Elben Drachen Schatten
Gipfel leben?
"Ja, ich halte Euch für Götter!"
"Dann sind wir auch welche!"
Die Antworten seiner Gegenüber verwirrten den suchenden Wanderer etwas. Was mochten die Götter wohl mit diesen Worten gemeint haben?
Aber Euro beschloss, sich nicht weiter darüber den Kopf zu zerbrechen. Es gab Wichtigeres. Seine Gedanken kehrten zum eigentlichen Grund seines Hierseins zurück.
"Warum bestiegst du diesen Berg?", fragte einer der Götter.
"Was willst du von uns?", fragte eine andere Stimme.
Edros Blick wanderte von einem zum anderen. Es waren seltsame Gesichter, in die der Dakorier schaute. Sie waren schön und hässlich, liebend und hassend, überheblich und unterwürfig zugleich.
"Es gibt ein Buch", erklärte Edro dann. "Ihr Götter habt es geschrieben - vor langer Zeit. Wo ist dieses Buch?"
Misstrauische Blicke wurden getauscht.
"Was hast du mit jenem Buch vor?"
"Ich bin auf der Suche nach einem Land mit Namen Elfénia. Und ich habe gehört, dass in diesem Buch der Weg in jenes Land beschrieben ist."
Einige Momente des Schweigens folgten. Dann sagte einer der Götter: "Du magst in dem Buch lesen. Aber wisse, dass es uns sehr wertvoll ist!"
"Wo ist es?" Edros Inneres war voller Erwartung. Endlich schien es so, als sollte er endlich einen Weg nach Elfénia finden. Die Reise zum Berg der Götter hatte sich gelohnt!
"Folge mir", sagte der Gott, wobei er Edro mit einem seiner acht Tentakel herbeiwinkte.
Etwas zögernd kam Edro der Aufforderung nach.
Die Götter führten ihn durch den Nebel und er wusste sehr bald nicht mehr genau, wo er sich eigentlich befand.
Und dann sah er das Buch!
Es lag auf einem steinernen Felsaltar, in den in einer längst vergessenen Sprache eine Inschrift eingemeißelt worden war. Es verschlug dem Dakorier fast den Atem, als er das Buch sah. Ein seltsames Symbol war auf den Einband aufgestickt. Es war ein Gesicht mit geschlossenen Augen. Es war das Gesicht eines Toten, so kam es Edro vor.
"Lies in dem Buch, so lange du willst, Sterblicher! Ich glaube nicht, dass ein Leben dazu ausreicht, die Weisheit zu verstehen, die in diesem Buch verborgen liegt! Nicht einmal die Götter könnten so etwas in der ihnen gegebenen Lebensspanne vollbringen! Aber wenn es dir Freude macht,dann lies es!", sagte einer der Götter.
Ein seltsamer Schauer durchlief seinen Körper, als er den Einband des `Buches der Götter` berührte. Aber er zögerte etwas mit dem Aufschlagen der ersten Seite.
Warum?
Hatte er Angst davor, enttäuscht zu werden?
Als er das Buch dann aufschlug, sah er, dass es in einer alten, längst vergessenen Sprache geschrieben war.
Edro konnte sie nicht lesen. Er wandte sich verzweifelt an die um ihn herum stehenden Götter.
"Versteht Ihr die Sprache und könnt Ihr die Schrift lesen, in der dieses Buch geschrieben ist?", fragte er traurig. Aber die Götter schüttelten allesamt den Kopf.
"Wir verstehen jene Sprache nicht mehr. Wir haben sie verlernt!", sagte jemand.
"Aber..." Edro vermochte es kaum zu fassen. Hilflos schlug er das offene Buch wieder zu und wandte sich um.
"Aber, das darf doch nicht wahr sein! Ihr selbst habt doch dieses Buch geschrieben, ihr Götter! Warum versteht ihr es dann nicht?"
"Es ist lange her, seitdem wir dieses Buch schrieben", erklärte einer der Götter.
Edros Reise war umsonst gewesen. Sie hatte ihn seinem Ziel nicht ein Stück näher gebracht.
"Es darf doch nicht wahr sein!", flüsterte Edro nochmals.
"Vielleicht können wir dir helfen", sagte da ein Wesen, das zum größten Teil einer menschlichen Frau glich. Allerdings wuchsen aus ihren Achselhöhlen zwei schleimige und gefährlich aussehende Schlangenhälse, die mit je einem kleinen, gierigen Kopf endeten.
"Du suchst Elfénia, nicht wahr?", fragte sie und ihre Stimme klang süßlich und schön.
Edro horchte auf und sah ihr in die Augen. Aber er sah nur die toten Augen eines Gottes.
"Wie willst du mir helfen?"
"Wir Götter vermögen viel", erklärte ein anderer Sprecher. Es handelte sich um ein seltsames, mehrköpfiges Echsenwesen.
"Wir vermögen es, dich nach Elfénia zu bringen!" Das war wieder die Stimme der Frau mit den Schlangenarmen.
Ein kalter Schauder lief Edro über den Rücken. Er erinnerte sich jenes schrecklichen Landes, in das Ychkr ihn geführt hatte und in dem er Kiria erschlagen hatte.
Nein, nie wieder wollte er einem Gott folgen - was er ihm auch versprach. Denn die Götter waren, soviel wusste er jetzt aus eigener Erfahrung, egoistisch und unehrlich.
Sie waren
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