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El Silbador

El Silbador

Titel: El Silbador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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du mir noch einmal so in die Ohren schreist!« Der erste, der dem Ruf folgte, war Abdallah, ein mittelgroßer, schlanker Araber, dessen schwarze Augen vor List und Tücke funkelten. Er verbeugte sich mit gekreuzten Armen. Der Kapitän betrachtete ihn aus den Augenwinkeln heraus. Vor diesem undurchschaubaren Manne hatte er gewaltigen Respekt. Man wußte nie, woran man mit ihm war. Seine Freundlichkeiten schienen geheuchelt, seine Wutausbrüche unecht. Abdallah lief nicht wie andere Menschen, er schlich.
    »Wo bleibt der dreimal verfluchte Steuermann?« brüllte der Kapitän. »Sitzt der Kerl wieder über seinen gelehrten Büchern, um fränkische Teufelsanbetung aus ihnen zu lernen?« »Nein, o Herr, ich bin schon hier«, erscholl da des Vermißten Stimme im Rücken des Kapitäns. Der fuhr erschrocken herum.
    »Kannst du nicht von vorne kommen, du tintenklecksiger Hampelmann? Man sollte dich an einem Strick ins Meer lassen, damit du dir die schriftgelehrte Seele aus dem Leibe schwimmst, Esel. — Seht dort hinüber. Glaubt ihr, daß das Schiff in Seenot ist oder uns nur zum Narren halten will?«
    Die Blicke der drei folgten dem ausgestreckten Arm des Kapitäns. Gerade in diesem Augenblick stieg wieder eine Rakete empor.
    »Wie finden wir heraus, ob man uns eine Falle stellen will oder nicht, ihr weisen Offiziere?« Abdallah kniff die Augen zusammen. Dann lächelte er halb unterwürfig, halb spöttisch. »Ich schließe mich dem Urteil der beiden anderen an.«
    Der Kapitän war verblüfft.
    »Sie haben ja noch gar nicht geurteilt.«
    Abdallah nickte, neigte den Kopf leicht nach vorn, winkelte die Hände an wie ein türkischer Straßenhändler, wenn er ein Geschäft wittert, und meinte:
    »Wie könnte ich Unwürdiger mir ein Urteil erlauben, bevor die Herren, deren Alter gesegnet sein möge und deren Familien Allah dauerndes Glück schenke, ihrer Meinung Ausdruck verliehen haben!«
    Abul Mahasin machte ein dummes Gesicht. Er konnte das gewundene Geschwätz Abdallahs nicht leiden, weil er keinen Sinn hineinzubringen vermochte. Abul Mahasin war ein recht schwerfälliger Araber, dem diplomatische Winkelzüge völlig abgingen, weil er nicht in der Lage war, ein fein gesponnenes Gewebe voller Spitzfindigkeiten zu durchschauen. Anders stand es mit Ibn Kuteiba. Er lächelte.
    »Ich glaube, es wäre am besten, o Herr, wir warten den Morgen ab. Laß alle Segel bereitmachen, damit wir sie in wenigen Minuten setzen können. Ist es so, wie dein scharfer Verstand zu denken beliebt, dann gehen wir mit vollen Segeln vor den Wind. Sind die Menschen dort drüben aber tatsächlich in Seenot, nun, so können wir handeln, wie es unsere Aufgabe ist. Unsere Kanoniere können schießen. Wahrscheinlich werden sie auch treffen, wenn Gefahr naht.«
    Der Kapitän sah seinen Steuermann lange an. Er konnte ihn zwar nicht sonderlich leiden, weil er zu gebildet war, ließ sich aber gern von seinem ideenreichen Kopf beraten. Deshalb fragte er jetzt die beiden ändern:
    »Glaubt ihr, daß Ibn Kuteiba recht hat?«
    »Allah hat ihm einen Verstand gegeben, der scharf ist wie ein Messer«, pries Abul Mahasin den Ratschlag des Steuermanns; »ich bin gegen ihn wie eine langsame Schildkröte. Und deshalb schließe ich mich seiner Meinung an.«
    »Eine ziemlich fette Schildkröte«, spottete der Kapitän. »Aber du magst recht haben, Ibn Kuteiba. Dein Gedanke ist so gut, daß er von mir sein könnte. Wir wollen danach handeln.« Abdallah neigte leicht den Kopf, lächelte und schwieg.
    »Laß alles vorbereiten, Abul Mahasin. Hole die Männer aus dem Schiff. Sie mögen die Segel bereitmachen. Allah wird uns bald die Sonne heraufschicken.«
    Mahasin verneigte sich, wandte sich ab und schritt gravitätisch zur Kommandobrücke. Dort nahm er ein Sprachrohr an den Mund, und dann tönte seine Stimme wie Donner über das Deck. »Aufstehen, ihr Hunde! Wälzt euch aus den Betten, ihr fetten Schakale! Kommt an Deck, Halunken! Beeilt euch, ihr Lieben! Macht die Segel klar, meine Treuen! Was, ihr wollt nicht, ihr Wildschweine, ihr unreinen Säue? Der Schejtan soll euch holen! Ich lasse euch morgen Schweinefleisch kochen, wenn es nicht schneller geht! Denkt an eure ruhmreichen Vorfahren, meine lieben Söhne! Macht die Taue los, ihr Braven, ihr Fleißigen! Allah segne euch! Wollt ihr euch wohl beeilen, ihr Hundesöhne, deren Mütter in der Dschehenna braten mögen!« In dieser Tonart ging es noch eine ganze Weile fort. Aber die Araber sind nun einmal zum Arbeiten denkbar

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