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El Silbador

El Silbador

Titel: El Silbador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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Schiff, kam näher. Ojo war hinuntergelaufen, um den Grafen wachzurütteln, was nicht ganz einfach war; denn dieser hatte seit langem zum erstenmal geschlafen, ohne von seinem Durst gequält zu werden.
    »Was will er?« fuhr er den Spanier auf deutsch an.
    Ojo deutete nach oben und sagte:
    »Adelante, Senor, adelante!«
    Eberstein hatte mittlerweile ein paar spanische Brocken gelernt. Adelante hieß soviel wie »mach schnell« oder »komm, komm« oder »voran, los, los«.
    Diese Aufforderung behagte Eberstein keinesfalls. Wie kam dieser spanische Lümmel dazu, ihn einfach mit Senor anzureden?
    Der Graf wußte längst, daß man in Spanien zu Hoch-wohlgeborenen »Vuestra Merced« —»Euer Gnaden« — sagte.
    Um dem Spanier zu zeigen, daß er keine Lust hatte, ihm zu folgen, drehte er sich auf die andere Seite und kehrte dem braven Ojo den Rücken zu.
    Ojo kratzte sich den Kopf. Wie sollte er sich dem deutschen Edelmann verständlich machen? Als sich Eberstein überhaupt nicht rührte, packte er ihn kurz entschlossen an Hosenboden und Jackenkragen, nahm ihn auf seine kräftigen Arme und stand kurz darauf mit seiner zappelnden und schimpfenden Last an Deck, wo er den Grafen vor Michel auf die Füße stellte. Dann meinte er entschuldigend:
    »Tut mir leid, Senor Baum, der Senor hat nicht verstanden, was ich ihm auftragen sollte.« Michel hatte Mühe, sich ein Lachen zu verbeißen.
    »Mach dir nichts daraus, Ojo. Es gibt Menschen, die kann man einfach nicht anders behandeln.« »Was wollt Ihr von mir?« schrie Eberstein den Silbador an. »Was untersteht Ihr Euch, Unverschämter?!«
    Michel gab keine Antwort. Über seine Schulter deutete er mit dem Daumen aufs Meer, wo das andere Schiff immer näher kam.
    Eberstein stieß einen Freudenruf aus. Ein Schiff, das bedeutete Rettung. Er wurde plötzlich sehr freundlich.
    »Soll ich meine Leute zur Begrüßung antreten lassen?«
    »Macht nur, was Ihr wollt. Ich betrachte mich von diesem Augenblick an wieder als Privatperson. Nur soviel wollte ich Euch sagen: der Dreimaster dort ist höchstwahrscheinlich ein Sklavenschiff.«
    Der Graf sah ihn verständnislos an. Dann meinte er dreist:
    »Na und, was schert es mich? Was gehen mich die Neger an? Wir sind doch Weiße! Oder ist es vielleicht wieder einmal mit Eurer Auffassung unvereinbar, daß wir von einem Schiff gerettet werden, das Negersklaven nach Amerika verkauft?«
    Michel Baum schüttelte den Kopf.
    »Ihr versteht mich nicht richtig. Dieses Fahrzeug ist kein amerikanischer Sklavenfänger, sondern ein algerischer Pirat, der weiße Gefangene, die er auf den erbeuteten Schiffen macht, in die Sklaverei verkauft. Habe ich mich nun verständlich ausgedrückt?« Eberstein spuckte verächtlich über die Reling.
    »Pah, einen deutschen Grafen verkaufen sie bestimmt nicht. Auch diese Araber können einen Adeligen von einem gewöhnlichen Menschen unterscheiden. — Wer so schöne Pferde züchtet wie sie, der wird auch edle Menschen von unedlen zu unterscheiden wissen.« Michel war für einen Augenblick sprachlos. Doch dann brach ein gewaltiges Lachen aus seiner Brust hervor. Er schlug dem edlen Grafen ein paarmal mit der flachen Hand auf die Stirn und brüllte ihn an:
    »Beratet Euch mit Euern Leuten, was sie zu tun gedenken. Es dauert keine zehn Minuten mehr. Dann liegt das Korsarenschiff längsseits.«
    Eberstein wandte sich ab, schritt zu seinem Korporal und befahl ihm, die Soldaten zusammenzurufen.
    Jardin, Porquez, Ojo, Deste und Michel standen wartend am Heck. Sie waren entschlossen, den Algerier auf jeden Fall um Unterstützung zu bitten und unter Umständen auch das Los der Gefangenschaft auf sich zu nehmen; denn eine andere Möglichkeit zur Rettung sah auch Michel nicht.
    »Bueno«, meinte Porquez mit trockener Stimme, »dazu habt Ihr nun Eure Landsleute vor der Wut meiner Korsaren geschützt, damit sie mit uns zusammen zum Teufel gehen, Senor Baum. Das Schicksal läßt sich nicht mit Gewalt zum Guten wenden.« »Wollt Ihr mir einen Vorwurf machen, Capitan?«
    »Da sei Gott vor«, erwiderte der Alte, »an mir werden die Janitscharen sowieso keine Freude haben. Ich bin zu alt, um zu arbeiten. Sie werden mich kurzerhand umlegen, und dann ist dieses Erdenelend vorbei. Aber um Euch tut es mir leid, Senor Baum, gerade weil Ihr Euch stets bemühtet, gerecht zu handeln. Schade auch um meine drei companeros da; waren tüchtige Korsaren und ausgezeichnete Seeleute.«
    »Ich danke Euch für Eure gute Meinung, Capitan. Aber ich muß Euch

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