El Silbador
drei Schiffsgewaltigen vor. Man schüttelte sich mit mehr oder weniger Aufrichtigkeit die Hände.
Michel Baum bat um Zuweisung einer Koje, die ihm für die Zeit der Überfahrt als Schlafstätte dienen konnte.
»Wir bekommen noch zwei Gäste, einen Arzt und seinen Gehilfen«, meinte der Kapitän. »Ich habe die Koje neben diesen beiden für Euch freimachen lassen. Hoffentlich seid Ihr mit meinen Anordnungen zufrieden.«
»Oh Capitan«, sagte Michel, »ich stelle keine Ansprüche. Ich danke Euch vielmehr für Eure
Gastfreundschaft. Darf ich mich jetzt zurückziehen?«
Alfonso, dem der Gast plötzlich recht gut zu gefallen schien, begleitete ihn.
»Was haltet Ihr von dem Burschen, Capitan?« fragte der Erste Offizier.
Der Kapitän wiegte bedenklich den Kopf.
»Ich will Euch ehrlich sagen, daß ich einen Augenblick lang dachte, er sei ein Spion des Königs.
Vielleicht soll er erkunden, ob wir bei unseren Geschäften mit Washington Sondergewinne
erzielen. Es wäre doch immerhin möglich, meint Ihr nicht, Don Escamillo?«
»Wollt Ihr ihn tatsächlich bis an die Küste mitnehmen?«
»Was können wir sonst tun? Er hat ja seine Passage reichlich bezahlt.«
»Wie wäre es, wenn wir ihn auf einer der Antillen aussetzten? Vielleicht gewöhnt er sich an das Piratenleben. Und ich sagte ja bereits vorhin, daß wir solche Burschen brauchen können.« »Hm — und wenn es ihm nun keinen Spaß macht, was dann?« Der Erste Offizier lehnte sich weit über die Reling zurück.
»Dann, Capitan--nun, das Meer ist tief und schweigt.«
»Hm.«
Michel Baum lag lang ausgestreckt auf seiner Hängematte und hielt die Augen geschlossen. Unter sich auf den Boden hatte er das Lederbündel mit seinen kostbaren Waffen gelegt, so daß es jederzeit griffbereit war. Er erwachte erst, als er in der Nachbarkoje gedämpfte Stimmen vernahm. Mit einem Satz war er aus der Hängematte. Erwartungsvoll preßte er sein Ohr an die dünne Trennwand. Er vernahm Garcias Stimme. Dann trat er an das Windauge und überzeugte sich davon, daß das Schiff bereits die Anker gelichtet hatte. Die beiden waren ihm also sicher. Dennoch fiel es ihm schwer auf die Seele, daß er so gar keine Handhabe besaß, die Gauner dingfest zu machen; denn der Kapitän würde ihn wahrscheinlich auslachen, wenn er eine solche Zumutung an ihn stellte. Die Situation war verzwickt.
Sollte man die Vergangenheit ruhen lassen? Sollte man eine solche Teufelin wieder auf anständige Menschen loslassen?
In Amerika hatten sie sicherlich anderes zu tun, als sich um eine entlaufene Gräfin zu kümmern.
Es war nicht einfach, sich einen Plan zurechtzulegen. Ganz in Gedanken begann Michel zu pfeifen. Laut und durchdringend wirbelten die Passagen durch das Schiff.
Marina ließ sich ermüdet auf einen Strohsack sinken, als das Schiff unter Wind ging.
»Gracias de Dios«, seufzte sie erleichtert, »jetzt haben wir es geschafft, Pablo. Endlich sind die Gefahren zu Ende.«
Garcia grinste grämlich.
»Zu Ende sind sie erst, wenn wir heil und gesund wieder festen Boden unter den Füßen haben.
Ich traue diesen seefahrenden Gaunern nicht weiter, als ich sie sehe.«
»Oh, wenn je etwas dazwischen kommen sollte, so werde ich mein Geheimnis dem Ersten Offizier offenbaren. Wenn ich wieder lächeln darf, wie ich es gewohnt bin, so macht Euch keine Sorge um unsere Überfahrt. Der caballero wird mir aus der Hand fressen.«
»Hoffentlich beißt er sie nicht gleich ab«, spottete der Doktor.
»Ihr seht Gespenster. Neuen Gefahren kann man mit Ruhe entgegenblicken, weil man sie bei einiger Aufmerksamkeit kommen sehen muß. Und den drohenden Hinterhalten, die man uns auf dem Lande hätte stellen können, sind wir ja glücklich entgangen. Der Alcalde von Bielsa mag uns suchen, wo er will. Und ich sagte Euch ja bereits, daß ich sogar die brennende Hoffnung habe, diesen Esteban vor mir im Staub zu sehen.«
»Ich werde nicht recht klug aus dem, was in Euch vorgeht, Verehrteste. Weshalb haßt Ihr Euern
Gemahl mit solcher Wut, wo er Euch doch eigenhändig freigelassen hat?«
»Gerade deshalb. Sein Mitleid und seine Liebe sind mir unerträglich. Fast wäre mir seine Großzügigkeit zu Herzen gegangen. Diesen einen Augenblick, in dem er mir zum letztenmal mit rührseliger Liebe in die Augen blickte, diesen Moment soll er mir büßen. Der Silbador war dagegen ein ganz anderer Kerl. Zuerst nannte er mich gar Madonna. Später aber hätte er mich dem Alcalden mit grausamer Selbstverständlichkeit ans Messer
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