Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)
eindeutig: »Du weißt ja, wie du es schaffst, mir zu gefallen, indem du schlank bleibst.« Bei ihr fielen diese Worte auf fruchtbaren Boden, denn sie selbst definierte sich über ihren makellosen Körper und ihr Aussehen. Dennoch litt sie unter dem Perfektionsdruck, den Alexander auf sie und ihr Kind ausübte. Er forderte von allen das Maximum: von dem Sohn Bestnoten, von sich Bestleistungen und von Gundula ein perfektes Frausein. Auf der einen Seite wollte er mit ihrem Aussehen imponieren, wenn sie zusammen ausgingen, auf der anderen Seite verlangte er aber auch, dass sie zum gemeinsamen Familieneinkommen ihren Beitrag leisten sollte. Wenn er sich schon so abrackerte, sollte sie es sich dann zu Hause gemütlich machen?
Im Grunde war er neidisch, denn er fühlte sich überfordert, als Alleinverdiener die Familie zu ernähren. Durch seinen Perfektionismus setzte er sich dermaßen unter Druck, dass er immer verbissener wurde. Jede Freiheit, die sich sein Sohn und seine Frau nahmen, musste er einschränken, weil sie ihm zeigten, wie wenig er selbst davon hatte. Das aber durfte er nicht spüren, denn er musste ja die Verantwortung tragen. Eine tragische Verstrickung, weil Alexander nicht loslassen konnte und zugleich seine Familie immer stärker unter Druck setzte. Gundula ihrerseits glaubte, nur als perfekte Mutter und Ehefrau Anerkennung zu bekommen. Alles, was die Familie betraf, hatte sie in ihrer Kontrolle, was ihren Mann daheim fast entbehrlich machte. Vielleicht wollte er auch aus diesem Grund, dass Gundula wieder arbeiten ging, dann hätten sie wenigstens eine gemeinsame Ebene und ein Thema, über das sie sich austauschen konnten.
Gundula war die Erste in der Familie, die dem Druck nicht mehr standhalten konnte. Sie suchte sich Hilfe in der Therapie, weil sie sich selbst verloren hatte, aber auch die Gemeinsamkeit in der Beziehung zu ihrem Mann vermisste. Auch wenn sie alle seine Ansprüche erfüllte, schön und schlank war und Geld verdiente, wurde ihre Beziehung nicht besser. Sie hatte sogar den Verdacht, dass die Forderungen an sie immer höher wurden, je mehr sie sie erfüllte. Das zerstörte jede intime Nähe zwischen ihnen und am Ende die ganze Familie. Liebe, Verständnis, Unterstützung und Zuneigung hatten keinen Platz in diesem perfekten System. Gundula war die, die offensichtlich darunter litt, ihr Mann dagegen leugnete, Probleme zu haben. Die hatte doch nur sie. Auch der Sohn durfte beim Papa keine Schwächen zeigen und flüchtete sich zur Mutter. Nur bei ihr war Wärme spürbar. Bei seinem Vater fand seine Liebe immer weniger Resonanz.
23. Liebe, die ins Leere läuft
Monika hatte ein ähnliches Problem, auch ihre Liebe wurde nie beantwortet. Im Unterschied zu Gundula hatte sie keinen anspruchsvollen Ehemann, sondern immer wieder wechselnde Beziehungen, unter denen sie litt. Sie hing jahrelang an ihren alten Partnern und quälte sich ständig mit der Frage, warum ihre Beziehungen immer auseinandergingen. Die beste Beziehung war noch ihre erste gewesen, die dauerte drei Jahre, zerbrach dann aber auch. »Was danach kam, wurde immer schlimmer«, klagte sie.
Die Zeiten der Gemeinsamkeit wurden immer kürzer, die Ansprüche an die Partner immer höher, und das Gefühl, unfähig oder nicht liebenswert zu sein, stieg von Trennung zu Trennung. Aber mit jeder Trennung wurde auch die Dringlichkeit größer, dass der nächste Mann der Richtige sein müsse. Dieser Druck verstellte Monika oft die Sicht bei ihrer Wahl, die regelmäßig auf Männer fiel, die sich nicht zu einer festen Partnerschaft eigneten. Entweder waren sie gebunden oder lebten weit weg oder wollten eigentlich nur ein Abenteuer. Doch ohne zu prüfen stürzte sie sich in jede neue Affäre, die nach kurzer Zeit zerplatzte.
Im Lauf der Therapie wird deutlich, dass sie sich zwar sehnsüchtig eine Beziehung wünscht, aber auch ein Nein dagegen spürt. Das irritiert sie sehr.
Wir nehmen zwei Stühle, einen für die Seite Ja zur Beziehung, einen für Nein gegen Beziehung. Monikas Aufgabe besteht darin, die Stühle zuerst aufzustellen und sich dann nacheinander auf beide zu setzen, um zu spüren, wie sich das Ja bzw. das Nein anfühlt.
Sie hat große Probleme, eine Position für ihren Ja-Stuhl zu finden. Da sie sich lange nicht entscheiden kann, wo er stehen soll, beschließt sie, den Stuhl zu tragen. Sie schultert ihn wie einen Rucksack, doch er fühlt sich mit der Zeit wie ein Joch auf ihrem Rücken an. Er wird ihr zu schwer und sie will ihn
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