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El Silbador

El Silbador

Titel: El Silbador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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sollte mein Zauber gar so stark sein, daß Ihr mich nicht mehr zu erkennen vermögt?«
    »Bueno, und was gedenkt Ihr nun zu tun?«
    »Euch zu zwingen, mich gehen zu lassen, mich und alle, die Ihr gefangen habt.« »Ihr müßt verrückt sein. Ihr werdet mich nicht zwingen können.« Michel ging gemütlich hinüber zu einer in der Ecke stehenden Truhe, nahm dort einen Gegenstand an sich und hielt ihn in die Luft.
    »So, das wäre Nummer eins. Und wenn mich nicht alles täuscht, dann liegen dort drüben in der grauen Lederdecke meine Waffen noch genauso gut verpackt, wie ich sie in meiner Koje zurückgelassen habe.«
    Marina erbleichte. Dann aber lachte sie schallend auf. »Wollt Ihr vielleicht allein gegen das ganze Schiff kämpfen?«
    Michel hatte inzwischen die Waffen an sich gebracht. Der Degen seines Vaters hing an seiner Hüfte, und das Gewehr über seiner Schulter.
    »Hört zu, Marina«, sagte er ernst, »ich werde froh sein, wenn ich mit meinen Freunden glücklich auf der britischen Fregatte bin, die Ihr noch immer im Schlepp habt. Wenn Ihr mich heimlich gehen laßt, nachdem ichebenso heimlich die Gefangenen befreit habe, so sind wir für diesmal quitt.«
    »Ich denke nicht daran. Trotz Eurer Waffen seid Ihr nach wie vor in meiner Hand.« »Ihr irrt Euch, Gräfin. Seht her! Hier habe ich Eure Schmuckdose, von der Ihr allen Leuten gegenüber behauptet habt, daß sie ein Zauberpulver enthalte. Über der Schulter hängt mein »Zaubergewehr«, und meinen nie fehlenden Degen habe ich auch an der Seite. Begreift Ihr, was das heißt? Die Mannschaft ist in den letzten paar Stunden nicht weniger abergläubisch geworden.«
    Marina erkannte plötzlich die furchtbare Gefahr, in der sie schwebte.
    »Ihr vergaßt, daß die Fregatte vollkommen abgetakelt ist. Ihr würdet also in Euern eigenen Untergang segeln, wenn ich Euch den Gefallen täte, Euch laufen zu lassen.«
    »Bueno, Marina, lieber mit einem halbzerbrochenen Schiff in den Untergang, als Eure Liebe
    ertragen müssen. — Ihr entlaßt mich jetzt?«
    Michels letzte Worte brachten die Frau um ihre Besinnung.
    »Wachen!« schrie sie mit verzweifelter Wut. Sie mußte wieder Herrin der Lage werden. Die Tür sprang auf, und die Wächter standen auf der Schwelle. Sie wollten sich auf Michel stürzen. Da aber sahen sie, wie dieser schluckte, etwas hinunterschluckte, was er soeben in den Mund genommen haben mußte. Ihr Blick fiel auf die Dose mit dem Zauberpulver. Und zudem riß Michel jetzt das Gewehr mit der eigenartigen Laufkonstruktion von der Schulter und begann laut und gräßlich zu pfeifen.
    Langsam legte er das Gewehr an und zielte auf den einen der beiden, denen er vor noch nicht einer Viertelstunde versprochen hatte, ihn eine Kugel aus seinem Zaubergewehr kosten zu lassen. Ein Schuß krachte. Der eine Korsar stürzte stöhnend nieder. Michel hatte ihn ins Bein getroffen. Jetzt schoß er abermals und dann nochmals, um auch die letzten Zweifel an der Wunderkraft seines Gewehrs zu zerstreuen.
    Die Wirkung war frappierend. Der getroffene Posten kroch trotz seiner Schmerzen um die Ecke in den Gang. Der Unversehrte aber ließ seine Pistole fallen und rannte schreiend davon. »Madre de Dios, Santa Maria, hilf uns, der Teufel geht um! Der Pfeifer ist frei und wird uns alle vernichten! Er schießt ununterbrochen, ohne zu laden!«
    Michel aber lud fieberhaft die abgeschossenen Läufe. In diesem Augenblick erschien Guillermo. Michel verwundete auch ihn.
    Der Steuermann und Don Escamillo kamen, von dem Lärm herbeigerufen, und erhielten jeder einen Schuß in den Oberschenkel. Damit waren die gefährlichsten Gegner ausgeschaltet. Marina sank totenblaß auf einen Sessel und preßte die Hände vors Gesicht. Mit einem Satz war der Pfeifer, nachdem er wieder geladen hatte, auf dem Gang. Man mußte das Eisen schmieden, solange es heiß war.
    Ohne nach rechts oder links zu sehen, stürmte er zur Tür des Karzers und riß sie auf. »Fertig, Caballeros?« fragte er.
    Die drei waren ihrer Fesseln ledig. Graf Eberstein hatte ihnen klarmachen können, daß sie keine Minute mit der Selbstbefreiung verlieren dürften.Mit einem Tritt zerschmetterte der Silbador die Tür, hinter der Ojo und Deste lagen. »Eure Fesseln her!«
    Er riß den Degen aus der Scheide und zerschnitt die Bande der beiden Männer. »Lauft zu den Heckbooten. Kappt die Taue. Wir müssen versuchen, auf die Fregatte zu entkommen. Adelante! Adelante! Verliert keine Zeit. — Eberstein, kommt, wir wollen Eure Leute

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