Eiszeit
sobald sie sich bewegte. Brian, Fischer und Lin waren zu den anderen Schneemobilen zurückgekehrt, um sich wieder aufzuwärmen. Nachdem Roger den Motor mehrmals hochgefahren hatte, legte er den Gang ein. Das Fahrzeug bewegte sich kaum einen Meter, dann hielt die Kette es fest. Das Motorengeräusch wurde immer höher, und allmählich wurde das Kreischen lauter als der jaulende Wind.
Die Kette war so straff gespannt, daß Harry sich vorstellte, sie würde, wenn man daran rupfte, einen hohen Ton von sich geben, auf den jede Sopranistin neidisch wäre.
Aber die Bombe bewegte sich nicht. Um keinen Zentimeter.
Die Kette schien zu vibrieren. Breskin beschleunigte.
Obwohl er Claude gegenüber gerade das Gegenteil behauptet hatte, befürchtete Harry allmählich, daß die Kette reißen würde.
Der Schlitten fuhr mit voller Kraft.
Mit einem Knall, der so laut wie ein Gewehrschuß war, löste die Kette sich von der Seite des neuen Schachts, in dem sie festgefroren gewesen war, und der Zylinder wurde aus seinem Eisbett gerissen. Das Schneemobil machte einen Satz vorwärts, die Kette blieb straff gespannt, und im Schacht scharrte und schepperte die Bombe nach oben.
Pete Johnson erhob sich und hockte sich dann mit gespreizten Beinen über das Loch. Harry und Jobert gingen zu ihm. Johnson hielt eine Taschenlampe in das schmale, dunkle Loch, spähte kurz hinein und bedeutete Breskin, er solle anhalten. Er ergriff die Kette mit beiden Händen, zog die Röhre mit dem Sprengstoff zuerst halb und dann, mit Harrys Hilfe, vollständig aus dem Schacht. Sie legten sie auf das Eis.
Dieses war der erste Streich. Neun hatten sie noch vor sich.
14:58
Gunvald Larsson goß gerade Dosenmilch in seinen Kaffeebecher, als der Funkspruch von der Militärbasis der Vereinigten Staaten in Thule auf Grönland kam. Er setzte die Milch ab und eilte zum Kurzwellengerät.
»Hier ist Larsson in Edgeway. Ich höre Sie klar und deutlich. Fahren Sie bitte fort.«
Der Offizier in Thule hatte eine durchdringende, einschmeichelnde Stimme, der das Rauschen anscheinend nichts anhaben konnte. »Haben Sie noch etwas von Ihren verlorenen Schäfchen gehört?«
»Nein. Sie haben zu tun. Mrs. Carpenter hat das Funkgerät in der Eishöhle gelassen, während sie aus dem vorübergehenden Lager rettet, was sie kann. Ich erwarte nicht, daß sie sich meldet, außer, ihre Lage ändert sich drastisch.«
»Wie ist das Wetter in Edgeway?«
»Schrecklich.«
»Hier auch. Und es wird noch viel schlimmer werden, bevor es sich dann wieder bessert. Die Windgeschwindigkeit und die Wellenhöhe setzen neue Rekordmarken für den Nordatlantik.«
Gunvald betrachtete das Funkgerät stirnrunzelnd. »Wollen Sie mir damit etwa sagen, daß die UNO-Trawler umkehren?«
»Einer ist bereits umgekehrt.«
»Aber sie sind doch erst vor zwei Stunden nach Norden aufgebrochen!«
»Die Melville ist zehn oder zwölf Jahre älter als die Liberty. Sie könnte einen Sturm von dieser Stärke wahrscheinlich überstehen, hat aber weder die nötigen Pferdestärken noch die Bugkonstruktion, um frontal, mit voller Kraft und gegen den Wind hineinzufahren. Ihr Kapitän hat befürchtet, daß sie auseinanderbricht, wenn er nicht umkehrt.«
»Aber er war doch noch am Rand des Sturms.«
»Sogar dort sind die Bedingungen äußerst schlecht.«
Gunvald wischte mit einer Hand über sein plötzlich feuchtes Gesicht und wischte sie sich dann an den Hosen ab. »Die Liberty fährt weiter?«
»Ja.« Der Amerikaner hielt inne. Im Funkgerät zischte es, als wimmelte es darin vor Schlangen. »Hören Sie, wenn ich Sie wäre, würde ich keine allzu großen Hoffnungen auf sie setzen.«
»Ich habe nichts, worauf ich sie sonst setzen könnte.«
»Mag schon sein. Aber ihr Skipper ist kaum zuversichtlicher als der Kapitän der Melville .«
»Ich nehme an, Sie können noch immer keinen Hubschrauber in die Luft bringen.«
»Auf keinen Fall. Sie werden auch in den nächsten Tagen nicht starten können. Wir sind darüber nicht gerade begeistert, können aber nichts daran ändern.«
Statisches Rauschen aus dem Lautsprecher.
Gunvald sagte nichts.
»Na ja«, sagte der Offizier in Thule schließlich, und seine Stimme klang sehr verlegen, »vielleicht schafft die Liberty es ja.«
Gunvald seufzte. »Ich werden den anderen das mit der Melville nicht sagen. Noch nicht.«
»Das bleibt Ihnen überlassen.«
»Wenn die Liberty ebenfalls umkehrt, muß ich es ihnen sagen. Aber es wäre sinnlos, sie mit dieser Nachricht
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