El Silbador
Propheten«, er kannte sich recht gut aus in der arabischen Ausdrucksweise, »was haben wir euch getan, weshalb wollt ihr uns anders behandeln als diese schuftigen Blaujacken, die im Sold Englands stehen?«
Abu Hanufa fuhr herum, als er einen der Gefangenen in seiner Muttersprache reden hörte.Seine Augen blitzten.
»Was sagst du? Engländer sind es?«
»Nein, Sayd, keine Engländer. Es sind Deutsche, aber sie stehen in englischem Sold.« »Was heißt das?«
Deste versuchte ihm das Verhältnis der Mietsoldaten zur britischen Krone klarzumachen. »Ah«, meinte der Kapitän, »also englische Miliz?«
Deste gab es auf. Wie sollte er einem halbwilden Mohammedaner erklären, daß es im Land Europa, im Land der Weißen, die ihre Schiffe ausschickten, um den Sklavenhandel zu bekämpfen, Fürsten gab, die ihre eigenen, freigeborenen Landsleute an fremde Mächte verkauften? Europa schwebte jedem Nichteuropäer damals noch als Inbegriff der Vollkommenheit vor. Der Araber würde es einfach nicht glauben, daß diese Blaujacken in Wirklichkeit Sklaven waren, die im Auftrag des Staates, der sie gekauft hatte, gegen wildfremde Menschen, die ihnen nichts getan hatten, kämpfen mußten.
»Sprich weiter, du Hund!« schrie ihn der Kapitän an. »Willst du mich vielleicht zum besten halten? Warum sagst du nichts mehr? Soll ich dir Schläge auf die Fußsohlen geben lassen? Sprich, was ist mit diesen Kerlen?«
»Ich kann es nicht erklären. Du würdest es doch nicht begreifen.«
Das hätte er allerdings nicht sagen dürfen. Wie konnte ein Ungläubiger es wagen, ihm, Abu Hanufa al Dinaweri, ins Gesicht zu sagen, daß er etwas nicht verstehen würde? Der Kapitän lief rot an vor Zorn. Seine dunkle Haut wurde fast schwarz unter dem Druck des Blutes. »Er bi din u mäd häba!« [3] , schrie er Deste an und fuchtelte ihm drohend mit der geballten Faust vor der Nase herum.
»Ich werde dich peitschen lassen, bis dir alle Knochen zerbrochen sind! Ich werde Läuse in deine Wunden setzen und den Ratten deine Augen zum Fraße vorwerfen, ich werde — — ich werde--«, es fiel ihm im Augenblick nichts Passendes mehr ein; darum versetzte er dem armen Deste einen Fausthieb, daß er die Besinnung verlor, und wandte sich ab. Michel zerrte wie ein Rasender an seinen Banden. Zum erstenmal in seinem Leben spürte er so etwas wie eine Regung des Hasses gegen einen einzelnen Menschen. Zum erstenmal war es mit seiner spöttischen Überlegenheit vorbei. Doch dieser Haß galt nicht etwa jenem Janitscharenkapitän, sondern dem Grafen Rudolf von Eberstein, dem man deutlich die Genugtuung über die Mißhandlung Destes ansah.
»Weshalb spielt dieser Franzose, den Allah verdammen möge, verrückt?« fragte Abu Hanufa seinen Steuermann.
»Was hast du?« fragte Ibn Kuteiba Michel in französischer Sprache.
Und Michel verpaßte in seinem Zorn diesmal die günstige Chance, die ihm geboten wurde. Er hätte dem Steuermann in einem ruhigen Moment niemals eine französische Antwort erteilt, schon um ihn glauben zu machen, daß er diese Sprache nicht verstehe. Das wäre vielleicht die beste Möglichkeit gewesen, den Araber davon zu überzeugen, daß er kein Franzose war. Aber in seinem Zorn erfaßte er die Situation nicht und schrie auf französisch: »Ihr seid Lumpen und Schufte! Ihr behandelt einen Gefangenen wie einen Verbrecher, ohne ihn verhört zu haben. Und wenn ihr in euern dummen Köpfen etwas nicht versteht, dann schlagt ihr ihn und schenkt einem solchen Verräter Gehör wie diesem verdammten Grafen.« Ibn Kuteiba lächelte freundlich.
»Wir brauchen nicht erst die Bestätigung von euch, daß ihr schlecht seid, denn Allah verdammt die Spanier und haßt die Franzosen.«
»Ich bin kein Franzose!« rief Michel aufgebracht.
Ibn Kuteiba lachte.
»Du sprichst wie ein Pariser. Deine Mundart ist so vollkommen, daß du uns nicht betrügen kannst.«
»Ach«, fragte Michel verwundert, »sprichst du nicht ebenso gut französisch? So gut, daß du gar den Pariser Dialekt von dem der Provinz unterscheiden kannst, und bist doch ein Araber? Deine Logik ist nicht überzeugend.«
Ibn Kuteiba wollte etwas erwidern. Aber da schaltete sich der Kapitän ein.
»Was sagt der Hund?«
Der Steuermann berichtete ihm.
Der Kapitän lachte laut und rief Abul Mahasin zu:
»Sage deinen Wasserträgern, daß sie diese fünf Giaurs bei ihrem nächsten Gang auf das Schiff mitnehmen sollen. Wir wollen machen, daß wir weiterkommen.«
Und so geschah es. Die Spanier und Michel
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