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Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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aus.
»Der Wächter. Er ist mein Ehemann gewesen, in einem anderen Leben.«
»Euer Ehemann ?«
Karata nickte. »Wir haben zwölf Jahre lang zusammengelebt, und jetzt hat er mich vergessen.«
Raoden erfasste rasch die Zusammenhänge. »Das bedeutet, das Zimmer, in das wir eingedrungen sind ...«
»Das war meine Tochter«, sagte Karata. »Ich bezweifle, dass ihr jemand gesagt hat, was mir zugestoßen ist. Ich wollte bloß ... dass sie es weiß.«
»Ihr habt ihr eine Nachricht hinterlassen?«
»Eine Nachricht und ein Andenken«, erklärte Karata mit trauriger Stimme, auch wenn keine Tränen aus ihren elantrischen Augen fließen konnten. »Meine Kette. Vor einem Jahr ist es mir gelungen, sie an den Priestern vorbeizuschmuggeln. Ich wollte, dass sie sie bekommt, denn ich wollte sie ihr immer geben. Sie haben mich so schnell weggeschafft... Ich habe mich gar nicht verabschieden können.«
»Ich weiß.« Raoden legte tröstend den Arm um die Frau. »Ich weiß.«
»Es nimmt sie uns alle. Es nimmt uns alles und jeden und lässt uns nichts.« In ihrer Stimme schwang Leidenschaft mit.
»Domis Wille geschehe.«
»Wie könnt Ihr das sagen?«, wollte sie schroff wissen. »Wie könnt Ihr seinen Namen im Mund führen nach allem, was er uns angetan hat?«
»Ich weiß es nicht«, gab Raoden zu, der sich der Situation nicht gewachsen fühlte. »Ich weiß nur, dass wir weitermachen müssen, wie alle anderen auch. Wenigstens war es Euch möglich, sie wiederzusehen.«
»Ja«, sagte Karata. »Danke. Heute Nacht habt Ihr mir einen großen Dienst erwiesen, mein Prinz.«
Raoden erstarrte.
»Ja, ich kenne Euch. Ich habe jahrelang zusammen mit meinem Mann im Palast gelebt und Euren Vater und Eure Familie beschützt. Ich kenne Euch seit Eurer Kindheit, Raoden.«
»Das habt Ihr die ganze Zeit über gewusst?«
»Nicht die ganze Zeit über«, sagte Karata. »Aber lange genug. Seit es mir klar geworden ist, bin ich hin- und hergerissen, ob ich Euch hassen soll, weil Ihr mit Iadon verwandt seid, oder damit zufrieden sein soll, dass die Gerechtigkeit Euch auch geholt hat.«
»Und wie habt Ihr Euch entschieden?«
»Das tut nichts zur Sache.« Reflexartig wischte Karata sich die trockenen Augen. »Ihr habt unsere Abmachung vollständig erfüllt. Meine Leute werden Euch in Ruhe lassen.«
»Das ist nicht genug, Karata«, sagte Raoden und erhob sich.
»Ihr wollt mehr verlangen, als abgemacht war?«
»Ich verlange gar nichts, Karata.« Raoden bot ihr die Hand dar, um ihr auf die Beine zu helfen. »Aber Ihr wisst, wer ich bin, und könnt Euch denken, was ich zu tun versuche.«
»Ihr seid wie Aanden«, sagte Karata. »Ihr möchtet über Elantris herrschen, wie Euer Vater den Rest dieses verfluchten Landes beherrscht.«
»Heute fällen die Leute aber wirklich vorschnelle Urteile über mich«, sagte Raoden mit einem gequälten Lächeln. »Nein Karata, ich möchte nicht über Elantris >herrschen<. Aber ich möchte ihm helfen. Ich sehe eine Stadt voller Menschen, die sich selbst bemitleiden, Menschen, die sich damit abgefunden haben, sich selbst so zu sehen, wie der Rest der Welt sie sieht. Elantris muss nicht das Loch sein, das es im Moment ist.«
»Wie lässt sich etwas daran ändern?«, wollte Karata wissen. »Solange es nicht genug zu essen gibt, werden die Menschen einander bekämpfen und vernichten, um ihren Hunger zu stillen.«
»Dann werden wir ihnen eben zu essen geben müssen«, sagte Raoden.
Karata schnaubte verächtlich.
Raoden griff in eine Tasche, die er in seiner zerlumpten Kleidung angebracht hatte. »Erkennt Ihr das hier wieder, Karata?« Er zeigte ihr einen kleinen Stoffbeutel. Der Beutel war leer, aber Raoden trug ihn bei sich, um sich sein Ziel jederzeit in Erinnerung rufen zu können.
In Karatas Augen loderte Gier auf. »Darin ist Nahrung gewesen.«
»Was für Nahrung?«
»Es ist einer der Beutel mit Getreidekörnern, die Teil der Opfergaben eines jeden neuen Elantriers sind«, sagte Karata.
»Nicht einfach nur Getreidekörner, Karata«, sagte Raoden mit erhobenem Zeigefinger. »Samenkörner. Die Zeremonie schreibt vor, dass es sich bei den Getreidekörnern um echtes Saatgut handeln muss.«
»Samenkörner?«, flüsterte Karata.
»Ich sammele sie von den Neuankömmlingen«, erläuterte Raoden. »Die übrigen Opfergaben interessieren mich nicht, nur die Körner. Wir können sie anpflanzen, Karata. So viele Menschen gibt es in Elantris nicht. Es wäre nicht schwer, sie alle zu ernähren. Wir haben ja nun wirklich genug Freizeit, um ein oder zwei

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