Elben Drachen Schatten
Gesicht war ausdruckslos. Ihr dreckiges, altes, ausgebleichtes Kleid hing ihr in Fetzen vom Leib. Sie war blind - und doch schien sie Edro und Lakyr genau wahrzunehmen. "Ja, Frau, wir suchen Elfénia", antwortete Edro auf ihre Frage. Die blinde Frau nickte leicht.
"Ich habe Euch gesucht, Edro aus Dakor! Und auch Euch habe ich gesucht, Lakyr von der zweiköpfigen Katze!"
"Ihr kennt uns?", war Lakyrs erstaunte Frage.
"Ja."
Sie wandte sich um.
"Folgt mir! Ich werde Euch zu jemandem führen, der Euch sagen kann, wie Ihr Elfénia erreichen könnt." Wortlos folgten sie der Frau, die sie in ein altes, halb verfallenes Haus führte. Auf einem Tisch saß ein in eine schwarze Kutte gehüllter Mann. Es war finster in diesem Raum und da er seine Kapuze tief ins Gesicht gezogen hatte, konnten weder Lakyr noch Edro etwas vom Gesicht dieses Mannes (oder vielleicht war es auch eine Frau?) erkennen.
"Hier sind sie!", sagte die in Fetzen gekleidete, blinde Frau. Mit einer Handbewegung strich sie sich die weißen Haare aus dem Gesicht. Eine dunkle Stimme brummte im Schatten der Kapuze etwas Unverständliches.
"Ich bin Duran, der Weise aus Nomara!", stellte sich der Düstere vor. Er bewegte sich dabei in keiner Weise.
"Ich will Euch den Weg nach Elfénia zeigen! Wann werdet Ihr Whanur verlassen?"
"Wir haben keine festen Pläne", erklärte Edro.
"Gut. Aber wenn Ihr aufbrecht, so lasst es mich wissen!"
"Das werden wir."
"Ich werde euch dann nach Elfénia bringen."
"Ist es eine lange Reise?", erkundigte sich Lakyr, wobei er seine Katze kraulte.
"Das hängt jeweils von den Reisenden ab", erwiderte Duran rätselhaft. "Und jetzt geht! Und wenn Ihr aufbrecht und die Stadt verlasst, so kommt vorher hier her und nehmt mich mit!"
*
Mergun von der Wolfsinsel und Gialbeth dem Zwerg war es seltsamerweise sehr ähnlich ergangen.
"Bleibt stehen!", rief ihnen eine Frauenstimme zu, als sie eine der Nebenstraßen passierten.
"Was wollt Ihr von uns, Frau?", fragte Mergun die Frau etwas mürrisch. Sie war von unbestimmtem Alter. Schwarzes, wellendes Haar umrahmte ihr Angesicht. Aber sie war blind. Mit einem Stock ertastete sie sich den Weg, bis sie vor Mergun und dem Zwerg stand.
"Ich bin Dremia, die Wissende! Ihr beide sucht nach Elfénia, nicht wahr?" Mergun wechselte mit Gialbeth einen erstaunten Blick.
"Ja, das ist wahr. Aber woher wisst Ihr das?", erwiderte der Mann von der Wolfsinsel.
"Das ist nicht wichtig, Herr! Wichtig ist lediglich, dass ich dazu im Stande bin, Euch nach Elfénia zu bringen."
"Wart Ihr denn bereits da, Lady Dremia? Habt Ihr Elfénia bereits einmal erreicht?", fragte Gialbeth. Dremia lachte humorlos.
"Nein! Warum auch?"
"Aber wie könnt Ihr andere nach Elfénia bringen wollen, wo Ihr dieses Land doch offenbar auch nicht kennt", gab Mergun zu bedenken. Dremias Gesicht wurde ernst.
"Es spielt keine Rolle, ob ich Elfénia kenne oder nicht! Hauptsache, ich kenne den Weg! Ich bin noch nie in Elfénia gewesen und ich will dieses Land auch niemals sehen! Aber ich werde Euch nach Elfénia bringen. Wann wollt Ihr aufbrechen?"
"Wir haben keine festen Pläne", erklärte Mergun.
"Auch gut. Wenn Ihr aufbrecht, Herr, so kommt bei mir vorbei und nehmt mich mit. Ich werde Euch den Weg zeigen!"
"Ihr seid blind, Lady Dremia!", erinnerte Gialbeth, doch die Frau zuckte nur mit den Schultern.
"Ich habe andere Mittel, um meinen Weg zu finden! Und den Weg nach Elfénia bin ich nun schon so oft gegangen,dass ich ihn mit Sicherheit finden werde." Der Zwerg musterte Dremia kritisch. Er wusste nicht so recht, was er von dieser Frau halten sollte.
"Ihr kommt also bei mir vorbei, wenn Ihr aufbrecht?", fragte sie dann leise.
"Wo wohnst du?", wollte Mergun wissen. Sie deutete mit ihrem Stock auf ein brüchiges, abbruchreifes Haus.
Erstaunlich, dass sie so sicher auf das Haus zeigen kann!, durchfuhr es Mergun.
"Wenn Ihr an die Holztür klopft, so werde ich kommen", versprach die Wissende, wobei sie sich umdrehte und ging. Als sich die vier Gefährten wiedertrafen, berichteten sie einander von ihren Erlebnissen und waren sehr erstaunt.
"Es stellt sich uns nun die Frage, von wem wir uns nach Elfénia führen lassen. Von der wissenden Dremia oder dem weisen Duran?"
"Ich bin für Duran!", erklärte Lakyr. Seine Katze miaute, gerade so, als wollte sie ihrem Herrn damit zustimmen.
"Ich glaube, es ist das Beste, wenn wir beide mitnehmen. Es könnte sich ja bei einem der beiden um einen Scharlatan handeln oder vielleicht irrt sich
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