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El Silbador

El Silbador

Titel: El Silbador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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gepackt, als dem Kleinen keine Erwiderung auf seine Behauptung eingefallen war und er sich schnurstracks aus dem Staube machte. Punte glaubte nichts anderes, als daß er den Doktor holen würde, damit dieser sie alle in seinen Bann zwang.
    Dies war den abergläubischen Seeleuten Wasser auf die Mühle. So weit wollten sie es nicht erst kommen lassen. Sie alle wußten ja ohnedies vom Arztgehilfen, daß Michel Baum, der Silbador, unheimliche Kräfte besaß. Im Augenblick aber war er nicht zu sehen. So hielten sie den Moment für günstig, um mit dem Kapitän zu reden.
    »Wie könnt ihr es wagen, ihr Lumpen, ohne meinen Befehl abzuwarten, eure Posten zu verlassen! Was wollt ihr?« schrie der Kapitän die unter dem Kastell Versammelten an. Da schrie einer aus der Menge. Es war Guillermo.
    »Gebt uns die Gefangenen heraus! Es ist unser Recht. Sie haben auf uns geschossen. Deshalb gehören sie uns!«
    »Halt's Maul, du verdammter Hundesohn«, rief der Kapitän zurück. »Auf diesem Schiff befehle ich und sonst niemand. Knüpft den Meuterer an der höchsten Rahe auf!« Niemand rührte sich. Ein Murmeln hob an. Dann rief ein anderer:
    »Seht ihr, companeros, er hat ihn verhext! Der Capitan will seine eigenen Leute aufhängen lassen, nur weil sie ihr Korsarenrecht fordern.«
    »Ja, er hat ihn verhext«, murmelte es in dumpfem Chor. »Er hat auch den Steuermann und die Offiziere verhext. Santa Maria, wir müssen uns in acht nehmen, daß uns die Besessenen nicht verderben. Wir werden
    auf eine Klippe auflaufen, wenn der Satan an Bord ist. Wir werden untergehen--«
    »Ihr seid des Teufels«, brüllte der Kapitän mit Donnerstimme in den Aufruhr. »Beruhigt euch — — geht auf eure Plätze!«
    »Nein, ihr habt recht, ihr Männer! Jener Silbador hat all unsere Offiziere in seinen Bann geschlagen. Auch ich war bisher verzaubert. Seht her, ich bin euer Medico. Erkennt ihr mich wieder?«
    Die Leute drehten sich erschrocken um. Sie wollten ihren Augen nicht trauen. Hinter ihnen, auf einer leeren Teertonne stand eine wunderschöne Frau, die in ein weißes Gewand gehüllt war, und hielt die Arme wie betend zum Himmel erhoben.
    »Ich danke dir, Gott, daß du mich aus den Klauen dieses Zauberers befreit hast! Ich danke dir, daß du mich wieder hast werden lassen, was ich war. Korsaren«, rief sie den sprachlosen Zuschauern zu, »ich kenne den Doktor. Er war ein berüchtigter Zauberer in den spanischen Pyrenäen. Von jetzt an vermag nur ich allein es, ihn zu bändigen, da ich das Pulver gefunden habe, das ihm übernatürliche Kräfte verleiht. Seht her! Hier ist es!« Sie hielt eine kleine blaue Dose hoch, in der sie bisher ihre Perlen aufbewahrt hatte. »Wenn er dieses Pulver, das ihm der Teufel verschrieben hat, nicht mehr einnehmen kann, so ist er genauso ein Mensch wie wir.« Ein tosendes Gebrüll erfolgte. Die Seeleute warfen ihre Mützen in die Luft und ließen die »Entzauberte« hochleben.
    Mit einer energischen Handbewegung verschaffte sie sich Ruhe.
    »Ihr seht, nur ich kann euch retten, wenn ihr mirvertraut. Ich schlage vor, daß wir den Kapitän und den Ersten Offizier fesseln und sie nicht eher wieder freilassen, als bis wir an Land sind. Der Steuermann und der Zweite Offizier sind dem Bann noch nicht verfallen, da sie zu klug waren, um dem Pfeifer zu nahe zu kommen. Überdies haßt ihn der Zweite Offizier, da ihm der Zauberer die rechte Hand abgeschlagen hat.«
    Welch ein gerissenes Frauenzimmer, dachte der Kapitän. Wie klug sie es anstellte, die beiden Männer, die ihm hätten helfen können, als eigene Gegner auszuschalten und zudem Leute zu haben, die ein Schiff auch ohne Kapitän oder besser gesagt unter einer unkundigen Kapitänin zu leiten verstanden. Das Weib hatte die Mannschaft auf seiner Seite und damit Gewalt über das ganze Schiff.
    Senor Jardin versuchte, die Situation zu retten. Berstend vor Wut schrie er mit hochrotem Kopf: »Werft sie ins Wasser! Sie lügt das Blaue vom Himmel herunter. Wenn ihr nicht augenblicklich gehorcht, so lasse ich euch alle hängen!«
    Drohendes Murmeln erhob sich, die ersten hatten bereits die untersten Stufen, die zum Kastell führten, bestiegen.
    »Ojo!« schrie der Kapitän, »Deste! — Deste und Ojo! Warum sagt ihr nichts? Weshalb verteidigt ihr mich nicht? Ihr wißt, daß das Frauenzimmer lügt. Schlagt sie tot!«
    Die beiden Gerufenen aber drängten sich zitternd gegen den Mast. Sie hatten die Lage besser erfaßt als ihr Kapitän. Nunmehr mußten sie damit rechnen, daß man

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