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Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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hatte, verfolgte ihn jetzt? Nach seinem Gespräch mit Galladon hatte Raoden sich wieder seinen Aonenübungen gewidmet. Dann hatte er sich kurz in der Stadt umgesehen. Alles war ruhig gewesen. Shaors Männer hatten aufgehört, Neu-Elantris anzugreifen, und sich stattdessen auf Sarenes Besuche konzentriert, die ein vielversprechenderes Ziel darstellten.
Es musste mit seinem Gespräch mit Galladon zusammenhängen, entschied er. Etwas, was mit den Aonen oder vielleicht Galladons Vater zu tun hatte. Wie mochte es wohl gewesen sein, damals als Elantrier zu leben? Konnte ein Mann wirklich deprimiert sein innerhalb dieser erstaunlichen Mauern? Welcher Mensch, der unglaubliche Wunder vollbringen konnte, würde diese Fähigkeit gegen das einfache Leben eines Bauern eintauschen wollen? Es musste wunderschön gewesen sein damals, so wunderwunderschön ...
»Gnädiger Domi!«, schrie Raoden und fuhr kerzengerade zwischen seinen Decken hoch.
Sekunden später stürzten Saolin und Mareshe, die ihr Nachtlager im Hauptsaal der Kapelle aufgeschlagen hatten, Hals über Kopf durch die Tür. Galladon und Karata folgten ihnen auf dem Fuße. Sie starrten Raoden an, der vor Verblüffung wie gelähmt vor ihnen saß.
»Sule?«, fragte Galladon vorsichtig.
Raoden erhob sich und eilte aus dem Zimmer. Sein überraschtes Gefolge tat es ihm nach. Raoden zündete hastig eine Laterne an, und nicht einmal der beißende Gestank von Sarenes Öl konnte ihn aus der Fassung bringen. Er marschierte in die Nacht hinaus, geradewegs auf den Saal der Gefallenen zu.
Der Mann war da. Er murmelte immer noch vor sich hin, wie es viele der Hoed selbst des Nachts taten. Er war klein und runzelig. Seine Haut wies so viele Falten auf, dass er tausend Jahre alt zu sein schien. Seine Stimme erklang in einem leise geflüsterten Mantra.
»Schön«, krächzte er. »Einst so wunderschön ...«
Der Hinweis war gar nicht während seiner Unterhaltung mit Galladon erfolgt, sondern während seines kurzen Besuches, als er den Hoed Essen gebracht hatte. Raoden hatte das Gemurmel des Mannes schon ein Dutzend Mal gehört und nie die Verbindung geknüpft.
Raoden legte dem Mann die Hände auf die Schultern. »Was war so schön?«
»Schön«, murmelte der Mann.
»Alter«, flehte Raoden. »Wenn in Eurem Körper noch eine Seele haust, ja nur der kleinste Hauch eines rationalen Gedankens, dann sagt es mir bitte. Wovon sprecht Ihr?«
»Einst so wunderschön ...«, fuhr der Mann fort, die Augen starr ins Leere gerichtet.
Raoden hob eine Hand und begann, vor dem Gesicht des Mannes zu zeichnen. Kaum hatte er das Aon Rao fertig gestellt, da hob der Mann den Arm und griff mit der Hand keuchend durch die Mitte des Zeichens hindurch.
»Wir waren einst so schön«, flüsterte der Mann. »Mein Haar war so hell, meine Haut voll Licht. Aonen flatterten von meinen Fingern. Sie waren so schön ...«
Hinter sich konnte Raoden mehrere Überraschungsrufe vernehmen. »Ihr meint«, fragte Karata, die näher herankam, »die ganze Zeit über ... ?«
»Zehn Jahre lang«, sagte Raoden, der den ausgemergelten Mann immer noch gestützt hielt. »Dieser Mann ist schon vor der Reod Elantrier gewesen.«
»Unmöglich«, sagte Mareshe. »Das ist zu lange her.«
»Wo sonst hätten sie hingehen sollen?«, fragte Raoden. »Wir wissen, dass ein paar Elantrier den Sturz der Stadt und der Regierung überlebt haben. Man hat sie in Elantris eingesperrt. Manche mögen sich selbst verbrannt haben, ein paar andere sind vielleicht entkommen, aber der Rest muss immer noch hier sein. Sie sind zu Hoed geworden, haben nach ein paar Jahren den Verstand und ihre Kraft verloren ... vergessen in den Straßen von Elantris.«
»Zehn Jahre«, flüsterte Galladon. »Zehn Jahre voller Leiden.«
Raoden sah dem alten Mann in die Augen. Sie waren von Rissen und Falten umgeben und wirkten benommen, wie von einem heftigen Schlag. Die Geheimnisse des AonDor waren irgendwo im Geist dieses Mannes verborgen.
Der Mann packte Raodens Arm eine Spur fester. Die Anstrengung ließ ihn am ganzen Körper erzittern. Seine Lippen brachten zischend drei Wörter hervor, während er seinen gequälten Blick auf Raodens Gesicht richtete.
»Bringt. Mich. Hinaus.«
»Wohin?«, wollte Raoden verwirrt wissen. »Aus der Stadt?«
»Zum. See.«
»Ich weiß nicht, was Ihr meint, Alter«, flüsterte Raoden.
Die Augen des Mannes bewegten sich leicht und wanderten in Richtung Tür.
»Karata, nehmt die Lampe«, befahl Raoden, der den alten Mann aufhob. »Galiadon, komm mit uns.

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