El Silbador
Por Dios, erkennt ihr mich denn nicht? Ich bin euer Doktor! Demonio, wollt ihr wohl die Piken wegnehmen?« fragte er zornig, als die beiden keine Anstalten machten, ihn durchzulassen.
In diesem Augenblick kamen drei Gestalten den Gang entlang. Es waren Escamillo de Fuentes, der den Stumpf des rechten Arms in der Binde trug, der Steuermann Pedro Virgen und — Michel traute seinen Augen nicht — Marina, die ein kostbares andalusisches Gewand trug. Die beiden Posten nahmen respektvolle Haltung an. Michel wollte mit Gewalt die gekreuzten Piken durchbrechen. Da drang ein teuflisches Lachen an sein Ohr. Marina hatte es ausgestoßen.
»Hola, Silbador«, meinte sie jetzt, »Euch scheint sicher die Veränderung, die die letzten zwei Stunden auf diesem Schiff mit sich brachten, entgangen zu sein. Euer Zauber wirkt nicht mehr.
Hier habe ich die Dose mit Euerm Pulver. Ergebt Euch. Eure Rolle ist ausgespielt!«
Michel starrte sie verständnislos an. Was sagte das irrsinnige Weib da von Zauber? Was hatte es für eine Bewandtnis mit der Dose, die sie in der Hand hielt? Michel verstand überhaupt nichts mehr. War sie plötzlich wahnsinnig geworden?
»Ich möchte zum Capitan!« rief er, nachdem er sich gefaßt hatte.
»Diesen Wunsch kann ich Euch erfüllen. Adelante! Hablad! Ihr steht vor ihm.«
»Ich sehe ihn nicht. — Que diablo! Wo ist Senor Porquez?«
»Ach so«, spielte Marina die Erstaunte, »Ihr könnt ja noch nicht wissen, daß ich jetzt der Capitan dieses ehrenwerten Freibeuterschiffes bin, auf dem man Gefangene so behandelt, wie es die Freibeutergesetze vorschreiben.«
»Senor Virgen«, rief Michel, »spielt Ihr mir ein Theaterstück vor? Weshalb verhaftet Ihr nicht dieses verrückte Frauenzimmer? Warum bringt Ihr sie nicht zum Capitan? Sie wird das ganze Schiff durcheinanderwirbeln mit ihren Hirngespinsten.«
Pedro Virgen räusperte sich, sah aber, ohne zu antworten, zu Boden.
»Ich glaube, ich habe diesem tollen Pfeifer eine Aufklärung zu geben, wenn Ihr erlaubt, Senorita«, wandte sich Don Escamillo jetzt mit einer eleganten Verbeugung an Marina.
»Sprecht, Senor de Fuentes. Er ist zwar ein böser Magier, aber hellsehen scheint er nicht zu können.«
»Du mußt wissen, Silbador, daß wir das Schiff von deinem Bann befreit haben«, begann Escamillo gemessen, wobei jedoch teuflischer Hohn aus seinen Augen sprach. »Senor Porquez ist nicht mehr der Capitan der »Trueno«. Die Mannschaft hat es für richtig gehalten, ihr Schicksal der mächtigen Marina Gräfin de Andalusia anzuvertrauen, die die Kraft hatte, uns alle von deinem Zauber zu befreien. Senor Porquez und der Zweite Offizier, dein Freund Alfonso Jardin, mußten in Schutzhaft genommen werden, da diese beiden von deinem Bann nicht befreit werden konnten. Wir werden sie und dich dem Freibeutergericht in Codrington übergeben. Wir laufen noch heute in den Hafen ein. Bis dahin müssen wir dich leider binden.« Er gab den Wachen einen Wink. Die beiden Pikeniere stürzten sich auf Michel. Ein Kampf entspann sich auf Leben und Tod.
Als Marina sah, daß die zwei Leute nicht genügten, rief sie nach Verstärkung. Der Übermacht erlag Michel und mußte sich in sein Schicksal ergeben.
In diesem Augenblick fiel der Blick Marinas auf Rudolf von Eberstein, der wie gebannt auf seinem Platz hinter Michel gestanden hatte und angstvoll der sich vor seinen Augen entwickelnden Szene zuschaute.»Que quieres? Quien es? — Was willst du? Wer bist du?« schnauzte sie ihn an.
Eberstein fuhr sich ängstlich an seinen Kavalierschnurrbart auf der Oberlippe. Sie hatte ihn etwas gefragt, auf spanisch. Er aber verstand nicht ein spanisches Wort und blickte sie nur verständnislos an.
»Quien es?« wiederholte sie wütend und trat drohend näher. Eberstein zuckte die Schultern. Das aber erschien ihr als der Ausdruck gewellter Gleichgültigkeit und Nichtachtung. Sie holte aus und schlug dem erschrockenen Rittmeister ihre Hand ins Gesicht.
»Tramposo«, zischte sie. »Ich werde dich lehren, einer Dame zu antworten.«
»Weshalb schlagt Ihr diesen Mann, Marina?« fragte Michel, der jetzt gefesselt neben ihr stand.
»Warum antwortet der Hund nicht, wenn ich ihn etwas frage?«
Michel schüttelte den Kopf. Seine alte Überlegenheit war schon zurückgekehrt.
»Wie kann jemand Antwort geben auf eine Frage, die er nicht versteht! Ihr seid doch manchmal
überklug, Marina.«
Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu und wandte sich abermals an Eberstein. »Who are you?« fragte
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