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El Silbador

El Silbador

Titel: El Silbador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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wußte, daß dieser auf die Dauer nicht standhalten würde. Er steckte den Taler wieder ein griff nach seinem Weinhumpen. »Dann segelt allein, Capitan; ich brauche mein Pferd in Amerika. Ich will zu Washington. Soviel Geld, um mir drüben ein neues zu kaufen, habe ich nicht. Dreihundert Taler sind meine ganze Barschaft.«
    Das entsprach nicht ganz der Wahrheit; aber Michel dachte, daß Vorsicht bei diesem geldgierigen Kapitän jedenfalls angebracht sei.
    »Bueno, Senor, dannn gebt die Goldstücke her und kommt übermorgen zum Hafen. Mein Schiff ist die »Trueno«.«
    »Also der »Donner«?« lachte Michel, »ein seltsamer Name für ein frommes Kaufmannnsschiff. No, Capitan, ich muß Euch enttäuschen. Ich werde Euch die Taler geben, wenn ich mitsamt meinem Gaul außerhalb des Hafens bin. Sonst donnert die »Trueno« davon, und ich bin meine Taler los und mache eine lange Nase.
    »Demonio«, fluchte der Kapitän. »Traut Ihr mir nicht? Das ist eine Beleidigung, Senor!« »Valgame Dios, Capitan. Manchmal muß man eben etwas mißtrauisch sein, und sicherlich werdet Ihr Euch, wenn Ihr ein wenig nachdenkt, meiner Meinung anschließen, zumal Euer Schiff nicht übermorgen, sondern bereits morgen abend vor Einbruch der Dunkelheit in See sticht. Versteht Ihr mich nun?«
    Der Kapitän schien sich plötzlich auf die Taler zu besinnen. Er kratzte sich am Kopf und lachte schallend auf.
    »Ihr seid ein kluger Bursche, amigo. Ich habe schlaue companeros gern. Also gut, kommt dann morgen an Bord und bringt Eure verdammte Mähre mit. Vergeßt vor allen Dingen nicht die Taler. Buenas noches, Senor. Und seid pünktlich.«
    Die Besatzung der »Trueno« bestand durchweg aus Leuten, deren Galgenvogelgesichter mit den Visagen der Bewohner einer jeden Verbrecherkolonie erfolgreich wetteifern konnten. Die Burschen wurden anzüglich und machten freche Witze, als Michel Baum am frühen Nachmittag sein Pferd über die Landungsbrücke auf das Schiff trieb.Kapitän, Steuermann und zwei Offiziere standen auf dem Kastell und sahen belustigt dem seltenen Schauspiel zu. Michel mühte sich recht und schlecht, sein Pferd an Bord zu bekommen. Das Tier scheute jedoch bei jedem Ansatz. »Hola, Senor«, rief der Kapitän, »habe ich Euch nicht gleich gesagt, Ihr solltet das störrische Vieh lieber zu Hause lassen? Wenn Ihr nicht bald mit ihm fertig werdet, so steht es noch nicht an Deck, wenn wir auslaufen.«
    Aber Michel kümmerte sich nicht um das Gelächter der Leute, das diesen Worten folgte. Es mochte wohl eine Viertelstunde vergangen sein, als der Hengst endlich einigermaßen sicher über die Planken ging bis dorthin, wo man durch ein paar Latten einen Verschlag für ihn abgeteilt hatte.
    Der Zweite Offizier kam johlend die Treppe der Kommandobrücke heruntergelaufen und grinste Michel mit einem unverschämten Gesichtsausdruck an.
    »Kannst du denn das Vieh wenigstens bändigen, wenn du darauf sitzt?« fragte er spottend. »Soll ich es dir vormachen, pequeno?«
    Pequeno bedeutet »Kleiner«. Und Alfonso Jardin war zu allem Unglück wirklich etwas klein geraten, zum heimlichen Spott seiner Untergebenen und zum offenen Hohn Gleichgestellter oder Höherer.
    Jetzt starrte er Michel Baum verdutzt an. Dann brüllte er:
    »Bist du verrückt, hombre, mich »du« und »pequeno« zu nennen? Muß ich dich erst lehren, wie man einem caballero gegenübertritt? Ich bin der Zweite Offizier dieses Schiffes, verstanden?« Michel nickte gemütlich.
    »Daran hege ich keinen Zweifel, pequeno. Dann hau also ab und sieh zu, daß du deinen Dienst versiehst, anstatt hier herumzustehen.«
    Jetzt schwoll dem an seiner seelischen Achillesferse Getroffenen der Kamm.
    »Warte, tramposo, das werde ich dir heimzahlen. Hier, koste meine Klinge!«
    Damit zog er blank und drang auf den waffenlos dastehenden Michel ein.
    »Willst du deinen Mut dadurch beweisen, daß du mich ohne Gelegenheit zur Gegenwehr abstichst wie einen Köter, pequeno?« fragte Michel so laut, daß es alle Umstehenden hören konnten. »Das nenn ich eine weite Seele haben. Fürwahr, da hätte ich meine Taler sparen können.«
    Alfonso Jardin hielt im Stoß inne. Kein Pirat und kein Korsar zwischen der Biskaya und der Caribischen See hätte es ihm verziehen, wenn er einem waffenlosen Beleidiger einfach die Klinge in den Leib rannte.
    »Beschaff dir einen Degen, du Großmaul. Und dann stell dich. Ich werde deine verdammte Zunge für immer zum Schweigen bringen.« Michel lächelte ihm gewinnend zu.
    »Wenn hier von

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