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Eiszeit in Bozen

Eiszeit in Bozen

Titel: Eiszeit in Bozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Rueth
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Brandstifter. Der will keinem was tun, der will bloß
Feuer sehen. Den erwischt ihr bald wieder. Aber wir müssen versuchen
herauszufinden, wo dieser Irre Gianna versteckt hält. Jede Sekunde zählt.«
    Vincenzo wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Das
stimmt. Aber er gibt uns doch bewusst ständig Hinweise. Er muss sich seiner
Sache absolut sicher sein. Wenn es nicht unmöglich wäre … aber er kann es nicht
sein.«
    »Das Monster von Bozen?«
    Vincenzo nickte.
    »Wer weiß? Während du das Geld übergeben hast, habe ich mir deine
Wanderkarten geholt. Er hat dir in diesem Brief schon den zweiten Hinweis auf Eis geliefert. Was glaubst du, was dir das sagen soll?«
    »Du meinst, er hält sie in den Bergen gefangen? Wo denn? Das ist
doch die berühmte Stecknadel! Und wie sollte Gianna das tagelang überleben? Bei
dem Wetter?«
    »Das habe ich mich auch gefragt. Auf Anhieb fallen mir zwei
Möglichkeiten ein: in einer Berghütte oder in einer Biwakschachtel in großer
Höhe, vermutlich gibt es einen Gletscher in der Nähe. Deshalb der wiederholte
Hinweis auf das Eis. Wenn man bedenkt, dass er relativ schnell dorthin kommen
muss, kann es nur in der Nähe von Bozen sein. Vielleicht in der Marmolata. Oder
am Ortler, am Adamello oder der Presanella. Die Marmolata ist zwar am weitesten
entfernt, hat aber einen großen, nicht allzu steilen, gut erreichbaren
Gletscher und die meisten Hütten. Ich bin mir fast sicher, dass der Entführer
Gianna in die Marmolata verschleppt hat!«
    Vincenzo stieß ein resigniertes Lachen aus. »Phantastisch. Soll ich
jetzt sämtliche Hütten und Biwakschachteln abklappern, um Gianna zu finden?
Abgesehen davon, dass ich bescheuerte Aufgaben erledigen muss und er mich
beobachtet? Berghütten? Ich weiß nicht. Es gibt immer ein paar Uneinsichtige,
die auch bei unsicherem Wetter unterwegs sind. Die Gefahr wäre groß, dass
jemand Gianna findet.«
    »Also eine Biwakschachtel?«
    »Schon eher.«
    Hans Valentin dachte einen Moment nach, dann fasste er einen
Entschluss. »Vincenzo, ich breche sofort auf. Ich werde sämtliche
Biwakschachteln abklappern, die Hütten sicherheitshalber auch. Jeden verdammten
Tag werde ich am Berg sein, bis ich sie finde. Vorher komme ich gar nicht mehr
runter. Sollte ich ihm begegnen, kann nichts passieren, denn mich kennt er
nicht, höchstens von meinen Vorträgen oder Büchern. Was hältst du davon?«
    »Hans, das wäre weit mehr als ein Freundschaftsdienst. Das wäre
Wahnsinn. Du hast selbst gesagt: Er weiß viel über mich. Warum sollte er nicht
auch wissen, dass wir befreundet sind? Ich darf dich nicht mit reinziehen. Fahr
nach Hause.«
    Valentin stand auf und zog sich seine Jacke über. »Keiner kann mir
verbieten, in die Berge zu gehen. Wenn einer sich in Südtirol auskennt, dann
ich.«
    »Was ist mit deiner Expedition?«, rief Vincenzo ihm nach.
    Valentin steckte den Kopf durch die Tür. »Glaubst du, in dieser
Krise lasse ich dich allein? Ich starte halt ein bisschen später. Auf die paar
Tage kommt es nicht an. Wie du weißt, plane ich bei meinen Expeditionen immer
reichlich Puffer ein. Sieh zu, dass du dein Handy stets bei dir hast, damit ich
dich erreichen kann. Ciao.«
    Vincenzo wusste, dass er Hans aufhalten musste. Die Gefahr war zu
groß, das durfte er als Polizist und Freund nicht zulassen. Wenn Hans mit
seiner Vermutung richtig lag, war das Risiko groß, dass er Giannas Peiniger
begegnete. Andererseits war Vincenzo unendlich dankbar für eine solche
Unterstützung.
    Sein Freund hatte recht. Außer Reinhold Messner kannte sich in
Südtirol niemand so gut aus wie er. Er hatte jeden Gipfel bestiegen, sämtliche
Gletscher zigfach überquert. Er hatte im Karakorum am Broad Peak auf
sechstausendzweihundert Metern biwakiert, war als erster Mensch überhaupt auf
Skiern vom über achttausend Meter hohen Gipfel des Nanga Parbat abgefahren. Die
Durchquerung der Marmolata war für ihn kaum mehr als ein Sonntagsspaziergang.
Außerdem, selbst wenn Hans dem Entführer begegnen würde, was sollte schon
großartig passieren? Hans war ein über die Grenzen Südtirols hinaus bekannter
Alpinist. Ihm selbst bei widrigsten Bedingungen im Hochgebirge zu begegnen, war
wahrlich keine große Überraschung. Vincenzo redete sich ein, dass er keine
andere Wahl hatte, als diese Hilfe anzunehmen.
    ***
    Questura
    Nach Hans Valentins Aufbruch hatte Vincenzo beim
Vice-Questore und bei Marzoli privat angerufen, um ihnen von den neuen
Forderungen des Spielführers zu

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