fotografien und Urkunden näher begutachten zu können.
    Dort prangten Bilder, die Nino am Strand oder auf einem Segelboot als stolzen Fischer riesiger Hechte zeigten. Außerdem fanden sich ein paar ältere Schwarz-Weiß-Fotos, auf denen offenbar Ninos Eltern und Geschwister abgebildet waren. Der Bekleidung und Umgebung zufolge waren sie in dörflichen Landstrichen Italiens zu Hause.
    Bendt schmunzelte außerdem über die übergroße Madonnenfigur, die Nino in dem Regal abgestellt hatte. Sie stand im grotesken Kontrast zu einigen weiteren Fotografien, die Nino in Champagnerlaune und in Begleitung nur leicht bekleideter Damen zeigten.

    Das Knarren der Tür unterbrach Bendts Reise in Ninos Privatleben. Ein Mann von vielleicht fünfunddreißig Jahren streckte den Kopf durch die Tür und blickte Bendt aus misstrauischen blauen Augen fragend an.
    »Sie sind sicher Chris«, sagte Bendt und winkte ihn herein.
    »Ja«, gab Chris unsicher zurück. Sein Blick verriet dem Kommissar, dass Nino ihn nicht über den Anlass der Befragung aufgeklärt hatte.
    »Nehmen wir doch einen Moment Platz«, schlug er deshalb vor und setzte sich auf Ninos Schreibtischstuhl.
    Chris war sein Unbehagen deutlich anzusehen, als er sich ihm gegenüber auf einen Holzstuhl fallen ließ.
    »Ich werde beim Arbeitsamt selbstverständlich melden«, sagte er hastig, »dass ich an ein, zwei Wochenenden bei Nino ausgeholfen habe. Ich bin bisher nur nicht dazu gekommen …«
    »Deshalb bin ich nicht hier«, unterbrach ihn Bendt.
    Aus Chris’ Miene sprach gleichermaßen Erleichterung wie Verwirrung. Bendt wusste genau, was die Zeugin Karen Seeland gemeint hatte, als sie diesen Chris einen Schnacker genannt hatte, der zwar amüsant war, sich aber nicht als potenzieller Lebenspartner eignete. Er kannte diesen Typ Mann, der optisch stark dem Klischee eines Tennislehrers entsprach, der sich mit möglichst wenig Aufwand und Verantwortung durchs Leben lavierte und sein Ego gern durch die schnelle Beute junger, attraktiver

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