Eiszeit
Tisch zu Gorow zurückschob.
»Es wird um überhaupt keinen Kopf gehen.«
Der Erste Offizier war alles andere als überzeugt. Im Gegenteil, sein Stirnrunzeln wurde noch stärker.
»Im Ministerium gibt es nicht nur Narren«, sagte Gorow.
Schukow zuckte mit den Achseln.
»Wenn sie die Alternativen abwägen«, sagte Gorow zuversichtlich, »werden sie mir die Erlaubnis geben. Ich bin mir dessen absolut sicher. Rußland hat eindeutig mehr dadurch zu gewinnen, indem es uns auf diese Rettungsmission schickt, als es gewinnen könnte, indem es auf der Fortsetzung einer Überwachungsmission besteht, bei der es sich schließlich nur um die übliche Routine handelt.«
Emil Schukow hatte noch immer seine Zweifel.
Gorow erhob sich von dem Stuhl und schob den Ausdruck in eine schmale Röhre. »Leutnant«, sagte er, »ich möchte, daß die Mannschaft in fünf Minuten in Alarmbereitschaft ist.«
»Ist das notwendig?«
Falls es sich nicht um besonders komplizierte oder gefährliche Manöver handelte, konnte eigentlich auch die normale Wachschicht das U-Boot auf- oder abtauchen.
»Wenn wir schon aus eigener Entscheidung gegen eine Vorschrift des Ministeriums verstoßen, sollten wir zumindest alle erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen ergreifen«, sagte Gorow.
Einen Augenblick lang betrachteten die beiden sich. Jeder versuchte, die Gedanken des jeweils anderen zu lesen, die Zukunft zu sehen. Der Blick des Ersten Offiziers war durchdringender denn je.
Schließlich stand Schukow auf, ohne den Blickkontakt abreißen zu lassen.
Er hat seine Entscheidung getroffen, dachte Gorow. Hoffentlich eine, mit der ich leben kann.
Schukow zögerte ... und salutierte dann. »Jawohl, Herr Kapitän. In fünf Minuten.«
»Wir tauchen auf, sobald wir den Kommunikationsballon eingeholt und vertäut haben.«
»Jawohl, Herr Kapitän.«
Gorow fühlte sich, als würden sich in seinem Inneren hundert schmerzhafte Knoten lösen. Er hatte gewonnen. »Wegtreten«, sagte er.
Schukow verließ den Kontrollraum.
Als Gorow zu dem kreisrunden, von einem Geländer umzogenen Kommandopult ging, dachte er an den kleinen Nikki und wußte, daß er das Richtige getan hatte. Nicht für den Vorteil Rußlands, sondern im Namen seines toten Sohnes; zu Ehren seines verstorbenen Jungen würde er das Leben dieser Gestrandeten retten. Sie durften nicht auf dem Eis sterben. Diesmal hatte er die Macht, dem Tod einen Strich durch die Rechnung zu ziehen, und er war entschlossen, nicht zu versagen.
15:46
Nachdem sie die zweite Sprengladung aus dem Eis gezogen hatten, brachen Roger, Brian, Claude, Lin und Fischer umgehend zum dritten versiegelten Schacht auf.
Harry blieb mit Pete Johnson zurück, der die zweite Ladung noch entschärfen mußte. Sie standen nebeneinander, den Rücken dem kreischenden Wind zugewandt. Der Zylinder lag zu ihren Füßen, eine böse aussehende Röhre: anderthalb Meter lang und sieben Zentimeter im Durchmesser, schwarz mit gelben Buchstaben, die das Wort GEFAHR bildeten. Er war von einer dünnen, durchsichtigen Eishülle umschlossen.
»Du mußt mir keine Gesellschaft leisten«, sagte Pete, als er seine Brille sorgfältig vom Schnee säuberte. Er mußte ungehinderte Sicht haben, wenn er sich bei dem Zündmechanismus an die Arbeit machte.
»Ich dachte, ihr hättet Angst, allein im Dunkeln zu sein«, sagte Harry.
» Wir? Hoffentlich meinst du damit die Ingenieure, weißer Massa.«
Harry lächelte. »Wen denn sonst?« Ein starker Windstoß erfaßte sie von hinten, eine Luftlawine, die sie von den Füßen gerissen hätte, wären sie nicht darauf vorbereitet gewesen. Eine Minute lang neigten sie sich im Sturm, unfähig zu sprechen, nur darauf bedacht, nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
Als die Bö vorbeizog und der Wind auf vielleicht sechzig Stundenkilometer nachließ, beendete Pete die Säuberung seiner Brille und rieb die Hände aneinander, um die Handschuhe von Schnee und Eis zu befreien. »Ich weiß, warum du nicht mit den anderen gegangen bist. Mich kannst du nicht täuschen. Das ist dein Heldenkomplex.«
»Klar. Ich bin ein richtiger Indiana Jones.«
»Du mußt immer dort sein, wo die Gefahr ist.«
»Ja, ich und Madonna.« Harry schüttelte traurig den Kopf. »Tut mir leid, aber du hast das völlig falsch verstanden, Dr. Freud. Ich würde es vorziehen, dort zu sein, wo keine Gefahr ist. Aber mir ist in den Sinn gekommen, daß die Bombe unter deinen Händen explodieren könnte.«
»Und du willst mir dann erste Hilfe
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