El Silbador
stand.
»Ich bin auch Musiker«, fuhr er, kühner und zuversichtlicher geworden, fort. »Ich mache Musik, daß jeder, der zuhört, das Gefühl hat, als wäre er im Himmel.«
»Gib uns eine Probe deiner Kunst«, forderte der Steuermann erwartungsvoll.
»Habt Ihr ein Spinett?«
»Ein was?«
»Nun, ein Spinett, auf dem man spielen kann. Wie soll ich sonst Musik machen?«
Ibn Kuteiba übersetzte. Der Kapitän schaute dumm drein. Er wußte offenbar genau so wenig wie sein Steuermann, was Michel meinte.
»Kannst du nicht ohne dieses — — — wie heißt es?«
»Spinett«, sagte Michel und hatte Mühe, ein Lachen zu unterdrücken.
»Eben, Spinett. Also kannst du nicht ohne dieses Spinett Musik machen?«
Michel stellte eine Gegenfrage.
»Wie kommt es, Ibn Kuteiba, daß du so gut französisch sprichst und doch noch nie in Frankreich ein Spinett gesehen hast?«
»Das ist sehr einfach. Ich habe es auf der Schule des Sultans in Istanbul gelernt. Man lernt dort vieles. Ja, da staunst du, nicht wahr? Solche Schulen habt ihr sicher nicht.« Die Primitivität des arabischen Gelehrten wirkte lächerlich, aber Michel schüttelte dennoch ernsthaft den Kopf.
»Ich bewundere deine Klugheit, Ibn Kuteiba, und die des Kapitäns. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, daß es so kluge Menschen unter den Arabern gibt.«
Kuteiba warf sich in die Brust und wiederholte die Worte des Sklaven wörtlich dem Kapitän. DessenGesicht glänzte vor Selbstzufriedenheit. Er richtete sich auf. Man sah förmlich, wie seine Brust vor Stolz schwoll.
»Sage ihm«, wandte er sich an seinen Steuermann, »ich schätze Menschen, die so kluge Dinge zu sagen verstehen.«
Michel frohlockte innerlich. Deste hatte ihm im Lauf der vergangenen Stunden über die Art, wie die Araber leben und handeln, eine Lektion erteilt. Da Michel ein geradezu erstaunliches Einfühlungsvermögen besaß, hatte er sich entschlossen, in diesem ganz besonderen Fall die Komödie eines unterwürfigen Sklaven zu spielen; denn er dachte gar nicht daran, sein Leben damit aufs Spiel zu setzen, daß er diesen Arabern eine andere Anschauung von der Welt beizubringen versuchte. Wenn er schon nicht der Gefangenschaft entrinnen konnte — wenigstens im Augenblick nicht — dann mußte man alle Möglichkeiten ausnutzen, das Sklavenleben erträglich zu gestalten, bis — — — »Welcherlei Künste beherrschst du noch?« Michel überlegte nicht lange.
»Ich besitze zum Beispiel ein Gewehr, mit dem ich ununterbrochen hintereinander schießen kann.«
Der Kapitän fuhr auf.
»So ist es also wahr, was dieser Nemsi gesagt hat? Kannst du beweisen, daß man mit diesem Gewehr immerfort schießen kann?«
»Daß ich immerfort damit schießen kann«, erwiderte Michel vorsichtig. »Wieso nur du? — Geht es bei einem anderen nur einmal?« »Es geht überhaupt nicht.«
»So kann man das Gewehr nicht in Massen bauen?«
»Man kann es bauen, aber nur, wenn man die genauen Berechnungen kennt.« »Ah! Und du kennst sie?« »Natürlich«, log Michel.
Ibn Kuteiba und Abu Hanufa sahen sich an. Da ergaben sich ja ungeahnte Möglichkeiten für den Daj von Al-Dschesair. Man würde eine Armee damit ausrüsten können--man könnte den berühmten Zug der Mauren nach Spanien wiederholen — — man könnte — — — ah, was könnte man nicht alles!
Abu Hanufa klatschte in die Hände.
»Bring Kaffee für diesen Sayd, du Hundesohn, und einen Tschibuk. Aber eile dich, sonst werfe ich dich den Haifischen vor.«
Der Diener zog sich zurück.
Michels Fesseln wurden noch weiter gelockert.
Als der Tschibuk qualmte, erinnerte Michel daran, daß seine Kameraden im Kielraum sicher ebenfalls eine Tasse Kaffee und gutes Essen vertragen könnten. Der Kapitän erfüllte bereitwillig auch diese Bitte.
Im Anschluß daran wurde es dann recht gemütlich, und Michel stellte zu seiner Freude fest, daß sich die Sklaverei gar nicht übel angelassen habe. Er versuchte, den beiden Arabern klarzumachen, daß jener deutsche Graf, der ihn gefangengenommen hatte, ein Verräter sei. Er schilderte, was sich in der jüngsten Vergangenheit alles zugetragen hatte.
Die beiden nickten interessiert. Nur als Michel den Steuermann davon überzeugen wollte, daß er kein Franzose, sondern ebenfalls ein Nemsi sei wie der Graf, lächelte der Steuermann schlau und schüttelte den Kopf. Michel konnte anführen, was er wollte, Ibn Kuteiba glaubte ihm einfach nicht.
Zwei Kabinen weiter ging es weniger lebhaft, dafür aber umso
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