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El Silbador

El Silbador

Titel: El Silbador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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behutsam aus der Umhüllung, um gleichzeitig zu demonstrieren, wie kostbar der Schatz war.
    »Man kann immerfort damit schießen. Wir haben diese Zauberwaffe bei dem Franzosen dort gefunden.«
    Ibn Kuteiba übersetzte seinem Herrn das englische Gestammel des Grafen. Des Kapitäns Augen hefteten sich gierig auf die »Zauberflinte«.
    »Frage den Deutchen, ob er uns vormachen will, wie man damit schießt.« Kuteiba fragte.
    Der Graf hatte keine Ahnung von der Bedienung des Gewehrs. Seine waffenkundlichen Kenntnisse beschränkten sich auf die preußischen und auf die schwedischen Musketen. Er wußte, daß der Schwedenkönig das Gewehr um fast fünf Pfund erleichtert hatte, so daß es heute nur noch zehn statt fünfzehn Pfund wog. Friedrich von Preußen hatte diese Erfindung, kaum daß sie bekannt war, für sich ausgewertet.
    »Es tut mir leid«, meinte Eberstein, »ich weiß selbst nicht, wie man es macht. Aber Ihr habt ja nun den Mann, dem das Gewehr gehört. Sicherlich werdet Ihr ihn zwingen können, das Geheimnis preiszugeben. Ich habe wenigstens gehört, wie er ununterbrochen damit schoß.« Ibn Kuteiba übersetzte. Abu Hanufa al Dinaweri aber war mißtrauisch. Die Konstruktion des Gewehrs jedoch verwirrte ihn so, daß er sich ernsthaft fragte, ob der deutsche Offizier nicht die Wahrheit gesprochen habe.
    »Diese blauen Soldaten wollen mir das Gewehr und die fünf Sklaven geben, wenn sie Wasser von mir erhalten?« vergewisserte er sich nochmals. Ibn Kuteiba nickte.
    »Maschallah, Ibn Kuteiba, was stehst du hier noch herum? Sage Abul Mahasin, daß er Wasser bringen lassen soll! Und wenn es nicht sofort geschieht, so lasse ich ihm sein Fett in einzelnen Striemen vom Körper ziehen. Allah verdamme dich selbst, du Esel, denn du bist zu langsam!« Ibn Kuteiba ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Ganz im Gegensatz zu dem Ersten Offizier nahm er das Gerede und Geschimpfe des Kapitäns für das, was es auch war, nämlich für belangloses Geschwätz.
    »Wäre es nicht besser, o Herr,« wagte er einen Vorschlag, »wenn wir alle Soldaten mitnähmen? Es wäre der größte Sklavenfang, den wir je gemacht hätten. Warum sollen wir kostbares Wasser verschwenden, um fünf Gefangene zu erhalten, anstatt daß wir uns alle nehmen, ohne etwas dafür zu geben!«
    »Allah hat dir den Verstand verdreht, du Hund. Seit wann vergreifen wir uns an halbverhungerten Soldaten, die erstens in Seenot geraten sind und zweitens auch noch zu den Feinden unserer Feinde gehören? Sagtest du nicht selbst, daß sie oft gegen die Franzosen Krieg führen?«
    »Allah hat dir große Weisheit geliehen, o Herr«, verbeugte sich Ibn Kuteiba jetzt. »Du bist der Gerechteste der Gerechten. Verzeih die sündigen Gedanken deines Knechtes.«
    Der Kapitän warf sich in die Brust. Weise .hat ihn noch niemand genannt. Ausgerechnet Ibn Kuteiba, der Schriftgelehrte, mußte ihm das sagen! Das wog besonders. Der Kapitän beschloß in dieser Minute, seinem Steuermann in Zukunft mehr Gunst zu erweisen. —
    »Que hay, was ist los, Deste?« flüsterte Michel seinem Nachbarn ins Ohr. »Was haben die schurkischen Araber unter sich verhandelt?«
    »Der, den sie Ibn Kuteiba nennen«, zischte Deste wütend, »wollte alle gefangennehmen; aber der Führer der Meute, dieser verfluchte Capitan, scheint seine großzügige Minute zu haben. Er will die anderen anscheinend nicht.«
    Michel blickte mit feuersprühenden Augen zu Eberstein hinüber. Dann murmelte er Deste zu: »Der Graf hat diesen Burschen weisgemacht, daß ich ein Franzose sei. Dazu hat sein englisches Gestammel noch ausgereicht. Ich habe gehört, was er dem arabischen Dolmetscher erzählte.« »Soll ich den finsteren Capitan rufen, Senor Baum? Wollen wir nicht versuchen, ihn über die wahre Lage aufzuklären?«
    Michel blieb die Antwort schuldig; denn gerade in diesem Augenblick hatte Abul Mahasin, der mit den Wasserträgern vor einigen Minuten an Bord gekommen war, das Flüstern der Gefangenen bemerkt.
    Er trat mit rollenden Augen vor sie hin und donnerte sie an:
    »Schweigt, ihr Hunde, ihr verdammten Giaurs, sonst röste ich euch die Fingernägel!« Das Rösten der Fingernägel ist eine der furchtbarsten, schmerzhaftesten Strafen. Man klemmt dem Gefolterten dünne Hölzchen oder Strohhalme unter die Nägel und brennt diese an. Eine Marter, die vorzugsweise zum Erpressen von Geständnissen benutzt wurde. Trotz dieser Drohung konnte sich Deste nicht zurückhalten.
    »Bei Allah«, rief er, »und beim Barte des

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