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El Silbador

El Silbador

Titel: El Silbador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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ihn leiden sehen. Ich muß sehen, wie er langsam zugrunde geht, wie die Zelle an seinem Leben und an seiner Widerstandskraft nagt.«
    »Bist du nicht manchmal ein wenig überspannt, Marina?« fragte Fernando. »Du setzt dir Dinge in den Kopf, deren Sinn ich nicht begreifen kann.«
    »Pah«, machte sie geringschätzig. »Was kannst du denn überhaupt begreifen? Hast du dich jemals mit Problemen befaßt, die außerhalb der Welt des Körperlichen liegen?« »Nein, gewiß nicht. Ich weiß auch nicht, welchen Nutzen ich davon haben könnte. Dein Körper zum Beispiel ist klassisch. Ich bin stolz darauf, ihn zu besitzen.«
    »Du wirst langsam zum Trottel«, anwortete Marina bissig. »Als ich um deinetwillen meinen Mann vor zwei Jahren ins Verließ geworfen habe, da warst du für mich das Ideal eines Mannes. Mit der Zeit jedoch wirst du mir langweilig. Deine Bequemlichkeit und die Selbstverständlichkeit, mit der du von allem, was dir nicht gehörte, Besitz ergriffen hast, widern mich an.« Es klopfte.
    Manuel, der Haushofmeister kam.
    »Was gibt es?« fragte die Gräfin ungehalten. »Haben sie ihn gefangen?« Don Manuel strich sich den dunklen Bart und schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich glaube auch nicht, daß sie ihn fangen werden; denn sie haben alle Angst vor ihm. Der Silbador ist nicht irgend jemand.«
    »Lächerlich. Möchte wissen, wie man den Burschen, die in meinen Diensten stehen, ihren verfluchten Aberglauben austreiben kann. Ihr habt doch selbst mit ihm angebunden, wißt also, daß er ein Mensch ist wie jeder andere.«
    »Ich schon«, warf sich der Majordomo in die Brust. »Aber wie soll man den Leuten klarmachen, auf welche Weise der Mann aus dem Gefängnis entkommen ist, ohne daß er dazu die Tür benutzte?«
    »Glaubt Ihr vielleicht auch an dieses Märchen?« »Märchen? Nun, für mich ist das kein Märchen. Ich kenne den Wächter seit Jahren und weiß, wie zuverlässig er ist. Natürlich bin ich genau so fest davon überzeugt, daß sich der Silbador nicht wie ein Geist in Rauch aufgelöst hat. Aber durch die Tür ist er jedenfalls nicht entkommen.«
    Die Reiter waren ausgeschwärmt, um den unwegsamen Gebirgswald zu durchkämmen. Juan, der Lakai des Majordomo, hatte sich langsam in den Gedankenverbissen, die tausend Peseten zu verdienen. Er hielt sich ein wenig abseits von den anderen. Vielleicht hatte er Glück und begegnete dem Pfeifer tatsächlich.
    Er näherte sich auf seiner Suche immer mehr der Hütte, die Pedro noch vor wenigen Tagen als Ruhestätte gedient hatte. Seine Gedanken beschäftigten sich ausschließlich mit den Möglichkeiten, die sich ihm boten, wenn er die tausend Peseten bekäme. So schenkte er seiner Umgebung nicht die notwendige Aufmerksamkeit, was schon im nächsten Augenblick unangenehme Folgen haben sollte.
    Er ritt gerade unter einem höheren Baum dahin, als ihn von hinten jemand ansprang. Ehe er sich's versah, legten sich zwei eiserne Fäuste um seinen Hals und drückten mit würgendem Griff zu. Da half ihm auch nicht die moderne Muskete, die er für die Menschenjagd ausgehändigt bekommen hatte und die nutzlos am Sattelknauf baumelte. Die Sinne schwanden ihm. Als der Silbador merkte, daß Juans Körper unter seinen Händen schlaff wurde, ließ er ihn fahren. Der besinnungslose Lakai fiel in den Sand. Mit einem Satz stand Michel neben ihm, riß ihm den Gürtel mitsamt dem Degen vom Leibe und saß gleich wieder im Sattel. Seine Augen strahlten, als er die Waffe prüfend aus der Scheide zog. Die Klinge war aus gutem Stahl, wenn auch nicht so vorzüglich wie diejenige, die Michel beim Abschied von seinem Vater erhalten hatte.
    Ein-, zweimal durchschnitt der Degen zischend die Luft, um dann wieder in seine Hülle zurückzuwandern.
    Juan stöhnte. Er kam langsam zu sich. Als er endlich die Augen aufschlug, vernahm er das gräßliche Pfeifen des Siegers.
    Einen Schrei ausstoßend, wollte er aufspringen und davonrennen.
    »He«, schrie Michel lachend, »wohin willst du so eilig, amigo? Deine Herrin wird dir wenig Dank wissen, wenn du ohne Pferd und Waffen wiederkommst.« Juan wandte sich dem Sprecher zu. Angst stand in seinen Augen. Er sagte kein Wort. »Bist du stumm, hombre?« fragte Michel. »Hat dir die Feigheit die Sprache verschlagen?« »N ... nei... nein«, stotterte Juan.
    »Na also«, meinte Michel. »Dann setz dich hier eine Weile auf den Boden und hör zu. Ich habe
    dir interessante Neuigkeiten zu erzählen. Doch zuvor beantworte mir einige Fragen. Wenn ich
    mit dir

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