Elben Drachen Schatten
Schreie der Rabenwesen zerstört«, erklärte er.
Thamandor schluckte schwer. »Dann ist ihnen weit Schlimmeres als der Tod widerfahren.«
Keandir nickte. »Ich habe wenig Hoffnung für ihre Seelen, dennoch möchte ich, dass sich ein Schamane an den Ort des Geschehens begibt, um vielleicht doch noch etwas auszurichten.«
»Ihr solltet damit Euren Sohn Andir beauftragen«, meinte Prinz Sandrilas. »Er ist der mächtigste Magier der Elbenheit, während andere Magier als auch Schamanen von dieser spirituellen Schwäche befallen sind, die unter uns Elben grassiert, seit wir uns im Zwischenland niedergelassen haben.«
»Ich weiß«, murmelte Keandir.
»Ihr könntet versuchen, mit Eurem Sohn in geistigen Kontakt zu treten und ihn zu rufen«, schlug Sandrilas vor.
Aber Keandir schüttelte den Kopf. »Mein Sohn hat den Weg der Einsamkeit gewählt, und ich habe nicht das Recht, ihn hierher zu beordern.«
In den letzten Jahren war Andir zwar immer wieder für kurze Zeit auf Burg Elbenhaven erschienen, vornehmlich um nach seinem Vater und seiner Mutter, der Königin Ruwen, zu schauen, aber diese Besuche waren immer seltener geworden. Keandir hatte lange gebraucht, um zu akzeptieren, dass Andir dem Elbenreich den Rücken gekehrt hatte, um in der Einsamkeit seine eigene Seele zu erforschen. So hatte er sich nicht nur seinen Eltern, sondern im Grunde der gesamten Elbenheit entfremdet.
In der Alten Zeit von Athranor hatte es Schamanen gegeben, deren Vergeistigung soweit fortgeschritten gewesen war, dass sie irgendwann auf direktem Weg ins Reich der Jenseitigen Verklärung eingegangen waren. Sie hatten den Tod als ansonsten notwendigen Übergang nach Eldrana nicht gebraucht. Als Eldran hatten sie dann zumeist noch eine Weile die Nähe der diesseitigen Elben gesucht, bevor sie mehr und mehr eins geworden waren mit den jenseitigen Gefilden und sich schließlich allenfalls noch durch mächtige Beschwörungen herbeirufen ließen. Dies aber war schon lange nicht mehr möglich, da die gegenwärtige Elbenheit den spirituellen Kontakt sowohl zu den Namenlosen Göttern als auch zu den jenseitigen Eldran verloren hatte. Doch wenn dies Andirs Weg war, so würde Keandir auch das akzeptieren müssen.
Yirantil ritt mit dem Gros der Elbenkrieger weiter hinein in die Schlucht, um die Gefallenen zu bestatten. An Land übergab man die Leichen üblicherweise dem Feuer, während man sie auf See in die Tiefen des Meeres versenkte.
Unter den Reitern, die bei Thamandor und König Keandir blieben, war auch der Heiler Piandolas. Dieser nahm sich insbesondere Rhiagon an.
»Ihr könnt offen zu mir sein«, sagte Rhiagon mit heiserer Stimme. »Weder Ihr noch irgendein anderes Mitglied der Heilerzunft könnt mir mein Augenlicht zurückgeben.«
»Wir werden sehen«, erwiderte Piandolas, der die Verwundungen Rhiagons mit einer Paste aus dem Extrakt von einem guten Dutzend Heilpflanzen behandelte und ihm anschließend einen Verband anlegte, wozu er einige sehr mächtige Heilformeln sprach.
Rhiagon atmete tief durch. »Es lindert die Schmerzen, und die Wunden werden sich gewiss schließen. Aber mehr werdet Ihr nicht erreichen.«
»Ihr solltet mehr Zuversicht haben, Hauptmann, denn die Zuversicht fördert die Heilung«, entgegnete Piandolas.
Ein raues Lachen entrang sich den Lippen des Kommandanten der königlichen Einhandgarde. »Ihr verwechselt Zuversicht mit grundloser Hoffnung. Es ist keineswegs nötig, mich über die Wahrheit mit schönen Worten hinwegzutrösten.«
Einer der Elbenkrieger führte Rhiagon zu dem Pferd, das man für ihn bereitgestellt hatte, und half ihm, in den Sattel zu steigen. Dann machte sich der Trupp auf den Weg zur Manufaktur.
König Keandirs Gedanken waren bei Ruwen, seiner Gemahlin, die im nahegelegenen Elbenhaven sicherlich etwas vom Angriff des Rabenschwarms und der Bedrohung, der ihr Gemahl ausgesetzt gewesen war, gespürt hatte. Wie ihre Liebe, so war auch die geistige Verbindung zwischen ihnen im Lauf der Jahrhunderte immer noch stärker geworden, und so war es vollkommen undenkbar, dass sie nicht wenigstens etwas ahnte von den schrecklichen Ereignissen in der Schlucht.
»Ruwen!«
» Geliebter Kean! Du lebst! Es waren so schreckliche Bilder, die mir plötzlich erschienen.«
Es war eine stumm geführte Unterhaltung; manchmal war ihre Verbindung so stark, dass ihnen dies auch über weitere Entfernungen hinweg gelang.
» Es besteht kein Grund zur Sorge, Ruwen. Wir sind auf dem Weg zur Manufaktur.«
»Die Gefahr ist
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