Elben Drachen Schatten
Wesen im Meer.
Fassungslos blickte Kryll auf die Axt des Namenlose, die dieser jetzt triumphierend emporreckte.
Es ist keine gewöhnliche Axt! durchfuhr es den jungen König. Es ist eine Waffe der Schattenwelt! Und obwohl er froh war, daß die Gefahr durch den Locori beseitigt war, fühlte er ein eisiges Frösteln, das seinen ganzen Körper erfaßte.
3. DIE ZITADELLE DES RINGES
Kraynar war aus seiner Bewußtlosigkeit erwacht. Er stand nun wieder am Ruder und lenkte die GEEDRA sicher durch den tobenden Sturm. Er hatte soetwas schon hundertfach gemacht. Wahrscheinlich wahr er einer der besten Steuermänner Pragans.
Die GEEDRA hatte nur verhältnismäßig geringe Schäden von dem Kampf mit dem Locori davongetragen. Ein paar Planken waren gesplittert und im Segel klaffte ein gut sichtbares Loch.
Lathor hatte einige Männer da zu abgestellt, die entstandenen Schäden so gut es ging zu beheben.
"Wir können froh sein, daß wir diesen Kampf überlebt haben!" meinte Kraynar.
Kryll deutete in Richtung des Namenlosen, der stumm am Bug stand.
"Ihm haben wir unser Überleben zu verdanken!" murmelte der König dann an den Steuermann gewandt. Kryll bemerkte das düstere Gesicht, daß Lathor, der Kapitän, dabei machte.
Es paßt nicht in das Bild, daß er sich von unserem namenlosen Freund gemacht hat, daß gerade er es war, der uns rettete! überlegte Kryll.
"Merkwürdig...", raunte jetzt Kraynar. "Der Locori wurde plötzlich von einer Art Wahnsinn befallen und starb an einer eigentlich harmlosen Verletzung an der Pranke!" Er schüttelte verwundert den Kopf. "Ich habe schon mit vielen Locori gekämpft, aber soetwas habe ich noch nicht erlebt!"
"Er hat eine Streitaxt des Schattenlandes benutzt!" gab Kryll zu bedenken.
Kapitän Lathor nickte.
"Diese Waffe scheint mächtig zu sein! Geheime Kräfte müssen in dieser Axt verborgen zu liegen..." sagte er gedehnt. Er atmete tief durch. "Aber wer sagt uns, daß er diese Macht nicht auch zu unseren Ungunsten einsetzen kann?"
Krylls Gesicht bekam jetzt etwas Finsteres.
Wut stieg in ihm auf, aber es gelang ihm, sich zu beherrschen.
"Lathor!" brachte er schließlich heraus. "Ich verspreche, daß wir alle die Augen aufhalten werden. Wir werden den Namenlosen in allem was er tut beobachten. Aber wir sollten ihm gegenüber kein Mißtrauen schüren, solange er uns dazu keinen Grund gibt! Er hat uns allen das Leben gerettet. Wir stehen in seiner Schuld, daß solltet Ihr bedenken, Kapitän! Tarak, der Schattenkönig, verfügt über eine ungeheure Machtfülle, die er in unseren Dienst stellen wird, wenn wir ihm helfen, ein Tor zwischen dem Schattenland und unserer eigenen Welt zu errichten. Pragan wird nicht länger ein Armenhaus bleiben, sonder das Zentrum der Welt werden! Aber das müssen wir uns erst erkämpfen. Man bekommt auf dieser Welt nichts geschenkt, wir ach nicht. Aber wir werden es schaffen!"
Lathor zuckte mit den Schultern.
"Ich hoffe, ihr seid nicht zu optimistisch, mein König!" meinte der Kapitän.
Der König bedachte seinen Kapitän mit einem entschlossenen Blick.
"Ich irre mich nicht!" sagte er knapp.
Lathor lachte rauh.
"Bei allem Respekt! Aber Ihr seid auch nur ein gewöhnlicher Mensch, mein König! Und als solcher seid Ihr dem Irrtum ebenso unterworfen, wie es jeder Bettler in Alark ist."
Krylls Augen wurden zu schmalemn Schlitzen, sein Gesicht zu einer bewegungslosen Maske.
Dann sagte er nach einer kurzen Pause: "Wenn ich erst den Ring von Kuldan und den Spiegel von Uz besitze, bin ich wahrhaftig mehr, als nur ein gewöhnlicher Mensch!" Kryll sprach diese Worte erschreckender Kälte und mit einer fast unmenschlich wirkenden Sicherheit.
Der Hunger nach Macht hat ihn gepackt! durchfuhr es Gor- jan, als er diese Worte mitanhörte. Und dieser furchtbare Hunger wird den König nicht mehr loslassen! dachte der alte Ritter. Kryll würde nie gesättigt werden.
*
Der Sturm ließ allmählich nach und das Meer glättete sich wieder. In der Ferne war die Küste von Thark jetzt gut sichtbar.
Ein eiskalter Wind bließ jetzt und blähte das Segel auf. Die GEEDRA begann förmlich über die Wellen zu fliegen.
Die Tage gingen dahin und der Wind wurde immer kälter, je weiter sie nach Norden kamen.
Dann sahen sie am Horizont endlich die Zinnen von Kuldan, der Hauptstadt des Landes Thark.
"Eine mächtige Stadt!" rief Norjan fast ehrfurchtsvoll.
"Arkull wird einst eine ebenso große Stadt werden, Norjan!" erwiderte Kryll hart.
Als sie hinüber zum Hafen der
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