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Eiswind - Gladow, S: Eiswind

Titel: Eiswind - Gladow, S: Eiswind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gladow
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selbst.

    In ihr Handtuch gehüllt, begab sie sich zurück in das warme Badezimmer, um sich abzufrottieren. Sie widerstand der Versuchung, erneut in die Wanne zu steigen, weil sie noch ein wenig lesen wollte, und löste den Stöpsel.
    In ihrem Bett kauerte sich Anna unter ihre Decke, froh darüber, dass ihre Nachttischlampe keinen Schaden genommen hatte. Das Unwetter schien nun direkt über ihrem Haus zu sein, und durch das Fenster konnte sie die dicken Hagelkörner sehen, die gegen die Scheiben prasselten. Der Schreck saß ihr noch merklich in den Gliedern, und sie ärgerte sich darüber, dass ihre wohlige Müdigkeit nun verflogen zu sein schien.
    Anna tastete in der Schublade ihres Nachttisches nach dem Alarmknopf, der ihre Sicherheitsanlage direkt mit der Notfallzentrale verband. Die Tatsache, dass das Haus so gut gesichert war, beruhigte sie.
    Als sie das Tagebuch wieder zur Hand nahm, stellte sie fest, dass ihr daneben abgelegtes Diensthandy nicht mehr auf der Ablage lag.
    Anna rollte sich auf den Bauch und fischte mit ihrer linken Hand unter dem Bett entlang. Sie stutzte, als sie statt des Handys einen weichen, feuchtwarmen Gegenstand ertastete, und zog ihn hervor.
    »Das ist ja wirklich ekelhaft!«, schimpfte sie erneut mit Hubert und warf den angekauten Hundeknochen angewidert in seine Richtung. »Jetzt vergräbst du deine Knochen nicht nur im Garten, sondern auch unter meinem Bett?«, tadelte sie ihn weiter, während sie wütend
ins Bad stapfte und sich die Hände wusch. Zurück im Bett, fand sie das Handy, das hinter ihren Nachttisch gefallen war. Endlich begann sie wieder zu lesen:
     
     
    Elisenlund, 20. Juli 1999
    Liebes Tagebuch!
    Es ist so toll hier! Ich bin sofort in die Leichtathletikmannschaft aufgenommen worden.
    Natürlich habe ich manchmal Heimweh, und Mami und Papi tun mir leid, weil ich weiß, dass sie mich so sehr vermissen, aber ich bin trotzdem überglücklich, hier zu sein.
    Ich glaube, ich habe mich richtig verliebt. Er heißt Ferdinand und ist wirklich süß. Ferdinand und ich haben so unendlich viel gemeinsam. Er ist auch in der Schulmannschaft. Ich bin nicht sicher, ob er mich auch mag, aber ich hoffe darauf! Drück mir die Daumen.
     
    Deine Ina
     
     
    Auch der nächste Eintrag handelte von Ferdinand.
     
     
    Elisenlund, 10. August 1999
    Liebes Tagebuch,
    Ferdinand und ich haben uns das erste Mal geküsst. Es war unbeschreiblich. Das ist etwas ganz anderes als die albernen Knutschereien beim Flaschendrehen. Seine Lippen waren wie Samt.

    Wir halten es noch geheim, dass wir zusammen sind. Wenn die Lehrer es rauskriegen, werden sie uns auf der Sportreise im Herbst niemals in einem Haus wohnen lassen und aufpassen wie die Luchse. Ich darf ihn Ferdi nennen! Ich bin überglücklich.
     
    Deine Ina
     
     
    Die nächsten Zeilen zeugten von Erregung, was durch die unregelmäßige Handschrift deutlich wurde.
     
     
    Elisenlund, 26. August 1999
    Liebes Tagebuch,
    Du kannst Dir nicht vorstellen, wie er uns erschreckt hat. Vielleicht ist es albern, aber manchmal haben wir das Gefühl, dass er uns verfolgt. Wir haben im Wald trainiert. Ich war wieder unglaublich schnell. Ferdi scheint mir Flügel zu verleihen. Ich kann nicht beschwören, dass es Jörg war, aber es war jemand auf dem Hochsitz. Denn ich glaube, dass es seine Jacke war, die ich gesehen habe. Ferdi sagt, ich bilde mir ein, dass er unseretwegen dort sitzt und glotzt. Ich glaube das nicht. Tine sagt, er starrt mich auch im Unterricht an. Manchmal spüre ich es sogar. Ich bin mir nicht sicher, aber vielleicht weiß er das mit Ferdi. Ferdi, Ferdi, Ferdi … Ich bin so verliebt!
     
    Deine Ina

    Anna las die folgende Eintragung mit wachsendem Interesse.
     
     
    Elisenlund, 29. August 1999
    Liebes Tagebuch,
    das Sportfest war wunderbar. Mami und Papi haben Ferdi auch gesehen. Ich glaube, dass sie ihn mögen werden.
    Und nach der Feier war er in meinem Zimmer. Das ist verboten, aber wegen der vielen Gäste an diesem Tag haben die Lehrer nicht bemerkt, dass ich ihn hereingeschmuggelt habe. Er ist einfach wunderbar. Ich kann Dir nicht mehr erzählen. Das würde es entzaubern. Ich glaube, dass wir uns ewig lieben werden.
    Nur doof, dass der Spanner jetzt Bescheid weiß. Er hat uns gesehen. Ferdi hat ihn dann verjagt. Vielleicht ist es ganz gut so. Ich glaube nicht, dass er es den Lehrern sagt.
    Wir freuen uns so auf die Herbstreise!
     
    Deine Ina
     
     
    Anna schrak zusammen, als das Telefon sie in die Gegenwart zurückholte. Sie griff

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