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Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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leisten, Forderungen zu stellen.«
»Genauso wenig könnt Ihr es Euch leisten, sie zurückzuweisen«, sagte Raoden. »Ich muss bloß Alarm schlagen, und wir werden beide von den Wachen geschnappt.«
Karata wartete schweigend in der Dunkelheit und wog offensichtlich ab, ob er seine Drohung wahr machen würde.
»Na schön«, meinte Raoden. »Sagt mir nur eines: Habt Ihr vor, dem König ein Leid anzutun?«
Karata sah ihm in die Augen und schüttelte dann den Kopf. »Die Sache hat nichts mit ihm zu tun.«
Glaube ich ihr oder nicht?, dachte Raoden. Bleibt mir eine andere Wahl ?
Er streckte die Hand aus und schob Buschwerk auseinander, das an die Palastmauer grenzte. Dann warf er sich mit seinem ganzen Körpergewicht gegen einen Mauerstein. Der Stein versank mit einem leisen Knirschen in der Mauer, und zu ihren Füßen entstand eine Öffnung.
Karata hob eine Augenbraue. »Ein Geheimgang? Wie merkwürdig!«
»Iadon ist paranoid, was seinen Schlaf betrifft«, erklärte Raoden und kroch durch den Spalt zwischen Erdboden und Mauerwerk. »Er hat diesen Gang anlegen lassen, um im Falle eines Angriffs auf den Palast eine letzte Fluchtmöglichkeit zu haben.«
Karata stieß ein verächtliches Schnauben aus, als sie ihm durch das Loch folgte. »Ich habe immer gedacht, derlei Dinge gäbe es nur im Märchen.«
»Iadon hat ziemlich viel für diese Art Märchen übrig«, sagte Raoden.
Nach guten drei Metern wurde der Gang breiter, und Raoden tastete die Wand ab, bis er eine Laterne gefunden hatte, komplett mit Flintstein und Feuerstahl. Den Schirm ließ er beinahe geschlossen, sodass nur ein winziger Lichtstrahl hervordrang, der jedoch ausreichte, um den Gang zu erhellen.
»Ihr scheint Euch ziemlich gut im Palast auszukennen«, stellte Karata fest.
Raoden blieb ihr eine Antwort schuldig, weil ihm nichts einfiel, was nicht allzu aufschlussreich gewesen wäre. Sein Vater hatte seinem Sohn den Gang gezeigt, als Raoden knapp über zehn gewesen war. Auf ihn und seine Freunde hatte der Gang auf der Stelle einen unwiderstehlichen Reiz ausgeübt. Ohne auf die Mahnungen zu achten, dass der Geheimgang nur für Notfälle da sei, hatten Raoden und Lukel oft stundenlang darin gespielt.
Natürlich wirkte der Gang nun schmaler. Raoden und Karata hatten kaum Platz, sich zu bewegen. »Kommt.« Er hielt die Laterne empor und schob sich seitwärts durch den Gang. Der Weg bis zu Iadons Gemächern war kürzer, als er ihn in Erinnerung hatte. Im Grunde war es kein sonderlich langer Gang, egal, was seine Vorstellungskraft ihm vor Jahren vorgegaukelt hatte. Es ging steil in den ersten Stock hinauf, von wo aus der Gang geradewegs auf Iadons Zimmer zulief.
»Hier ist es«, sagte Raoden, als sie am Ende angelangt waren. »Iadon sollte mittlerweile zu Bett gegangen sein. Trotz seiner Paranoia ist er ein tiefer Schläfer. Vielleicht führt das eine zum anderen.« Er ließ die Tür aufgleiten, die hinter einem Gobelin im königlichen Schlafgemach verborgen war. Iadons gewaltiges Bett stand dunkel und ruhig da, auch wenn man im Sternenlicht, das durch das offene Fenster hereinfiel, schemenhaft die Gestalt des Königs ausmachen konnte.
Raoden beäugte Karata angespannt. Die Frau hielt sich jedoch an ihr Wort: Sie würdigte den schlafenden König kaum eines Blickes, als sie sich durch das Zimmer auf den äußeren Korridor zubewegte. Raoden stieß insgeheim einen Seufzer der Erleichterung aus und folgte ihr, wobei er deutlich weniger Talent im verstohlenen Schleichen an den Tag legte.
Der dunkle äußere Korridor verband Iadons Gemächer mit Quartieren seiner Wachen. Rechts ging es zu den Kasernen der Wächter, links führte der Gang zu einem Wachtposten und dann zum Rest des Palasts. Karata kehrte dieser Möglichkeit den Rücken und ging nach rechts auf den Kasernenanbau zu. Ihre bloßen Füße verursachten nicht das geringste Geräusch auf dem Steinboden.
Als Raoden ihr zur Kaserne folgte, kehrte seine Nervosität zurück. Seinen Vater hatte sie nicht umzubringen versucht, doch nun schlich sie sich in den gefährlichsten Teil des Palasts. Ein einziges falsches Geräusch würde Dutzende Soldaten aufwecken.
Glücklicherweise erforderte es kein sonderlich großes Geschick, einen Steingang
entlangzuschleichen. Karata öffnete leise sämtliche Türen und ließ sie so weit offen, dass Raoden sie nicht einmal berühren musste, um hindurchschlüpfen zu können.
Der dunkle Gang mündete in einen weiteren, an den etliche Türen grenzten: die Quartiere der niederen Offiziere wie

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