Elantris
gotteslästerlichen Stadt Elantris bestand für Arelon zumindest eine gewisse Möglichkeit der Erlösung. Teod hingegen war die Heimat des Shu-Korath, einer entarteten Sekte des Shu-Keseg, der Ursprungsreligion des Shu-Dereth. Der Tag, an dem Teod dem ruhmreichen Fjorden unterläge, würde in der Tat ein Freudentag sein.
»Eine teoische Prinzessin könnte ein Problem darstellen«, sinnierte Hrathen.
»Nichts kann Jaddeths Reich aufhalten.«
»Wenn es sich durch nichts aufhalten ließe, Arteth, würde es längst den gesamten Planeten umspannen. Jaddeth gefällt sich darin, seinen Dienern zu erlauben, ihm zu dienen, und uns fällt die Ehre zu, uns die Toren willfährig zu machen. Und von sämtlichen Toren auf der ganzen Welt sind die teoischen Toren die gefährlichsten.«
»Wie sollte eine einzelne Frau eine Gefahr für Euch darstellen, Euer Heiligkeit?«
»Nun, zum einen bedeutet ihre Heirat, dass jetzt ein offizielles Blutsband zwischen Teod und Arelon besteht. Wenn wir nicht vorsichtig sind, werden wir gegen beide Reiche gleichzeitig kämpfen müssen. Ein Mann spielt sich eher als Held auf, wenn er einen Verbündeten an seiner Seite weiß.«
»Ich verstehe, Euer Gnaden.«
Hrathen nickte und glitt in das Sonnenlicht hinaus. »Pass gut auf, Arteth, dann werde ich dir eine äußerst wichtige Lektion erteilen; eine, von der nur wenige Menschen wissen und die noch weniger richtig umsetzen können.«
»Welche Lektion ist das?«, erkundigte sich Dilaf, der ihm dicht auf den Fersen folgte.
Hrathen lächelte kaum merklich. »Ich werde dir zeigen, wie man eine Nation zerstört: die Weisen, auf die ein Mann Jaddeths ganz allein Königreiche stürzen und die Seelen der Menschen in seine Gewalt bringen kann.«
»Ich bin ... ein eifriger Schüler, Euer Gnaden.«
»Gut.« Hrathen blickte über Kae hinweg zu der gewaltigen Mauer von Elantris. Sie erhob sich wie ein Berg über der Stadt. »Bring mich dort hinauf. Ich möchte mir die gefallenen Herren von Arelon mit eigenen Augen ansehen.«
Als Hrathen die Außenbezirke Kaes zum ersten Mal erblickt hatte, war ihm aufgefallen, wie schlecht sich die Stadt verteidigen ließ. Von der Mauer von Elantris aus konnte Hrathen jetzt erkennen, dass er sogar noch unterschätzt hatte, wie erbärmlich es um Kaes Befestigungen bestellt war. Schöne, terrassenförmig angelegte Treppenstufen führten an der Außenmauer von Elantris empor, sodass man von draußen bis ganz nach oben gelangen konnte. Sie waren aus festem Stein, und selbst In einem Notfall wäre es unmöglich, sie zu zerstören. Wenn die Einwohner von Kae sich nach Elantris zurückzögen, würde ihnen das keinen Schutz bieten, sondern sie säßen lediglich In der Falle.
Es gab keinerlei Bogenschützen. Die elantrische Stadtwache trug große, unhandliche Speere, die aussahen, als seien sie viel zu schwer, um geworfen zu werden. Die Wachen in ihren ungepanzerten gelb-braunen Uniformen strahlten einen gewissen Stolz aus und gingen offensichtlich davon aus, weit über der gewöhnlichen Stadtmiliz zu stehen. Hrathen hatte jedoch gehört, dass die Wache eigentlich gar nicht wirklich nötig war, um dafür zu sorgen, dass die Elantrier in der Stadt blieben. Die Kreaturen versuchten fast nie, zu entkommen, und die Stadtmauer war ohnehin viel zu weitläufig, als dass die Wache sie umfassend hätte patrouillieren können. Die Truppe war im Grunde mehr Formsache und keine streng militärische Angelegenheit. Es fiel den Leuten in Kae viel leichter, in der Nähe von Elantris zu wohnen, solange sie wussten, dass eine Einheit Soldaten die Stadt im Auge behielt. Doch Hrathen hatte den Verdacht, dass es den Wachen im Falle eines Krieges schwer fallen würde, sich zu verteidigen oder gar die Bevölkerung von Kae zu beschützen.
Arelon war ein Juwel, das nur darauf wartete, erbeutet zu werden. Hrathen hatte von den Tagen des Chaos direkt im Anschluss an den Fall von Elantris gehört und von den unermesslichen Schätzen, die in der herrlichen Stadt geplündert worden waren. Diese wertvollen Gegenstände befanden sich nun alle in Kae, wo der neue Adel so gut wie ungeschützt lebte. Außerdem war Hrathen zu Ohren gekommen, dass ein Großteil der elantrischen Reichtümer immer noch hinter den verbotenen Mauern der Stadt weggesperrt war: Kunstwerke, die zu groß waren, um problemlos transportiert zu werden, sowie kleinere Stücke, die noch nicht den Plünderern zum Opfer gefallen waren, als Iadon anfing, die Stadt mit Gewalt abzusperren.
Nur Aberglaube und die
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