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El Silbador

El Silbador

Titel: El Silbador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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auch sie für verhext hielt.
    Die Wirkung der Worte zeigte sich auch sofort. Beide Männer waren im Nu überwältigt und
    gebunden.
    Immer bedrohlicher wurde die Stimmung. Da verlor Jardin die Nerven, riß den Degen aus der Scheide und stürzte sich in ohnmächtiger Wut auf den ersten, der die Plattform des Kastells erreichte. Mit einem einzigen Stich durchbohrte er ihn. Der Tote sank in die Arme seiner nachdrückenden Kameraden.
    »Greift sie! — Greift sie!« schrie die Gräfin mit lauter Stimme, in der irrsinniges Triumphgeheul mitschwang. »Sonst töten sie euch alle!«
    Der Kapitän verzichtete auf Gegenwehr und ließ sich binden. Auch Jardin wurde nüchtern, als er begriff, daß hier jede Verteidigung fehl am Platze war.
    Die im Kielraum eingeschlossenen Hessen waren der Ereignisse über ihren Köpfen nicht gewahr geworden. Auch Michel hatte keine Ahnung von dem, was sich da oben abspielte. »Hört zu, Eberstein«, meinte er, während er die oberflächliche Armwunde seines Patienten kunstgerecht bandagierte. »Ich wüßte gern etwas über das Wohlergehen meines Vaters und das der Familie Eck.«
    Der Offizier zögerte mit der Antwort. Es war ihm sichtlich unangenehm, so eindringlich an die Vergangenheit erinnert zu werden.
    »Nun, Herr von Eberstein«, ermunterte ihn Michel, »eine Liebe ist der anderen wert. Ich verbinde Euch, damit Eure Wunden so bald wie möglich heilen, und Ihr steht mir Rede und Antwort. Das kann doch gar nicht so schwer sein.«
    »Natürlich — äh — natürlich, habt selbstverständlich recht, Herr Doktor. Nur — äh — die Familie Eck, das heißt, in erster Linie Fräulein Charlotte, hat bald nach Eurer Desertion — äh — wollte sagen, nach Euerm Weggang den Verkehr mit meinem Vater abgebrochen. Aus den Geschäften ist nichts geworden. Ja, das ist eigentlich alles, was ich von der Sache weiß. Nehme aber mit Bestimmtheit an, daß Fräulein Charlotte Euch nach wie vor — äh — sagen wir, schätzt. Und Euer Herr Vater? Nun, denke nicht, daß unser allergnädigster Landesherr an Euerm alten Herrn Vergeltung übte — äh — nein, keinesfalls. Dessen bin ich sicher.« Michel jubelte innerlich. Stets hatte er gefürchtet, daß Charlotte ihn binnen kurzem vergessen haben könnte. Allzu lange war er ja auch noch nicht fort. Es war erst ein dreiviertel Jahr her, daß er sein abenteuerliches Leben begonnen hatte.
    »Ich freue mich über diese Nachricht, Herr von Eberstein. Ich bin dem Schicksal geradezu dankbar, daß wir ausgerechnet auf die britische Fregatte »Quebec« stoßen mußten. Jedes Ding hat seine zwei Seiten. So, wir sind jetzt fertig mit dem Verband. Ich glaube, es wird am besten sein, Ihr begleitet mich jetzt zum Kapitän. Da Ihr der Führer der Soldaten seid, wäre es sicher nützlich, wenn Ihr selbst mit Senor Porquez über die Verbesserung der Lage Eurer Leute verhandeln würdet. Ich selbst werde mein möglichstes für meine Landsleute tun. Fühlt Ihr Euch noch schwach?«
    »Kann man eigentlich nicht sagen. Möchte vielmehr behaupten, daß es mir ausgesprochen gut geht. Bin an sich nicht böse, daß wir alle dem amerikanischen Kriegsschauplatz auf diese Weise entronnen sind. Nur, möchte nicht verschweigen, daß ich gewisse Sorgen wegen dieser verdammten Piraten hege — äh — ich meine natürlich nicht Euch damit, lieber Doktor!« Michel lachte.
    »Macht Euch keine Sorgen, Herr von Eberstein, ich habe beim Kapitän schon einigen Einfluß. Und gar so schlimm, wie Ihr Euch das vorstellt, sind diese Korsaren nicht. Man kann sie eigentlich gar nicht zu der Kategorie der üblichen Seeräuber zählen. Sie fahren für Washington auf eigene Rechnung und machen gute Geschäfte mit den Aufständischen. Es war Pech, daß ihnen gerade Ihre Fregatte in die Quere kam. Man hatte nicht einmal die Absicht, Euch anzugreifen, bis Euer Schiff dann das Feuer eröffnete. Na, Ihr habt inzwischen sicher wahrgenommen, wie gut unsere Kanoniere zielen können. Kommt jetzt, hier, diese Treppe hinauf. Gehen wir zu Kapitän Porquez.«
    Michel stieg voran. Der Rittmeister folgte ihm auf dem Fuße. Als sie am Ausstieg anlangten und ins Zwischendeck treten wollten, kreuzten sich vor ihnen zwei Hellebarden.
    Der Silbador blieb erstaunt stehen. Dann fuhr er die Männer an: »Weshalb laßt ihr mich nicht durch, hombres?«
    »Befehl vom Capitan«, antwortete der eine unsicher, wobei er den Pfeifer mit scheuen Blicken streifte.
    »Nun, dieser Befehl gilt doch wohl sicherlich nur für die Gefangenen.

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