Elben Drachen Schatten
es auf keinen Fall wert, dass man ihnen sein Vertrauen schenkte.
Abschätzend und kühl beobachtete er die Göttin mit den Schlangenarmen.
"Ich danke für das Angebot, aber ich glaube, ich muss dieses Land alleine finden", erklärte er dann, sichtlich darum bemüht ein Mindestmaß an Höflichkeit und Fassung zu bewahren.
"Die Götter treten den Sterblichen nicht oft von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Und noch seltener kommt es vor, dass sie ihnen direkte Angebote unterbreiten", erwiderte hierauf die Göttin. Ihre Augen funkelten gefährlich. In gewisser Weise erinnerten sie den Dakorier an die glühenden Kohlen, welche in den Augenhöhlen von Lakyrs zweiköpfiger Katze geglüht hatten.
"Ich glaube, du weißt die Ehre, die dir zuteil wird, nicht zu schätzen", stellte die Göttin dann in der überheblichen Weise der Götter fest.
"Ich hatte in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit Göttern. Ich habe viel gelernt, was die Natur von ihnen anbelangt...`
"Elfénia: Ich kenne dieses Land! Die Erfüllung seiner Träume erwartet denjenigen, der dieses verborgene Land findet! Und diese Erfüllung kannst du haben, Sterblicher! Und zwar fast umsonst!" Die Augen der Göttin blitzten jetzt hungrig. Sie wirkte jetzt schon fast wie ein Raubtier, dass sich bereit machte, eine Antilope zu reißen. Nicht mehr Überheblichkeit prägte sie, sondern ein seltsamer, düsterer Hunger. Ein Hunger nach angebetet werden!
"Bete mich an, und ich schenke dir all dies und noch viel mehr! Ich werde dir alles das zurückgeben, was du im Laufe deines Lebens verloren hast, ich werde dir die Möglichkeit dazu verschaffen, dich an all jenen zu rächen, die dir je Unrecht antaten!"
Hungrige Blicke umgaben Edro! Die hungrigen Blicke eines Rudel Wölfe.
"Ich werde dir Frieden geben!", rief ihm ein anderer Gott zu. Es war das Echsenwesen. "Was braucht der Mensch denn mehr, als den Frieden? Und ist der Preis denn nicht gering, den ich verlange? Nur anbeten musst du mich! Anbeten, verstehst du?"
"Ich will dir Reichtum geben!"
"Macht! Edro höre nicht auf die Narren, die dich umgeben mit ihrem Geschwätz von Frieden und erfüllten Träumen! Macht ist das Wichtigste im Leben! Nur wer Macht hat, kann glücklich werden! Bete mich an!"
"Bete mich an, Sterblicher! Ich will dir Liebe und Glück geben!`
"Reichtum!"
"Freiheit! Nur die Freiheit ist wichtig! Bete mich an und sei frei!"
"Ich gebe dir Liebe!"
"Macht!"
"Glück!"
"Frieden!"
"Bete mich an! Ich bringe dir dafür die Freiheit!"
"Herrscher der Welt wirst du, wenn du mich anbetest!"
"Was können dir die anderen schon bieten, Menschensohn? Ich werde dich zum Gott machen, wenn du mich anbetest! Zum Gott, verstehst du: Zum Gott!"
"Herrscher der Welt!"
*
Immer näher traten die Götter jetzt auf Edro zu. Ihre gierigen Augen funkelten ihn an. Allein der Ausdruck dieser Augen war schon Drohung genug!
"Bete mich an und sei frei! F r e i, verstehst du? Frei!"
"Ich gebe dir Frieden!"
"Gerechtigkeit! Ich verschaffe dir Gerechtigkeit!"
"Frieden!"
"Macht!" Die vielfältigen Versprechungen der Götter ekelten den Dakorier an.
"Was glaubt ihr wohl, wie viel ihr von euren Versprechungen einhalten würdet?", fragte Edro mit ironischem Unterton.
"Alles, Edro! Wir sind doch ehrlich!"
"Das seid ihr nicht! Ihr lügt! Ihr seid falsch und egoistisch!" Eine heisere Stimme lachte ein hässliches Lachen. Die Stimme lachte Edro aus.
"Mag sein, aber bist du denn besser?" Edro antwortete nicht. Er lief durch den tiefen Schnee davon. Er sah sich mehrmals um, aber die Götter folgten ihm nicht.
Sie lachten nur.
Immer weiter lief Edro, immer weiter den Berg hinunter. Und das Lachen der Götter verfolgte ihn. Es war hässlich und arrogant, überheblich und grausam. Allmählich ging es in ein schreckliches Schrillen über, dass sich dann im Pfeifen des Windes verlor.
Erschöpft hielt der Dakorier inne. Die kalte Luft, die er in sich aufsog, drohte seine Lungen fast zu zersprengen. Er war jetzt wieder allein. Nur Wind und Schnee waren bei ihm.
"Überlege dir gut, was du tust, Sterblicher", raunte ihm eine Stimme zu. Sie kam von einem unscheinbar aussehenden Stein, der sich nun in eine Gestalt verwandelte. Es wurde zu einem der Götter, die er kennengelernt hatte.
Ein Mann mit einem wüst aussehenden Stierkopf.
"Bete mich an und sei frei! Frei von allen Ängsten, allen Zwängen! Sei restlos frei!", wisperte jetzt die Stimme des Gottes.
Edro zog wütend das Schwert.
"Scher dich zum Teufel!",
Weitere Kostenlose Bücher