El Silbador
sie auf englisch.
Diese Sprache kannte Eberstein. Sie klang ihm vertraut in den Ohren; denn er hatte mehrere Wochen in England gelegen, bevor die Überfahrt begann. Er suchte seine wenigen englischen Brocken zusammen und stotterte:
»I — Count Eberstein — I — Rittmeister — Captain — of — German — soldiers — da unten!« Er wies die Treppe hinunter, die er vor einigen Minuten mit Michel zusammen heraufgekommen war.
»You are a count? Du bist ein Graf?« fragte Marina lachend. »Yes — Madam — German count.«
»Bueno«, wandte sich Marina an ihre Leute, »schafft diesen komischen Grafen in den Karzer. Wir können ihn mit dem Silbador zusammensperren. Sie scheinen ja Freunde zu sein.« Escamillo machte ein bedenkliches Gesicht.
»Verzeiht, Senorita, wenn ich anderer Meinung bin. Wir sollten den deutschen Capitan wieder zu seinen Landsleuten stecken — damit wir sie nachher alle zusammenhaben. Ihr versteht doch? Die Leute warten geradezu darauf, ihnen den Garaus zu machen. Warum diesen schonen?« Marina zog die Brauen hoch.
»Ihr seid unklug, Don Escamillo. Wir werden doch einen Grafen nicht umbringen. Ich bin überzeugt davon, daß seine Angehörigen ein gutes Lösegeld für ihn zahlen werden.« Escamillos Miene heiterte sich auf.
»Ah — Ihr habt recht, Senorita, das verändert natürlich die Sachlage vollkommen.« »Que diablos!« schrie Michel die drei an. »Wollt ihr vielleicht die ganze Kompanie ermorden? — Ihr dürft sie nicht umbringen, Gräfin — seid doch einmal ein Mensch!« Marina kümmerte sich nicht mehr um ihn.
»Bringt die beiden weg«, befahl sie den Wachen. »Adios amado mio«, winkte sie Michel spöttisch nach.
»Ich hätte nie für möglich gehalten, daß Frauen so klug sein können, Senorita«, versuchte Escamillo ihrerEitelkeit zu schmeicheln. »Die Genialität, mit der Ihr das Schiff in Eure Hände gebracht habt, ringt mir höchste Bewunderung ab.«
»Pah«, lächelte Marina, »wartet noch ein Weilchen. Dann werdet Ihr mich richtig kennenlernen. Eins möchte ich Euch gleich hier an Ort und Stelle sagen — auch Euch, Senor Virgen«, bemerkte sie zu dem Steuermann hin, »ich dulde keinen Widerspruch, auch nicht von Seiten meiner Offiziere. Was ich mir erobert habe, das lasse ich mir so leicht nicht wieder abjagen. Merkt Euch das, Senores, und spinnt keine Hintergedanken in meinem Rücken, sonst hängt Ihr noch eher als die Alemanes da unten im Kielraum. Ihr könnt jetzt gehen. Ich brauche Euch nicht mehr.«
Escamillo machte ein langes Gesicht. Er hatte bereits gute Zeiten für sich selbst kommen sehen.
»Valgame Dios«, meinte er zu Virgen, als sich die Gräfin entfernt hatte. »Da scheinen wir uns ja was Schönes aufgehängt zu haben. Ich denke nicht daran, mir auf die Dauer von einem raffinierten Frauenzimmer Befehle erteilen zu lassen.«
Pedro Virgen drückte ängstlich den Zeigefinger auf die Lippen.
»Nicht so laut, Escamillo, bedenkt, wenn man Euch hört!«
Escamillo dämpfte seine Stimme zum Flüsterton.
»Sobald wir an Land sind, suchen wir das Freibeutergericht auf. Wir müssen es erreichen, daß Porquez sein Schiff wiederbekommt, unter der Bedingung, daß er den Doktor und Jardin nicht mehr aufnimmt. Das Weib muß so bald wie möglich in der Versenkung verschwinden. So eine verfluchte Hexe! Möchte wissen, wie sie an Bord kommen konnte.«
»Kann mir denken, daß sie dem Alten eine reiche Entlohnung für die Passage gegeben hat. Wahrscheinlich ist sie so ein Früchtchen, das sich auf der Iberia nicht mehr sehen lassen darf. Möchte darauf schwören, daß der Doktor lediglich auf das Schiff gekommen ist, um sie zu beobachten. — Was denkt Ihr, Escamillo, wer den Garcia umgebracht hat?«
»Sie natürlich, wer sonst? Aber was geht das uns an?«
»Nichts, gar nichts«, beeilte sich Virgen zuzustimmen.
Marina ging in die Kombüse.
»Gebt Wein an die Leute aus, Koch, und sorgt dafür, daß die Rationen von jetzt ab erhöht werden. Wenn die Schiffskasse nicht ausreicht, so schieße ich das Geld aus meiner Tasche zu.« Der Koch, ein alter Gauner, aber ein Meister in seinem Fach, machte eine tiefe Verbeugung. »Naturalmente, Senorita Capitan, maravilloso! Ich werde den Männern sagen, wie gut es ist, wenn man einen Capitan hat, der auch etwas von den Genüssen des Lucullus versteht.« »Oh«, meinte Marina, »Ihr braucht den Leuten nicht zu sagen, daß ich diese Anweisung gegeben habe, sonst glauben sie, ich will mich bei ihnen einschmeicheln. Das habe
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