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El Silbador

El Silbador

Titel: El Silbador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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meinte:
    »Wenn du mir bei allem, was dir heilig ist, schwörst, daß du mir hilfst, den richtigen Grafen de Villaverde y Bielsa zu befreien, kriegst du deinen Gaul wieder. Die Waffen muß ich allerdings behalten; denn ich brauche sie.«
    Juan schwor. Das erste Komplott gegen das hochgeborene Gaunerpaar war geschmiedet.
    Die Bauern von Bielsa saßen in der einzigen Taberna des Dorfes beim Wein und würfelten. »Hier«, sagte ein großer, stämmiger Mann, der soeben zum drittenmal zwei Augen zu wenig aus dem Becher geschüttelt hatte, »nimm meine letzten Centesimos. Ich weiß zwar nicht, was ich morgen essen soll; aber es ist immerhin besser, wenn sie in deine Tasche als in die des Grafen wandern.«
    Er warf das Geld auf den Tisch und hieb mit der Faust auf die Platte, daß die Krüge wackelten. »Die Steuern werden unerträglich. Nicht genug, daß wir seit Jahren vier Tage in der Woche für das Schloß umsonst arbeiten müssen, nein, auch die paar Centesimos, die man sich sauer genug verdient, gehen durch die Abgaben noch zum Teufel.«
    Der andere Spieler, der gewonnen hatte, schob dem Stämmigen das Geld wieder zu und meinte: »Behalte es, Ricardo, mich macht es nicht reicher. Für dich aber bedeutet es essen oder nicht essen.« Ein anderer mischte sich ins Gespräch. »Der junge Graf war früher ein so anständiger Kerl. Aber das Weib, das er sich von irgendwoher mitgebracht, hat ihn verdorben. Sie läßt sich mit jeder Post große Kisten aus Paris schicken. Wahrscheinlich sind teure Kleider darin. Und wir müssen sie bezahlen.«
    »Es ist ganz wie ihr sagt, Caballeros«, ließ sich da eine Stimme aus dem Hintergrund vernehmen: »Por Dios, das ist doch einer aus dem Schloß.« Juan trat auf den Tisch zu, an dem die Würfler saßen.
    »Ich war einer aus dem Schloß; aber ich bin weggegangen. Dort oben ist die Hölle los. Vor ein paar Tagen hat das Weib, die Gräfin, den Schäfer Pedro Jorge zu Tode prügeln lassen. Sie haben ihn einfach verscharrt wie eine tote Ratte.«
    Flüche wurden laut. Ausrufe des Zorns entstiegen den rauhen Kehlen.»Und wem dient Ihr jetzt?« fragte Ricardo.
    Juan machte ein geheimnisvolles Gesicht. Dann meinte er:
    »Das kann ich euch nur sagen, wenn ihr mir Stillschweigen versprecht.«
    Die primitiven Bauern sahen sich an. Dann nickte Ricardo.
    Juan beugte sich über den Tisch.
    »Ich diene jetzt einem, von dem ihr alle schon gehört habt«, sagte er mit Betonung. »Es ist--
    El Silbador!«
    Die Bauern fuhren zurück und bekreuzigten sich.
    »Santa Maria, der Teufel ist unter uns!« rief Ricardo erschrocken.
    »Der Teufel wohnt auf dem Schloß. Er geht in Gestalt der Gräfin um. So wenigstens schilderte es mir der Silbador.«

Die Bauern wurden bei aller Furcht neugierig. Und Juan erzählte ihnen wahre Wunderdinge von dem, den sie den Pfeifer nannten. Er verschwieg auch nicht, daß dieser von der Gräfin gefangen worden, dann aber aus einer fest verschlossenen Zelle entkommen war. »Ich sollte ihn verfolgen«, fuhr Juan fort. »Plötzlich lag ich auf dem Boden, und er saß auf meinem Pferd und pfiff seine schauerlichen Melodien. Dann erzählte er mir, warum die Bauern vom Grafen so schlecht behandelt würden, und befahl mir, die Bauern aufzuklären.« Ricardo platzte fast vor Spannung. »Warum sprecht Ihr nicht weiter?« rief er.
    »Gut, Caballeros. Ich will euch mehr erzählen. Aber ihr müßt für euch behalten, was ihr hier hört. Die Gräfin darf nicht vor der Zeit erfahren, was wir von ihr wissen. Wenn ihr natürlich einen guten Freund habt, der seinerseits verschwiegen ist, so könnt ihr getrost das Maul aufmachen.«
    Juan fing seine Sache nicht schlecht an. Michel hätte an dem gerissenen Burschen seine helle Freude gehabt. Morgen würde man das »Geheimnis« im ganzen Gebirge kennen. Die Bauern hörten sich die Geschichte vom falschen Grafen mit offenen Mündern an. Besonders, als ihnen klar wurde, daß die Gräfin mit dem Vetter des gefangenen Grafen ein Verhältnis unterhielt, machte sich ihre Empörung mit lauten Worten Luft. Und diese Empörung der biederen Bauern war das beste Mittel, um auch der Obrigkeit, vor allen Dingen dem Pfarrer und dem Alcalden Nachricht von den Dingen zukommen zu lassen, die sich auf Schloß Villaverde abspielten.
    Als Juan geendet hatte, fand jeder der Zuhörer bald einen wichtigen Grund, um sich zu verabschieden. Juan aber rieb sich vergnügt die Hände. Wenn er das nicht gut gemacht hatte!
    Eine Woche war seit dem Ausbruch Michels vergangen. Die

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