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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Schukow las. »Sie sollten sich das lieber mal ansehen.«
    »Da haben sie sich ja einen ziemlichen Schlamassel eingebrockt«, sagte der Erste Offizier, als er die letzte Seite des Dokuments erreicht hatte. »Aber ich habe in der Zeitung einiges über das Projekt Edgeway gelesen, damals, als sie noch im Planungsstadium waren, und diese Carpenters scheinen äußerst clevere Leute zu sein. Vielleicht kratzen sie sich ja irgendwie wieder 'raus.«
    »Nicht die Carpenters haben meine Aufmerksamkeit erregt, sondern ein anderer Name.«
    Schukow warf einen kurzen Blick auf den Ausdruck. »Sie müssen Dougherty meinen«, sagte er. »Brian Dougherty.«
    Gorow setzte sich auf den anderen Stuhl an dem mit Plexiglas überzogenen, beleuchteten Kartentisch. »Ja. Dougherty.«
    »Ist er mit dem ermordeten amerikanischen Präsidenten verwandt?«
    »Der Neffe.«
    »Ich habe seinen Onkel sehr bewundert«, sagte Schukow. »Aber in dieser Hinsicht halten Sie mich wahrscheinlich für naiv.«
    Gorows Abscheu für Politik und Politiker war seinem Ersten Offizier genau bekannt. Insgeheim mißbilligte Schukow diese Einstellung zwar, aber der Kapitän konnte nicht überzeugend vorgeben, einen Sinneswandel erfahren zu haben, um Schukows Unterstützung für die riskante Operation zu gewinnen, die er durchführen wollte. »Politik hat nur mit Macht zu tun«, sagte er achselzuckend. »Ich bewundere Leistung.«
    »Er war ein Mann des Friedens«, sagte Schukow.
    »Ja, den Frieden wollen sie einem alle verkaufen.«
    Schukow runzelte die Stirn. »Sind Sie nicht der Ansicht, daß er ein großer Mann war?«
    »Ein Wissenschaftler, der ein Heilmittel gegen eine Krankheit entdeckt — das ist ein großer Mann oder eine große Frau. Aber ein Politiker...«
    Schukow gehörte nicht zu denen, die sich nach der Rückkehr des alten Regimes sehnten, hatte jedoch nur wenig Geduld für jene unstabilen Regierungen, die Rußland in den letzten Jahren heimgesucht hatten. Er bewunderte starke Führer. Er brauchte jemanden, der seinem Leben eine Richtung und einen Sinn gab — und letzten Endes waren gute Politiker seine absoluten Helden, egal, welcher Nationalität sie angehörten.
    »Ganz gleich, was ich von dem verstorbenen Präsidenten halte«, sagte Gorow, »ich gestehe ein, daß die Familie Dougherty ihre Tragödie mit Anstand und Tapferkeit bewältigt hat. Sehr würdevoll.«
    Schukow nickte ernst. »Eine bewundernswerte Familie. Sehr traurig.«
    Gorow kam sich vor, als wäre sein Erster Offizier ein kompliziertes Musikinstrument. Er hatte es gerade gestimmt, und jetzt würde er versuchen, eine schwierige Melodie darauf zu spielen. »Der Vater des Jungen ist Senator, nicht wahr?«
    »Ja, und ein sehr angesehener«, sagte Schukow.
    »Auf ihn hat man ebenfalls geschossen, nicht wahr?«
    »Ein weiterer Attentatsversuch.«
    »Was glauben Sie, warum unterstützen die Doughertys das amerikanische System so leidenschaftlich, nach allem, was es ihnen angetan hat?«
    »Sie sind große Patrioten«, antwortete Schukow.
    Gorow fuhr mit der Hand nachdenklich über seinen gepflegten Bart. »Wie schwierig muß es doch für eine Familie sein«, sagte er, »einem Land gegenüber patriotisch zu sein, daß ihre besten Söhne tötet.«
    »Ach, nicht das Land hat sie getötet, Herr Kapitän, sondern eine Handvoll Reaktionäre. Vielleicht sogar die CIA. Aber nicht das amerikanische Volk.«
    Gorow tat so, als dächte er darüber nach. »Wahrscheinlich haben Sie recht«, sagte er dann. »Wie ich gelesen habe, scheinen die Amerikaner den Doughertys einen beträchtlichen Respekt und große Zuneigung entgegenzubringen.«
    »Natürlich. Patriotismus im Unglück ist die einzige Art, die Respekt verdient. Es ist leicht, in Zeiten des Überflusses Patriot zu sein, wenn von niemandem verlangt wird, Opfer zu bringen.«
    Die Melodie, die Gorow auf seinem Ersten Offizier spielen wollte, schritt ohne eine schiefe Note voran, und der Kapitän hätte fast gelächelt. Stattdessen musterte er den Edgeway-Ausdruck lange. »Was für eine Gelegenheit für Rußland«, sagte er dann.
    Wie der Kapitän erwartet hatte, konnte Schukow dem neuen Gedankengang nicht sofort folgen. »Gelegenheit?«
    »Um unseren guten Willen zu zeigen.«
    »Ach?«
    »Und das in einer Zeit, in der Mütterchen Rußland dringender auf den guten Willen anderer angewiesen ist als in irgendeinem anderen Augenblick seiner Geschichte. Wohlwollen führt zu beträchtlicher ausländischer Unterstützung, bevorzugter Behandlung bei

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