El Silbador
pfeifenden Deutschen unter einer Decke.«
Pedro erhob sich angstvoll zitternd.
»Ihr irrt, Don Manuel, wenn Ihr glaubt, daß ich den Silbador je vorher im Leben gesehen habe. Er kam zufällig gestern abend hier vorbei. Er ... er ...«
»Halt's Maul, du Lump, ich will nichts hören. Was du weißt, kannst du der Gräfin vom Bock aus erzählen.«
Juan und der andere Knappe sprangen von den Pferden, banden dem wehrlosen Schäfer die Hände auf dem Bauch zusammen und fesselten ihn dann mit einer Lederleine an den Sattelknauf von Juans Pferd. Die Leine war lang genug, um dem taumelnden Schäfer Spielraum zu lassen. Dann jagten die Reiter im Galopp davon und Pedro wurde teils geschleift, teils zum Laufen gezwungen. Immer wieder sauste dabei die Peitsche Juans auf seinen Rücken nieder. Nach einer halben Stunde gelangten sie auf den Schloßhof.
Der Majordomo schrie, bevor er sein Pferd zum Stehen gebracht hatte, nach den Folterknechten. Pedro war fast ohne Besinnung, als man ihn auf den Bock schnallte. Gräfin Marina trat aus dem Schloßportal. Sie hatte ein bezauberndes Lächeln auf den Lippen. Ihr Mann begleitete sie. Sie trat auf den Schäfer zu.
»Ich hörte, du seist ein guter Freund des Silbador?«
»Nein, Vuestra Merced«, jammerte Pedro, »ich hab ihn gestern zum erstenmal gesehen, als er mit einem ausgeweideten Bock aus dem Wald trat und sich ein Feuer machte, um ihn zu braten.«
»Ah«, schrie da der Haushofmeister, »wo hatte er den Bock her?«
»Ich hörte vorher einen Schuß fallen«, berichtete Pedro mit gequälter Stimme.
»Caramba«, brüllte Don Manuel, »so hat der Kerl in den Wäldern des Herrn Grafen gewildert.«
»Warum hast du das nicht gleich gemeldet?« fragte die Gräfin den unglücklichen Pedro.
»Ich... ich... kam... ja gar nicht mehr dazu, Vuestra Merced.«
Marina lächelte ihn in liebenswürdigster Weise an. Ein Ausdruck milder Güte stand in ihren Augen, als sie dann sagte:
»Du wirst mir jetzt helfen, mich ein wenig zu zerstreuen. Wisse, daß du für eine vornehme Dame leidest.«
Plötzlich sprang sie zurück und rief kreischend: »Schlagt zu!«
Da sausten die Peitschen auf den Schäfer nieder. »Schlagt kräftiger«, schrie das rasende Weib.
Pedro heulte auf vor Schmerz. Er bäumte sich hoch. Aber die Stricke hielten fest. Das, was er erdulden mußte, war unmenschlich. Die Knechte schlugen mit roher Kraft zu. Der Geschundene aber war zum Glück bald in eine tiefe Ohnmacht gefallen. Nur hin und wieder ließ er noch ein Stöhnen vernehmen.
Michel wollte sich gerade wieder über das Loch im Boden beugen, als ihn ein entsetzlicher Schrei zusammenzucken ließ. Er horchte auf. Der Laut mußte von draußen gekommen sein. Jetzt schrie ein Mensch in furchtbarster Qual auf.
Michel zog sich an den Stäben seines Fenstergitters empor. Ein entsetzter Aufschrei entfuhr ihm, als er die Prügelszene vor Augen hatte.
Er ließ sich wieder herunter; denn seine Kräfte erlahmten schnell. Plötzlich flüsterte eine Stimme in seinem Rücken: »Erschreckt nicht, Senor.«
Michel fuhr trotz dieser gutgemeinten Mahnung herum. An der Stelle, wo bisher das geheimnisvolle Loch gewesen war, ragte der halbe Oberkörper eines Menschen aus dem Boden. Der Mann, der wie ein Geist aus der Erde herausschaute, legte die Finger auf die Lippen und sagte leise:
»Bitte, Senor, versucht so schnell wie möglich, Eurer Überraschung Herr zu werden. Faßt Euch, damit wir gleich zur Sache kommen können.« »Wer seid Ihr?«
»Ich bin Euer Nachbar, dessen Klopfzeichen Ihr nicht verstanden habt, sonst hättet Ihr den Gang bereits finden müssen. Unten im Loch ist ein Einschnitt. Wenn Ihr Eure Finger da hineingesteckt hättet, so hättet Ihr den großen Quaderstein, den Ihr hier jetzt aufgerichtet seht, mit Leichtigkeit zur Seite bewegen können. Aber freut Euch nicht zu früh. Der Gang hier führt leider nicht in die Freiheit. Er verbindet lediglich vierZellen miteinander. Niemand außer mir und meinem Vater kennt ihn.«
Michel hatte dem Fremden währenddessen ganz aus dem Loch herausgeholfen. Er hatte einen noch jungen Mann vor sich, der allerdings völlig abgezehrt war und einen verwilderten Eindruck machte. Der schwarze Bart, in den sich vereinzelte graue Fäden mischten, reichte ihm fast bis zur Brust. Er hatte keine Schuhe an, und nur ein paar stinkende Lappen hüllten seine Gestalt ein. Jetzt lächelte er.
»Ihr schaut mich so zweifelnd an. Ich weiß, ich mache keinen schönen Eindruck. Aber das ist wohl auch
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